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Tagebuch Tyche
2006-09-25 20:36
Opa lebt


Ja er fliegt und im nächsten Momen landet er auf mir. Auch seine Gedanken überflogen wieder festgeglaubte Ansichten.

Spontan entschloss ich mich Sohnemann aus dem Hort abzuholen. Gerad als ich kam, öffnete er die Tür des Hausaufgabenraums, seinen Ranzen in der Hand. Er erblickt mich und fiel um, denn er hatte mich nicht erwartet. Wir fuhren in die Stadt.
Zunächst stellten wir den VW-Bus ab. Kaum ausgestiegen, machte mein Sohn eine fragende Feststellung: " Papa, warum ist es denn so ruhig?" Er hatte das Besondere diesen Spätsommertags, der den Herbstanfang vergessen lies, intuitiv sofort erfasst: Alles stand still, es war ein wunderbar beschaulicher, lichtdurchfluteter Tag. Die Zeit schien still zu stehen. Alles schien still zu stehen. Es war still.
Ich kaufte ihm ein kleines Sprühfläschchen, dass mit einer süßen Flüssigkeit gefüllt war. Er sprühte sich das Zeug unablässig in den Mund und er fragte sich die ganze Zeit, wonach diese Zeug den schmecken würde, bis er den erleichternden Geistelblitz hatte: Das Zeug schmeckt wie verflüssigtes Stangeneis.
Ich holte mir ein Eis und wir setzten und auf eine Bank in der Fußgängerzone. Ich schleckte, er sprühte sich das Zeug immer noch in den Mund als sich ein älterer Mann neben uns setzte. Plötzlich fragte mein Sohn mich: "Ist das Opa?" Überrascht von dieser Frage, denn Opa ist ja tod, lies ich eine Pause entstehen und fragt ihn zurück, wieso er diese Frage stelle, er wüsste doch, dass Opa tod sei. Mein Sohn entgegenete mir, aber vielleicht ist Opa ja wieder am Leben. Jetzt langsam auf die kindliche Logik einschwenkend, fragte ich ihn, ob er glaubt, dass Opa wiederauferstanden sei. Er erwiderte, dass er es für möglich halten würde, das Opa sich nur totgestellt hätte. Wir könnten den Mann ja mal fragen, ob er Opa sei. Dass machten wir nicht, sondern standen auf und gingen zum Spielplatz und mein Sohn tauschte seine fliegenden Gedanken gegen seinen von der Schaukel fliegenden Körper. Beides zusammen ergibt die wunderbare Leichtigkeit des Seins an einem Tag, an dem die Zeit stillstand und Opa wieder lebte-

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leben 

Kommentare


unbekannt
11:00 26.09.2006
Sehr herrlich, du und dein Sohnemann...und wie immer wunderschön erzählt! :) Ja, Kinder leben im Moment, das wohl schönste Leben, das ein Wesen führen kann...ich habe die Fähigkeit dazu irgendwo auf meinem Weg zum großen Mädchen verloren und beneide meine Süßen darum, die mich allerdings oft daran teilhaben lassen :)

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21:02 25.09.2006
Ja Aven, so ist es! Für Kinder ist der Tod nichts Besonderes. Einen Moment machen sie sich Gedanken über den Tod, den nächsten Moment fliegen sie von der Schaukel.
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20:53 25.09.2006
Ich musste mich in meiner Familie leider recht früh mit dem Thema beschäftigen, wie man kleinen Kindern beibringt, dass jemand gestorben ist. Was "tot sein" ist. Zum Glück bringen die Kleinen so viel Phantasie für das Thema mit, dass man direkt verwundert ist, wie wenig Schrecken der Tod hat. Da können dann auch Opas wieder auferstehen. Schöne Geschichte.
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2006-09-25 20:36