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Tagebuch staunistauni
1961-04-25 hh:mm
So jung und schon Herzfunktionsstörungen???
Der Reichsbahnarzt stellte fest: F r ä u l e i n S c h r a d e r l e i d e t u n t e r H e r z f u n k t i o n s s t ö r u n g e n . Ein weiteres Arbeiten im Schichtdienst ist nicht angebracht.“ Dass sie nicht mehr im Schichtdienst arbeiten sollte, fand sie gut, denn in den Fahrdienst hätten sie keine zehn Pferde mehr gebracht. Die Einsamkeit auf den Reisen gefiel ihr ganz und gar nicht. Aber die Tatsache, dass sie mit knapp neunzehn schon Herzfunktionsstörungen haben sollte, machte sie ziemlich fertig. Sie wurde erst mal einige Wochen krankgeschrieben, bekam ein Medikament nach dem anderen, eines stärker als das andere. Nichts half! Die Angst vor dem Alleinsein befiel Elvira aber nicht nur, wenn sie unterwegs war. Als ihre Eltern im Urlaub waren und Bruder Peter Spät- oder Nachtdienst hatte, machte sie auch daheim mit der Angst Bekanntschaft. Sie geriet sofort in Panik, sobald sie allein war. Besonders nachts steigerte sich die Furcht. Sie lauschte auf jedes Geräusch, fand im Dunklen keine Ruhe und konnte nur einschlafen, wenn die Stehlampe brannte. Eine Erklärung gab es für das Mädchen nicht. „Wahrscheinlich habe ich einen schwachen Charakter!“ so dachte Elvira von nun ab oft. Nun galt es, eine neue Arbeit zu finden. Mit der angeblich „schweren“ gesundheitlichen Störung vermittelte ihr die Reichsbahndirektion eine Arbeit als Prüferin. In dieser Dienststelle der Reichsbahn waren fast nur ausgediente Schichtarbeiter, kranke und alte Leute beschäftigt. Zum Glück gab es auch eine Abteilung, in der viele junge Frauen und Mütter waren, die eine geordnete Arbeitszeit brauchten. Ingeborg Goldbach, inzwischen verlobt mit ihrem Hermann, mit der sich Elvira nun richtig angefreundet hatte und die der Belastung beim Zugfunk auch nicht gewachsen war, begann ebenfalls in der gleichen Dienststelle zu arbeiten. Dort prüften sie den Stückgutversand der einzelnen Bahnhöfe auf ihre richtige Berechnung. Das Arbeitspensum war nicht sehr groß, der Abteilungsleiter sehr gutmütig, so dass die Frauen sich dort einiges erlauben konnten. So gingen sie oftmals während der Arbeitszeit zum Friseur und am Sonnabend, der noch nicht arbeitsfrei war, besorgte eine von ihnen für alle Fleisch und Wurst. Damit sparten sich die Frauen das ewige Anstehen im Fleischerladen. Eine tolle Tätigkeit war das wirklich nicht, aber in der Zeit, da Ingeborg und Elvira oft in Gedanken bei Hochzeit und Wohnung waren, genügten ihnen diese Anforderungen. Kommentare |
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