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Tagebuch stauni
1991-06-12 hh:mm
Der Hülfensberg und Asbach
Mittwoch, 12.06.1991
Heute wurden wir durch das Bellen der Hunde und mit dem Duft von frischen Brötchen geweckt. Beim Frühstück erzählten Ingelore und Horst, dass die drei Schäferhunde im Hof, ehemalige Grenzhunde seien und da sie nun keine „Arbeit“ mehr hatten, sollten sie im Tierheim leben oder aber…. Da meine Schwester eine große Seele für Tiere hat, leben die Hunde nun bei ihr.

Jetzt drängte es meine Verwandten aber, mit uns den Hülfensberg zu besteigen. Bei unseren bisherigen Besuchen vom Osten aus durften wir nicht auf diesen Berg, obwohl der Wallfahrtsort sich auf dem Territorium der DDR befand. Die Entfernung zwischen Gipfel und Grenzverlauf hatte damals weniger als einen Kilometer betragen. Demzufolge durften nur Besucher mit einer Sondergenehmigung den Passionsweg von Großtöpfer benutzen.
Heute aber genossen wir die wiedergewonnene Freiheit und wanderten genau auf diesem Wege auf den Gipfel des Hülfensberges. Das 18,60 m hohe Stahlkreuz, das über große Entfernungen sichtbar ist wurde erst vor wenigen Tagen nach der Restaurierung wieder aufgestellt. Dann entdeckten wir noch eine große Gedenktafel, deren Worte uns bis in die tiefste Seele erfreuten:



Auch an der Kapelle auf dem Hülfesberg hatten in der kurzen Zeit nach der Wiedervereinigung schon erste Verschönerungsarbeiten begonnen. Wir erfuhren noch, daß hier oben während der 40 DDR-Jahre ein Pastor und eine Putzfrau in Einsamkeit lebten. Nun waren sie aus ihrem Dornröschenschlaf wieder erwacht und empfingen täglich eine hohe Anzahl an Pilgern und Besuchern.



Am Nachmittag waren wir noch mit Schwester und Schwager bei ihren neuen Westbekannten. Sie hatten diese Leute kennengelernt als der Stacheldraht fiel. Damals feierten sie zusammen mit all den anderen Grenzbewohnern aus Ost und West die ganze Nacht hindurch. Lustig fand ich, daß diese Familie Becker einen Hund hatten, der „Boris“ hieß.

Auf der Rückfahrt machten wir noch einen Umweg über das Dorf Asbach, deren Einwohner während der DDR-Zeiten ein ganz besonders schlimmes Los hatten. Dieser Ort gehörte zum Sperrgebiet der DDR, war aber umgeben von bundesdeutschem Gebiet. Diese Asbacher Menschen durften damals nur dann Besuch aus der DDR empfangen, wenn ein Familienmitglied ersten Grades verstorben war, ansonsten lebten sie wie Eingesperrte.

Am Abend saßen wir dann wieder in fröhlicher Runde, auch die Familie Becker mit Boris war wieder dabei. Wir diskutierten bis in die Nacht über fleißige und faule Leute, über Ausländer, Staatsmänner, Bekannte und Autos.

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