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Friday, 19. April 2024
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Tagebuch Zoe
2008-07-09 21:24
Frank
Die Augen fielen mir beinahe zu, in meinem Kopf war gerade nicht sehr viel vorhanden. Ich war mir nicht sicher, ob ich wirklich hier warten sollte oder ob mir dies alles eigentlich an meinem Arsch vorbeiging. Vereinzelt liefen Menschen mit weißen Kitteln an mir vorüber, das einzige was ich vernehmen konnte, war das ständige piepsen eines Gerätes aus einem Zimmer. Es jaulte Minute für Minute vor sich hin und niemand schien es zu beachten. Wahrscheinlich hatte es um diese Zeit einfach zu wenig Personal um sich um solche Banalitäten zu kümmern, wie ein Gerät, das wohl keine Batterie mehr hatte oder was auch immer – meine Ohren waren mittlerweile betäubt von diesem Geräusch – .
Ich schlüpfte aus meinen Pumps und befreite mich von den Netzstrümpfen, die ich noch trug. Ich wollte es vermeiden, dass man mich für eine Arbeitskollegin von Juli hielt. Nein, nein, nein, ich gehörte nicht in diese Welt. In diesem Moment schämte ich mich regelrecht für meine zweite Gestalt namens Zoe. Am liebsten hätte ich geweint, obwohl ich nicht wusste weshalb. Ich stand wie betäubt auf und folgte den Schildern zum nächsten Klo. Ich wusch mir das Gesicht, meine schwarz umrandeten Augen fingen sich an zu verflüssigen. Ich rubbelte weiter in meinem Gesicht rum bis ich mich selbst wieder erkennen konnte. Obwohl die Spuren von Zoe nicht ganz abgingen war ich jetzt wieder dieses unscheinbare Mädchen von nebenan. Ich betrat wieder den Gang und setzte mich erneut hin. Ich wartete weiter und hörte dem Piepsen zu. Bis endlich jemand kam, ein Mann in einem Weißen Kittel, er stellte sich als Assistenzarzt vor und erklärte mir, dass sie Juli stabilisiert hatten und legte mir Nahe, ihre Eltern zu benachrichtigen. – Hatte Juli je etwas von ihren Eltern erzählt? – fragte ich mich beiläufig. Ich durfte kurz zu ihr, sie war äußerst schwach. Die Drogen hatten schon viel zu viel an diesem zarten Körper angerichtet. Ich konnte Juli nicht dazu bewegen mit diesem Scheiss aufzuhören, nur ihre Eltern würden das tun können. Deshalb fasste ich den Entschluss ihre Eltern ausfindig zu machen, sobald ich ihr ein paar Sachen aus ihrer Wohnung holte. Es würde wohl nicht so schwer sein, eine Nummer oder irgendwas zu finden. So schlenderte ich um mittlerweile 6 Uhr morgens durch die Gassen der Stadt bis zu Julis Wohnung. Als ich diese betrat traf mich regelrecht der Schlag, ich war schon seit Ewigkeiten nicht mehr dort gewesen, doch ich hatte nicht annähernd geahnt wie Juli mittlerweile hauste. Ich stiess ein paar leere Flaschen bei der Eingangstür zur Seite. Im Wohnzimmer stapelten sich gebrauchte Teller, Abfall und diverse Kleidungsstücke. In der Küche stieg mir ein fauliger Geruch in die Nase, am liebsten hätte ich kehrt gemacht und hätte die Wohnung einfach wieder verlassen. Ohne je ein Wort wieder darüber zu verlieren, doch ich musste da durch, irgendwo musste ich die Nummer ihrer Eltern finden. So wühlte ich mich durch das Tischchen auf welchem mal das Telefon gestanden hatte. Darin befanden sich Rechnungen, Mahnungen und dergleichen. Juli bezahlte wohl gar nichts mehr, nicht mal mehr die Miete. Auf dem Anrufbeantworter leuchteten Nachrichten auf – vielleicht war ja eine von ihren Eltern? – dachte ich mir und drückte auf den Abhörknopf.
»Nachricht 1: Juli hier ist Frank bitte meld dich bei mir, es ist dringend, ich muss mit dir reden.« den Namen Frank hatte Juli mir niemals gegenüber erwähnt, ich konnte nicht viel damit anfangen.
»Nachricht 2: Ich bins nochmal Frank, ich weiß, dass du beschäftigt bist mit deinem Studium. Doch bitte denk doch auch mol an deine kleine Tochter. Juli meld dich endlich, du hast versprochen, dass wir uns treffen. »
Ein Chaos machte sich in meinem Kopf breit, hatte ich gerade richtig gehört? Juli hatte eine Tochter und schien sich nicht um sie zu kümmern. Weshalb hatte ich das in der ganzen Zeit nicht mitbekommen. Vielleicht ging sie darum anschaffen um ihrer Tochter wenigstens etwas zu bezahlen. Ich nahm wie von selbst den Hörer in die Hand und rief die Nummer zurück von welcher dieser Mann namens Frank angerufen hatte. Nach kurzer Zeit ging auch genau diese Person am anderen Ende ans Telefon.
»Hallo.. « vernahm ich am anderen Ende »Hallo, hier ist … ist….« ich stotterte in den Hörer da ich gar nicht wusste, weshalb ich da anrief. Durfte ich das überhaupt? »Wer ist denn da?« schien dieser Frank wissen zu wollen. Es gab zwei Lösungen entweder ich gab jetzt Preis wer ich war oder ich legte wider auf. Ich musste daran denken, dass da dieses kleine Kind war, ohne Mutter. »Entschuldigen Sie, ich bin eine Freundin von Juli und ich weiß ehrlich gesagt überhaupt nicht, weshalb ich Sie anrufe, deshalb sollte ich am besten wieder auflegen« »Warten Sie! Legen Sie bitte nicht auf, vielleicht können Sie mir helfen….« erwiderte Frank.
»Ich glaube es war eine blöde Idee. Aber können Sie mir vielleicht die Nummer von Julis Eltern sagen? Oder wissen Sie wo ich diese finden kann?« dann folgte eine lange Pause, in welcher ich nur sein Atmen vernahm. »Wissen Sie es denn nicht? Juli hat keine Eltern mehr. Der Vater ist früh verstorben und ihre Mutter hat sich vor ein paar Jahren das Leben genommen.« in diesem Moment schien alles einen Sinn zu machen. Julis verhalten, dieses manchmal träge und widerspenstige das Juli an sich hatte, musste daher rühren. »Ich weiß nicht was ich tun soll, Juli ist im Krankenhaus, sie hat zu viele Drogen genommen oder ich weiss auch nicht genau… ich dachte ihre Eltern könnten ihr helfen. Doch jetzt… was soll ich tun!« jaulte ich verzweifelt in den Hörer. »Hören Sie, können wir uns auf einen Kaffee in der Stadt treffen?« bat mich Frank und ich willigte ein. Warum ich das alles tat? Ich glaube ich fühlte mich schuldig für Julis verhalten, damals fühlte ich mich für viel zu viele Dinge schuldig. Deshalb ging ich in das mir beschriebene Café in der Stadt und wartete dort auf diesen Frank. Wenige Minuten später stand ein großer breitschultriger Mann vor meinem kleinen Tischchen an welchem ich Platz genommen hatte. Sein Gesicht wirkte leicht geplagt und trotzdem hatte er etwas, dass mich faszinierte. »Sind Sie Frank?« erkundigte ich mich, er nickte und gab mir leicht schüchtern die Hand. Er schien einen gewissen Respekt vor mir zu haben, was ich mir selbst in diesem Moment nicht erklären konnte. Doch so kam es, dass Frank mir die Geschichte von Juli erzählte.
»Offen gesagt bin ich erstaunt, dass sich jemand wie Sie es sind sich um Juli kümmert. Denn nachdem Juli ihre Mutter verloren hatte ging zwar eine Zeit lang alles noch gut bis sie ihr Abitur in der Tasche hatte, denn sie durfte bei ihrer Tante bleiben. Doch sie hat den Verlust ihrer Eltern nie so wirklich verkraftet und so hat sie sich immer mehr mit kuriosen Männern abgegeben. Ich glaube Juli wollte sich die Bestätigung holen, die sie sonst nie erhalten hatte. So kam es, dass sie von einem dieser Typen schwanger wurde. Nun ja, per Zufall ist Juli mir dann in die Arme gelaufen. Wenn ich ehrlich bin, hat sie nur einen Vater für ihr Kind gesucht. Sie hat mich in einer Nacht verführt und dann Wochen später behauptet das Kind sei von mir. Ich denke, sie hätte sich sonst nie mit einer Art Typ wie mir eingelassen. Aber als Vater war ich wohl der Richtige. Ich wollte nicht mit Juli zusammen sein, doch ich habe die Vaterschaft nicht in Frage gestellt… Ich wollte Juli ermöglichen, doch noch studieren zu gehen und deshalb habe ich beschlossen mich um das Kind zu sorgen. Ich meine Juli ist ja selbst noch ein Kind. Kurz bevor ihr Studium angefangen hat, das heißt das war vor etwa einem Jahr, hat mir Juli gebeichtet, dass das Kind nicht von mir sei.«
Ich schüttelte den Kopf und fragte »Und weshalb haben Sie das Kind trotzdem bei sich behalten?«
»Wissen Sie, ich selbst hatte nicht eine hervorragende Kindheit und deshalb wollte ich es wenigstens einem Kind, dass sonst wohl untergegangen wäre, ermöglichen eine möglichst angenehme Kindheit zu haben. Klar ich kann ihm seine Mutter nicht ersetzen, dass ist ja der Grund weshalb ich andauernd versuche mit Juli Kontakt aufzunehmen. Doch sie schirmt völlig ab.. Und jetzt ist sie auch noch in den Drogensumpf geraten, wo soll das alles noch hinführen. Aber was haben Sie nur mit der Geschichte zu tun?« er hatte irgendwie mein Herz berührt, so ein Mann hätte ich am liebsten an meiner Seite gewollt. Ich hätte am liebsten diese zarten Lippen berührt und geküsst. Er war einfach wunderbar. Wenn ich ihm in diesem Moment erzählen würde, weshalb ich Juli kannte, so würde die Chance für mich gelaufen sein. Doch trotzdessen hatte er die Wahrheit verdient. So erzählte ich ihm alles was mir einfiel zu Juli und meiner Geschichte mit ihr. Als ich den letzten Satz gesprochen hatte sagte ich so was wie »Ich glaube ich bin doch nicht die Person, die sie erwartet haben. Es tut mir so leid!« Ich schob einen Schein auf den Tisch und wandte mich um zu gehen. Ich schämte mich in Grund und Boden für sehr vieles. Ich ging schnellen Schrittes in die Richtung meines Blocks. Wenn ich schnell lief konnte ich meine Wohnung innert 10 Minuten erreichen und mir dann die Augen ausheulen, doch bis da musste ich durchhalten redete ich mir zu. Doch es ging nicht, diese Stärke mit der ich meine Tränen immer zurück presste ließ nach und die Tränen fingen an in Bächen zu fließen. Ich blieb stehen und seufzte vor mich hin »warum, warum, warum.. verdammt!« und dann stand Frank wieder neben mir. »Nein, genau so habe ich Sie mir vorgestellt!« Ich schaute ihn an, ich musste aussehen wie ein kleines Monster. Trotz allem war sein Blick so liebevoll und zärtlich. Warum hatte Juli diesen Mann nur so beschissen? Wie konnte man so einen Menschen nur betrügen wollen, Wut stieg in mir auf. Ich fing an weiterzugehen und Frank ging locker neben mir her. Ich schwieg und er schwieg bis ich vor meinem Block angekommen war. »Wollen Sie…« er nickte und wir gingen schweigend die Treppen hoch zu meiner kleinen Wohnung. Ich öffnete die Türe und ließ Frank eintreten. Er schaute sich schüchtern um, doch es schien ihm zu gefallen. »Dort ist ein Sofa, dort ist Kaffee und der Kühlschrank wo Sie etwas zu essen rausnehmen können wenn Sie wollen. Aber ich muss mal zuerst Duschen. Kurz fühlen Sie sich wie zu Hause!« ich verschwand im Bad und drehte die Dusche auf…..

Kommentare

19:39 23.07.2008
Deine Geschichte ist echt faszinierend. Bin auf die Fortsetzung gespannt.
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unbekannt
08:38 10.07.2008
Schön, wieder von dir zu lesen, wenn auch mit einer traurigen Geschichte...

Alles Liebe


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2008-07-09 21:24