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Tagebuch Tyche
2006-06-13 00:14
Leseglück-Nutellaglück
Glücksempfinden ist so vielfältig wie die Anzahl glücksfähiger Lebewesen auf diesem Planeten. Als Glückssuchender kann man schon froh sein, wenn man auf dem Weg zum Glück, dessen Erfüllung gleichgbedeutend mit dem Glückstod ist, eine Beschreibung des Weges gefunden zu haben, ohne eben das Ziel des Weges jemals endgültig zu erreichen. Das will ich gar nicht.
Denn dann würde ich vor Langeweile sterben. Ich lerne in solchen Angelegenheiten gerne von meinem Sohn. Der hat es sich zu Angewohnheit gemacht, wenn er mit Papa in ein hier ansässiges Kaufhaus mit intergrierter Bäckerei geht, das Kaufhaus zu durchstreifen, während Papa einen Kaffee im Gastrobereich der Bäckerei trinkt. Bei seinem Streifzug durchquert er auch immer ein ebenfalls in diesem Kaufhaus integriertes Reiesebüro. Nach einem dieser Streifzüge, kam mein Sohn also zu seinem Kaffee trinkenden Papa zurück und er erzählte mir, dass eine Frau im Reisebüro ihn fragte, ob er etwas suche. Seine Antwort war, dass er nichts suche, sondern einfach nur so hier lang gehen würde.
Mein Sohn sucht nicht, er geht und er geht gerne und er entdeckt zufällig überaus interessante Dinge auf seinem absichtslosen Weg, wie z.B. eine Abteilung mit Süßigkeiten. Zwischendurch kommt er an seinem Papa vorbei und entfernt sich wieder von diesem durch das ganz Kaufhaus laut rufend: "Siehst Du mich Papa?" Ja ich sehe ihn und ich sehe ihn nicht und er macht auf seinem Weg Entdeckungen und er kehrt zurück und erzählt von "seinen" Entdeckungen. Er kann dies nur tun, weil ich ihn gehen lasse und ich weiss nicht welchen Weg er geht und was er auf seinem Weg erlebt. Viele Dinge wird er mir nicht erzählt haben, die er wahrgenommen hat auf seinem Weg und ich werd nie erfahren, was er wahrgenommen hat und was er dabei empfunden hat, was erfahren hat. In diesem Moment habe ich auch nie die Hoffnung er würde bestimmte Erfahrungen machen, er macht sie einfach. Er geht seinen Weg. Und das soll er immer tun und meine Aufgabe ist es einfach da zu sein, wenn er von seinen Reisen durch Reisebüros zurückkehrt und ihm zuhören, wenn er erzählt. Nie war es und wird es für mich ein Ziel sein für meinen Sohn der Reiseleiter zu sein, denn was für das Glück der Menschen , mein Glück und das Glück meine Sohnes gilt ist folgendes:

" Nichts darf als Glück zählen, das nicht von den Betroffenen als Glück erfahren kann. Man darf niemandem etwas als sein Glück zuschreiben, das er nicht selbst so bewerten kann."

Ich empfinde Glück allein, wenn ich jetzt, hier und heute, in diesem Lebensabschnitt noch eine gewollter Reisebegleiter meines Sohnes bin und er mich teilhaben lässt an seiner Sicht der Welt, von der ich viel lernen kann und wenn die Zeit kommt und er alleine durchs Leben geht wie er heute alleine durchs Kaufhaus geht, dann werde ich ihn nicht daran hindern wollen und ich werde ihm keinen Weg vorschreiben können und ich werde ihm keinen Weg aufzeigen können. Ich werde ihn bestenfalls an sich selbst erinnern, als er noch die natürliche Weisheit aller Kinder besaß in einem Kaufhaus in unserer Stadt; und ihm diese kindlich gelebte Weisheit in Gedächtnis rufen. Gehe und entdecke die Möglichkeiten. Und wenn er mich nicht fragt, dann wird er tun, was für ihn das Richtige ist. Und vielleicht wird er auch im Leben so manche Abteilung für Sußigkeiten finden.

Nun, wie mich Schokolade glücklich macht und ich darüberhinaus das große Glück habe, dass sie mein Sohn nicht glücklich macht, weshalb ich immer die Schokoladenspitze seiner Eiswaffel verwerten darf, so macht mich auch Lesen und Erkenntnis glücklich. Und um es in Extrem zu steigern, machen gelesene Erkentnisse über das Glück besonders glücklich, weil sie einem verdeutlichen, was Glück überhaupt sein könnte und was es für einen selbst sein könnte. Die Betonung liegte auf dem Konjunktiv, also der Möglichkeit des Glückes, denn es bleibt ein unhintergehbarer Tatbestand, dass jeder selbst sein Glück ausformen muss. Doch allein die nähere Beschreibung der Möglichkeiten des Glückes machen es möglich mehr Möglichkeiten zu erkennen. Aber es ist mit dem Glück so wie mit den Süßigkeiten. Sucht man immer nur eine konkrete Füllung und vernascht diese ohne das Glas, also die Form, zu würdigen, dann ist das Erbrechen vorbestimmt. Das Glas aber kann man sich aufbewahren und immer wieder neu füllen....

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