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Tagebuch Tyche
2006-08-02 09:13
Glück und/oder Moral ?
Dieser und meine letzten Beiträge schließen an das von moritours und dann von Claudius in Diary-town aufgegriffene Thema Glück an. Der von mir zitierte Autor Martin Seel hat in seinem Buch "Versuch über die Form des Glücks" vier Arbeiten zu diesem Thema zusammengestellt. Und er nimmt darin eine uralte Fragestellung auf: Geht privates Glücksstreben auf Kosten der Moral? Etwas alltäglicher ausgedrückt: Müssen wir, muss ich auf die Spassbremse auf der Party X irgendwie Rücksicht nehmen?
Zunächst einmal aber führt Martin Seel aus, dass Glück alleine nicht glücklich macht, um es überspitzt zu formulieren, denn wer nur auf Wunscherfüllung aus ist und verbissen an der Erfüllung beispielsweise einer wie auch immer gearteten Lebenskonzeption festhält, der vergisst, dass jede Lebenskonzeption, jedes Festhalten an festen Lebenszielen, jede Ordnung der Ziele nicht der Fragilität aller, auch der besten Ordnung, Rechnung trägt. Schicksalsschläge wie der Verlust des Arbeitsplatzes, der Verlust der körperlichen oder geistigen Kräfte durch Krankheit, können fest zementierte Lebenskonziele in unerreichbare Ferne rücken lassen. Habe ich aber eine "Einstellung" angenommen, die weiss, dass Zielerfüllung, Wunscherfüllung nie vollkommen kontrollierbar ist oder wie Seel schreibt habe ich ein "positives Verständnis der Kontingenz allen Glückes", was eben nichts anderes heisst, es kann immer anders kommen als ich denke, dann besitze ich die Fähigkeit zur Erneuerung meiner existenziellen Orientierung....
Gelangen kann ich zu dieser "Einstellung" durch die Erfahrung des Augenblickglücks, ein Glück, dass sich vom Glück der Erfüllung rational geplanter Wunscherfüllung (Lebensziele: Karriere, romantische Liebe etc.) unterscheidet. Dieses Augenblicksglück wird nicht erstrebt, es stellt sich unangekündigt ein, z.B. auf einer Party, ein. Das Glück zeigt hier seine "anarchische" Seite. Dieses Glück hat die Tendenz zur Zerstörung unserer existenziellen Orientierung, denn im erfüllten Augenblick dieses Glückes "geschieht eine Eröffnung einer die bisherige Lebenswirklichkeit überragenden Wirklichkeit; der Augenblick transzendiert alles bisherige Wünschen und Wollen- und damit auch die wohlüberlegteste Konzeption dessen, wer wir sein und was wier werden wollen" Doch gerade diese Erfahrung kann mir helfen eine "lockere" Einstellung zu meinem Leben zu erlernen. Diese Einstellung besteht vor allem darin, dass ich selbstbestimmt lebe. Selbstbestimmt in dem Sinne, dass ich Antworten finde auf mein Leben, eigenständige auch immer wieder erneuerbare Antworten, die Antworten sind auf die Welt wie ich sie vorfinde, die mir die Möglichkeit geben mir meine eigene Wirklichkeit in dieser Welt immer wieder neu zu konstruieren. Antworten zu finden bedeutet dann aber auch weltoffen zu sein. Die Möglichkeiten, die diese Welt bietet zu entdecken und vor allem aber auch muss jeder ein Interesse haben, dass wesentliche Wirklichkeiten für mich realisierbar sind. Ich muss arbeiten können, ich muss anerkennende, gegenseitige soziale Kontakte leben können, ich muss spielen können (zweckfreies Arbeiten) ich muss auch einfach mal abschalten können (lesen, Kontemplation).
Ein gutes Leben ist auch nur dann möglich, wenn ich in relativer Sicherheit, bei relativer Gesundheit und in relativer Freiheit leben kann. Bleibt die Frage offen, muss ich dafür auch moralisch leben. Muss ich Rücksicht auf andere nehmen, um gut und glücklich zu leben?

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leben 

Kommentare

14:13 06.08.2006
cläre hat recht.
leider....
für mich selber ist das eine grosse crux und ein arger
stolperstein...ich neige sehr dazu, mir alles übelzunehmen
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unbekannt
10:44 02.08.2006
Das ist wohl eine Frage, die du dir nur selbst beantworten kannst...und es ist doch einfach herauszufinden: Nimm keine Rücksicht auf andere,um dein Ziel zu erreichen und beobachte, wie es dir ankommt...geht es dir gut damit, ist es dir gleichgültig oder geht es dir schlecht? Und dann natürlich noch die Reaktion der anderen Menschen...wie wirken diese auf dich?Wenn all das dich nicht unzufrieden sein läßt, dann mußt du wohl keine Rücksicht auf andere nehmen.
Ob ein Mensch moralisch leben muß, um glücklich zu sein, hängt doch nur von seiner eigenen Moral ab; Moral ist nichts objektives, auch wenn sie als solches verkauft wird.


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