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Tagebuch Tyche
2006-08-07 00:38
Glücksring
In Buthan ist Glück ein Staatsziel. Nicht Bruttosozialprodukt, sondern Brottoglücksprodkukt soll wachsen.

Im kleinstädtischen Kneipenmilieu gibt es Umarmungen, Trost, Freude, alte Schulfreunde, einen unsichtbaren Verhaltenscodex, auf ein bis zwei Bierlängen geraffte Lebenszwischenberichte, zerrütete Ehen, jung aussehende Alte, unglückliche Junge, Geschichten, unglückliche Geschichten, sehr unfreundliche Blicke, schöne, strahlende Augen, hilflose Gesten.....
Wir saßen am Tisch, die Tochter, ihre Mutter, die Schwester der Mutter, entdeckte ich einen Ring auf dem Tisch. Ich nahm ihn wahr, ich überlegte: Ein Ring? Dann kam der Ringträger. Ein nackter Oberkörper, glasig, gehorchte blind seinem Oberhaupt, zappelte zwischen wild pochenden Herzen.
Die Mutter, ihre Schwester, die Tochter.
Die Tochter ist bekannt, wir sind uns bekannt, der Ringträger ist bekannt. In der Kleinstadt gibt es nichts Unbekanntes............
Der Wahnsinn, der Lebenswahnsinn, holographisch abgebildet am Tresen, schnell noch mal leben, schnell noch mal den Ring ablegen, das wars, schnell noch mal eine Zigrarette auf dem Arm ausdrücken, schnell noch mal in kleinstädtischen Nacht das Unbegreifliche des eigenen Lebens wegspülen.
Da lag der Ring, die Frau des Ringträgers ging. Der Ringträger ging mit uns, der Tochter, ihrer Mutter, deren Schwester. Der Ringträger hatte sein Kind verloren, ich habe mein Kinde, er drückte die Zigrarette auf seinem Arm aus. Die Mutter bat mich zu bleiben, ihre Tochter möchte, dass ich bleibe. Ich ging, ich ertrug es nicht, ich liebe doch meine Sohn, ich ertrug den ExRingträger nicht, ich ertrug die Tochter nicht, ich bin doch auch ein Sohn. Ich umarmte die Tochter, die Mutter, die Schwester, ich kenne sie ja. Die Mutter hinterfragte mein "Mannsein" und die Tochter bat mich noch die Tür möglichst lautlos zu schließen.

Es war ein schöner Morgen, ein sehr schöner Morgen, ein endloser Morgen. Am Strand. Dort hätte der Tod kommen dürfen, wenn er versprochen hätte, das Blätterrauschen und das sanfte Geräusch der sich brechenden Wellen würde unsere ewige Ehe begleiten.
Mehr nicht..........mehr würde ich nicht verlangen..............für einen Ring.....für das Glück....


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leben 

Kommentare


unbekannt
19:13 07.08.2006
Na, wenn du Angst vor dem Tod hast, rate ich dringend vor einer Ehe mit ihm ab....
Aber du hast Recht...es ist ein krasser Gegensatz, den du hier beschrieben hast und doch ist es eins...das Leiden und Leben der Menschen und die Natur....


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15:19 07.08.2006
Cläre, danke für diesen Kommentar auf einen wohl schwer zu kommentierenden Text. Zunächst einmal: Ich bin Ok. Der Text spiegelt einen Gemütszustand am Ende einer durchgemachten Nacht wider. Der Mann, von dem die Rede ist, hat in dieser Nacht tatsächlich seine Beziehung beendet, ist dann mit mir und der beschriebenen Frauensippe noch zusammen gewesen und fing an von seinem vor vielen Jahren verstorbenen Sohn zu erzählen. Er hat Schuldgefühle deshalb und fing an eine Zigarette auf dem Arm auszudrücken. Ich wollte mich dieser Situation nicht aussetzen und habe die "Gesellschaft" verlassen. Ich war überglücklich dann einen schönen Morgen in der Natur mit dieser unerträglichen Situation eingetauscht zu haben. Dieser Kontrast zwischen dem Ungegreiflichen Leidensgeschichten der Menschen und der unbegreiflichen Schönheit der Natur ließ mich diesen Text schreiben. Der Tod symbolisiert die Kraft und Schönheit eines Naturerlebnisses, das so mächtig sein kann, dass selbst die Angst vor dem Tod dadurch beruhigt werden kann....
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unbekannt
10:10 07.08.2006
An dieser Stelle erinnerst du mich an Kafka....ein sehr gelungener, sehr deprimierender Text...und das Schöne, oder sollte ich sagen, das Schlimme ist, er kommt aus dir....
Der Tod ist kein guter Ehepartner...und wenn er es wäre, wäre er eh für eine Ehe mit mir reserviert wir sind quasi verlobt
Aber so wie ich Tochter und Mutter bin, bist du Sohn und Vater und deshalb werden wir nicht um die Ehe streiten...


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2006-08-07 00:38