Eigentlich ist das schon längst ein alter Hut:  ich stehe früh auf, verlasse zeitig das Haus, bin damit beschäftigt, eine Vertauschung aufzuklären, die mehr Zeit beansprucht, als mir lieb ist und komme spät nach Hause. Bis dahin läuft eigentlich alles nach Plan. Was dagegen so gar nicht nach Plan läuft, ist die Tatsache, daß die Minusstunden einfach nicht weniger werden, In dieser Woche wurde ich schon zweimal darauf angesprochen. Erst kam C. damit um die Ecke, einen Tag später rief Frau M. vom Betriebsrat an. Ich muß halt zusehen, daß ich die Stunden deutlich reduziere, sonst schreibt Frau K. direkt eine Abmahnung. Und so was brauche ich gar nicht. Ich glaube, so ein Vermerk macht sich nicht gut in der Personalakte. Eine Tatsache, auf die ich nicht sonderlich scharf bin und auf die ich echt verzichten kann. Bis zum Monatsende habe ich noch zwei Wochen und wenn ich mich anstrenge, kann sich Frau K. die Abmahnung in die Haare schmieren. Das wird zwar hart, aber ich muß in den saueren Apfel beißen. Eine andere Wahl habe ich nicht. Ich möchte am Ende nicht ohne Job da stehen. Ich glaube, das wäre mein Ende. So sieht es aus. Daß mir diese Sache irgendwie arg im Magen liegt, kann man an der Stelle verstehen und ich habe das Gefühl, wie Falschgeld durch die Gegend zu laufen. Irgendwie kriege ich das schon gebacken. Es wird zwar schwer, aber beschweren darf ich mich nicht. Ich habe mir die ganze Sache ja selbst eingebrockt. So einfach ist das.

Und als wäre das nicht genug, mußte mein Vater am Mittwoch ins Krankenhaus. Er ist zwar seit gestern wieder zu Hause, aber die ganze Situation war mehr als bescheiden. Zu einem Ergebnis ist man nicht wirklich gekommen, aber das, was man vermutet hat, war es dann nicht. Und das ist auch gut so. Meine Mutter hätte ich am Donnerstag so erschlagen können. Sie ruft auf meinem Handy an und fragt mich ernsthaft, mit wem sie denn spricht. Wen hat sie denn erwartet, wenn sie mich auf dem Handy anruft? Den Kaiser von China? Die Queen? Den Papst? Ich höre mich am Handy so komisch an. Dafür kann ich ja nichts, aber egal. Sie hat sich darüber beschwert, daß sie meinen Vater nicht erreichen kann. Sie hat es schon so oft versucht, aber das klappt alles nicht. Ich habe ihr gesagt, daß er sich meldet, wenn die Untersuchung vorbei ist. Warum ich denn so aggressiv bin? Da steht man schon neben der Spur und dann hat meine Mutter nichts besseres zu tun, als mir so was an den Kopf zu werfen. Aber das macht ja überhaupt nichts. Man nimmt es ja hin, daß sie seit Monaten Dinge durcheinander bringt und sie es nicht auf die Kette bringt, vernünftig zu hören. Man erzählt eben gerne alles fünffach. Sie hat es sowohl gestern als auch vorgestern geschafft, vor die Tür zu gehen. Wenn man sie jetzt darauf anspricht, sieht sie einen an, als hätte man ihr gesteckt, sie soll den Papst ehelichen. So was macht mich einfach nur sauer. Man kann sie zu nichts zwingen, aber ein Dauerzustand ist das auch nicht. Die Einsicht hat meine Mutter aber nicht und das ist extrem traurig.