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Tagebuch Veruca
2005-01-29 16:18
Symphonie Pathétique, Klaus Mann

In seinem biografischen Roman zeichnet Klaus Mann das Leben von Peter Iljitsch Tschaikowsky nach. Der Roman setzt ein, wo Tschaikowsky ein Mann im mittleren Alter ist und Zweifel an seinem eigenen Werk hat.
Im vierten Kapitel bekommt man Einblick in die Kindheit des Komponisten. Klaus Mann geht auf das Verhältnis Tschaikowskys zu seinen Geschwistern und Eltern ein und es wird klar, dass Peter Iljitsch ein enges Verhältnis zu seiner Mutter empfindet, wenn er auch von einem Kindermädchen großgezogen wird.
Anschließend berichtet Klaus Mann mehr oder weniger chronologisch bis zu Tschaikowskys Tod.

Das Leben des Tschaikowsky in Romanform reizte mich eigentlich von Anfang an, auch wenn ich von diesem Komponisten nur die bekannteren Werke und natürlich die Werke der Klaviermusik kenne.
Nun stellt sich mir allerdings die Frage, in wieweit die erzählte Geschichte den Tatsachen entspricht. Klaus Mann führt einige interessante Figuren ein die alle in einem besonderen Verhältnis zu Tschaikowsky stehen.
Interessant fand ich die Verhältnisse unter den Komponisten. Tschaikowskys Freundschaft zu Edvard Grieg und seine gleichzeitige Ablehnung Brahms und Wagners.
Andere Figuren erwecken einen etwas gediegenen Eindruck und werfen ein eigenartiges Licht auf den Komponisten selber. So nennt er zum Beispiel eine Frau die er niemals gesehen hat und mit der er nur per Brief kommuniziert seine beste Freundin. Diese Freundin unterstützt ihn Anfangs mit einer hohen Rente, hinterher bricht sie den Kontakt allerdings unter einem Vorwand ab und stellt auch die Zahlungen ein wodurch Tschaikowsky in eine missliche Situation gerät. Dies deutet der als abergläubisch beschriebene Künstler als schlechtes Omen. Als ihm seine Taschenuhr, welche ein Geschenk der besten Freundin war und die er als das schönste und wertvollste aus seinem Besitzt bezeichnet, entwendet und auch nicht wieder aufgefunden wird, sieht Tschaikowsky sein Ende nahen.
Tschaikowsky wird durch viele Gefühle charakterisiert, in vielen Situationen wirken seine Reaktionen überspritzt. Sein starkes Heimweh ist hier nur eine Nebensächlichkeit.
Die homosexuellen Neigungen des Komponisten spricht Klaus Mann in meiner Ausgabe des Buches direkt an. Nicht nur, dass die Ehe Tschaikowskys nach nur wenigen Tagen scheiterte, es kommen auch immer wieder Männer ins Spiel, für die der Künstler Empfindungen hatte. Allerdings sieht der Komponist dies selber nur als Vorbereitung für seine eigentliche große Liebe, die Liebe zu dem Sohn seiner Schwester. Diese Liebe nimmt beinahe fanatische Formen an und als Tschaikowsky erkennen muss, dass er für seinen Neffen Bob lediglich der Onkel, wenn auch ein sehr geliebter und geschätzter Mensch ist, seht er sich noch mehr nach dem Tod wie schon im Vorfeld.

Der Tod ist ein zentrales Thema in dem Roman und Klaus Mann entwirft das Modell, dass Tschaikowsky sich selber vergiftet hat und so seiner Mutter gefolgt ist, die sich ebenfalls durch die Einnahme von verseuchtem Wasser umbrachte.
Als Tschaikowsky seine sechste und letzte Symphonie beendet hat bei der man das erste mal das Gefühl hat, dass er von seiner Arbeit vollends überzeugt ist, sieht er sein Lebenswerk erfüllt. Der Titel ebendieser Symphonie ist der gleiche wie auch der des Buches.
In der seiner Symphonie lässt Tschaikowsky sein Leben, besonders den Teil mit seinem Neffen, aufleben, daher hat die Symphonie auch einen traurigen, melancholischen Ausgang. Tschaikowskys Liebe zu seinem Neffen wurde nicht die Erfüllung, die er sich erhofft hat.
Das letzte Kapitel ist sehr bedrückend. Der Komponist nimmt verseuchtes Wasser zu sich um so an die Cholera zu gelangen. Allerdings sieht er diese Art und Weise nicht als Selbstmord sondern als Versuch für sich der Mutter zu folgen, trotzdem aber noch die Entscheidung über Leben und Tod der höchsten Macht zu überlassen. Die Atmosphäre ist sehr bedrückend als Tschaikowsky unter elenden Umständen stirbt. Man hätte sich ein anderes Ende für einen so schaffenswilligen Mann gewünscht.

Klaus Mann entwirft einen interessanten Roman, der mich dazu angeregt hat, mich mit dem Werk Tschaikowskys weiter auseinander zu setzen. Ich bin sehr neugierig auf seine Musik und auch mehr Musik von seinen Zeitgenossen. Der Komponist ist vielseitig beleuchtet, wenn mir auch der Aspekt der fanatischen Zuneigung zu Mutter und Neffe etwas zu sehr im Vordergrund steht. Einige Fragen stellen sich mir im Bezug auf diese Beziehungen und auch andere und auch auf den selbstgewählten Tod Tschaikowskys die ich gerne beantwortet hätte mit der Gewissheit, dass es sich um Fakten handelt.
Auch wenn das Leben Tschaikowskys sicherlich viel Stoff bietet empfand ich den Roman als ungemein lang und ausgreifend. Die ständigen Perspektiv und Zeitsprünge so wie einige immer wiederkehrende Sätze verlängern das Buch noch weiter. Als ich es endlich beendet hatte, hatte ich das Gefühl, dass mir ein Stein vom Herzen fällt und ich bin mir noch nicht sicher, ob es nicht besser gewesen wäre, eine einfache Biografie zu lesen.

Weiterempfehlen kann ich das Buch nur an diejenigen, die sich für klassische Musik und unbedingt für Literatur interessieren. Auch wenn die Sprache meistens relativ einfach gehalten wird braucht man bei diesem Buch viel Ausdauer.

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