Sterben lassen?
Die Situation mit Christians Oma spitzt sich quasi immer zu. Das andere Bein müsste auch amputiert werden. Ihre Kinder wollen das aber nicht und unterschreiben dann damit quasi ihr Todesurteil. Wenn das Bein nicht umgehend abgenommen wird wird sie die nächste vier Wochen nicht mehr überleben. Ihr Körper wird nach und nach vergiftet und sie stirbt dann. Ich find den Gedanken schrecklich und kann nicht verstehen, wie die Kinder das machen können... man kann den Menschen doch nicht unter solchen Umständen sterben lassen... aber die Entscheidung wollte ich auch nicht übernehmen müssen. Einfach nur schrecklich alles.
Ich hoffe, dass sich die Kinder noch umentscheiden und der Operation zustimmen. Meiner Meinung nach stirbt sie dann in jedem Fall besser als wenn sich ihr Körper nach und nach selber vergiftet.
Christian meint das auch. Er soll da jetzt wieder mehr eingespannt werden. Seine Eltern wollen, dass er morgen dort für mehrere Stunden hin geht. Eigentlich will er das nicht weil ihm die Verantwortung zu groß ist. Die Vorwürfe die ihm die Eltern dazu machen und die Reden, dass er Schuld sei wenn er da ist und ihr irgendwas passiert tragen nicht gerade dazu bei, dass ihm die Sache leichter gemacht wird.
Die ganze Situation im Krankenhaus ist abartig. Christians Tante hat dort vorletzte Nacht wieder geschlafen. Schon die Tatsache alleine ist komplett verrückt. Mitten in der Nacht hatte sie dann das Gefühl, dass der Tropf nicht mehr läuft und hat dann eigenständig angefangen, daran rumzufummeln bis das Ding geplatzt ist und sich über die Oma ergossen hat. Daraufhin wurde diese aus dem Schlaf gerissen, neu eingekleidet, gewaschen usw.
Auch wenn Christians Tante es nur gut meint, sie tut keinem einen Gefallen damit, dass sie sich so viel dort blicken lässt. Sie macht den Krankenschwestern und den Ärzten das Leben einfach nur zur Hölle und lässt ihre Mutter gar nicht zur Ruhe kommen.
Vielleicht kommt das daher, dass sie sich Vorwürfe macht, dass sie als Ärztin nicht eher erkannt hat, dass die Mutter ins Krankenhaus musste. Wenn sie drei Wochen eher gekommen wäre hätte man das Bein noch retten können. Aber das hat jetzt ja auch alles keinen SInn mehr und man muss sehen, dass man der Oma die Situation nicht noch unerträglicher und schlimmer macht als sie ohnehin schon ist. Da kann man echt nur von Glück reden, dass sie nciht mehr klar im Kopf ist und von der ganzen Sache um sich rum hoffentlich nicht mehr viel mitbekommt.
Für Christian tut mir die Sache einfach nur leid. Schlimm genug, dass seine Oma so sterben muss, wäre das meine Oma gewesen hätte man mich danach erstmal in die Klapse stecken könnne. Noch schlimmer finde ich aber eigentlich die Erwartungshaltung seiner Eltern ihm gegenüber und diese ganze verrückte, schreckliche, zugespitze Situation. Wie kann man dem Sohn der sich doch schon bemüht noch zusätzlich Vorwürfe machen? Ich versteh das nicht. Aber so sind seine Eltern wohl. Er macht das alles nur aus Pflichtgefühl ihnen gegenüber. Nicht, weil er es wirklich machen will. Verständlich.
Na ja, trotzdem versuchen wir das beste aus unserer Situation zu machen. Und eigenartigerweise geht es uns beiden auch gar nicht so schlecht. Christian beschäftigt sich sehr mit der Uni und ist auch sonst eigentlich eher alltäglich drauf. Vielleicht, weil er solche Sachen gar nicht so extrem sieht wie vielleicht viele andere Leute. Er lebt halt ein wenig in seiner eigenen Welt.
Und ich bin im Moment erleichtert, dass ich die Bewerbungen weg geschickt habe und die jetzt da hoffentlich bald ankommen. Hab heut morgen viel gearbeitet und mir letzte Nacht noch die alte CD vom Cencic als Wiener Sängerknabe angehört. Die hab ich mir vor sechs Jahren gekauft. Bei dem letzten Lied könnte ich immer heulen, unglaublich, dass es soetwas schönes auf der Welt gibt. Obwohl ich das Lied schon lange kenne läuft es mir dabei noch immer kalt den Rücke runter wenn ich es höre.