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Tagebuch stauni
 1991-06-22 hh:mm
Koblenz und die Bildung
Samstag, 22.06.1991
Heute war es regnerisch. Deshalb beschlossen wir, uns Koblenz anzuschauen. In einer Stadt kann man immer mal in ein Geschäft huschen oder in einer Gaststätte pausieren.
So schlimm war es mit dem Regen dann gar nicht.

Koblenz hat wundervolle Geschäftsstraßen, doch die Läden interessierten uns wenig. Einkaufen kann man auch in München. Hier wäre das reine Zeitverschwendung. Wir wollten uns nur auf die Sehenswürdigkeiten konzentrieren und steuerten gleich aufs „Deutsche Eck“ zu. Auf dem Sockel, auf dem bis 1945 das Kaiser-Wilhelm-Denkmal stand, wehte eine riesige Deutschlandfahne. Es diente seit 1953 als „Mahnmal der deutschen Einheit“. Im Stillen dachte ich mir: “Eigentlich gehören jetzt Kohl und Genscher auf den Sockel!“ Wahrscheinlich müssen erst Jahrzehnte vergehen, bis man die Leistungen dieser beiden Politiker zu würdigen weiß.

Seit dem Mauerbau 1961 befindet sich in der Nähe des „Deutschen Ecks“ ein Denk- und Mahnmal. Dazu hat man jetzt drei große Mauerteile mit der Aufschrift „Für die Opfer der Mauer“ aufgestellt.



Eine Lehrerin stand mit ihrer Schulklasse vor diesem Mahnmal. Da fragte einer der Schüler: „Gab es da zwei Tote in Berlin? Die junge Lehrerin antwortete: „Ich weiß auch nicht, ich glaube es waren mehr.“ Tief erschrocken über die Unwissenheit der Pädagogin gingen wir weiter. Hinterher ärgerte ich mich, daß ich mich nicht in das Gespräch eingemischt hatte und den Schülern die Wahrheit über die vielen Mauertoten erzählt habe.

Da wir Angst hatten, am nächsten Tag keine Schiffskarten für die geplante Rheinfahrt zu bekommen, kauften wir diese, bevor wir etwas verschämt noch einen Juwelierladen in Koblenz betraten. Wir hatten vor, unsere Urlaubskasse etwas aufzufüllen und legten sechs Eheringe unserer verstorbenen Verwandten auf die Ladentheke. Der feine Herr nahm die Ringe unter die Lupe und legte sie auf eine Waage:“ Dafür bekommen Sie 69,-DM.“ „ Für alle? Nein danke, dann behalten wir die Ringe“, rief ich entrüstet und wir verließen schleunigst den Laden.
N e u n u n d s e c h z i g DM, das war ja nicht zu fassen. Gold war in der DDR sehr wertvoll gewesen, man konnte ohne Goldabgabe nicht einmal Eheringe bekommen.
Wir hatten damals unserem Sohn für die Flucht über Ungarn zwei Goldringe mitgegeben, damit er diesen „Wert“ im Notfall versetzen kann. Soviel zum Thema Werte.

Abends war in Dieblich ein kleines Volksfest. Wir setzen uns mit zu den Dorfbewohnern ins Bierzelt und hörten interessiert ihren Debatten über den heimischen Fußball zu. Bremen sollte gewinnen, keinesfalls Köln. Darin waren sich alle einig.

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