Willkommen auf Tagtt!
Thursday, 25. April 2024
Tagebücher » Vielliebchen » News, Bilder, Videos - Online
Tagebuch Vielliebchen
 1895-03-12 hh:mm
Heute Mittag um 4 Uhr begab ic...
Heute Mittag um 4 Uhr begab ich mich zu Johanna. Wir wurden aber noch aufgehalten u. kamen erst um ½ 5 Uhr an unsren Bestimmungsort. Dieses mal war es der Waldhäuserweg. Die beiden Herrn u. Männe waren schon da u. schalten uns, daß wir so spät kämen. Wir gingen denn sehr freundlich zusammen nach Waldhausen zu u. als wir auf dem Rückweg begriffen waren, sehe ich auf u. wer kommt daher – Stedman. Das gelungenste an der Geschichte war, daß ich gar nicht überrascht war u. auch nicht rot wurde. Ich fand es furchtbar einfältig von ihm mir nach zu spionieren, denn von gestern das, das war auch nur Absicht. Die beiden Freunde mußten nun aber in den Musikverein u. wir trennten uns. Johanna u. ich gingen noch einmal den verhängnisvollen Weg zurück. Stedman kam wieder daher, ich sah ihn gar nicht an. Wie wir beide nun die Bahnhofstr. entlang gehen wollen, kommt Boba mit – Stedman daher. Ich wußte es gleich, er hatte Boba die Geschichte erzählt, sie machte ein sehr ernstes Gesicht, als wir vorbei gingen u. sagte gerade ziemlich hastig „das ist meine Ansicht.“
Als wir über die Brücke und bis in die Vorstadt gelangt waren, geht Boba in Mischkes, sie blieb, als sie uns kommen sah stehen u. sagte „Baby, ich muß dich nachher sprechen, erinnere mich daran." Sie mußte vorher schon zu Hause gewesen sein u. mein Instinkt sagte mir, sie hat es schon zu Hause erzählt.
Richtig, als ich in’s Zimmer trat, fragte mich Mutter wo ich gewesen sei u. mit wem, ob ich mit Gymnasiasten zusammen gewesen sei. Ich berichtete was sie wissen wollte, denn Leugnen wäre nutzlos gewesen. Sie mußte aber noch nicht alles wissen, denn als sie raus gegangen war, sagte Julu, Boba wolle mich nachher sprechen. Und sie kanzelte mich noch mehr herunter. Ich sagte einfach, Stedman ist ein ganz gemeiner Mensch, er soll sich was schämen so zu klatschen. Sie nahm ihn aber in Schutz u. sagte, sie finden daß sehr schön von ihm, daß er das Boba gesagt habe, denn er scheine sehr ernste Absichten zu haben u. wolle nicht, daß die Leute über mich sprechen sollten. Er habe das von einem Gymnasiasten gesagt bekommen, er solle mal auf die Frankfurterstr. gehen, da könne er etwas sehen u. da habe er mich von Cubach mit Genth kommen sehen u. er solle mal auf den Waldhäuserweg gehen. Ich habe ihn mir jetzt sicher verscherzt, sagten sie u. ich säße nachher als alte Jungfer hinter den Fenstern u. sähe sehnsüchtig andre Mädchen mit ihren Männern vorbei gehen u. dächte, wärst du doch nicht so dumm gewesen.
Als Boba nach Hause kam ging der Tanz von neuem los. Ich darf nicht mehr alleine aus dem Haus. Boba werde als Wau-wau mitgeschickt; damit ich keine dummen Streiche mehr machen könne. Allerdings recht erfreuliche Aussichten. Ich weiß aber auch sehr genau, daß Stedman nichts mehr von mir wissen will u. er froh ist mich jetzt los zu sein u. Offizier werden kann. Na, Genth will ja um mich in zwei bis drei Jahren anhalten wenn er Wort hält u. die Sache sich noch nicht wieder anders ist nehme ich ihn, ob ich ihn nun gern habe oder nicht, das soll mir noch egal sein. Dann gehe ich halt eine Vernunftehe ein. Mein Kopf brummt mir nur so, von dem vielen Schimpfen.

Tags

Kommentare

Noch keine Kommentare!
Kommentieren


Nur für registrierte User.

Vielliebchen Offline

Mitglied seit: 07.09.2010
DE mehr...
Wirklich beenden?
Ja | Nein

1895-03-12 hh:mm