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Thursday, 28. March 2024
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Tagebuch Schatten
 1918-11-03 hh:mm
Welche schreckliche Zeit, die wir jetzt durchleben!

Welche schreckliche Zeit, die wir jetzt durchleben! Überall Unruhe, Kampf und Streit! An der Front dauern die heftigsten Angriffe schon tagelang fort, doch ist es den Franzosen und Amerikanern noch nicht geglückt, uns zu vernichten! Die zweite Note des Präs. Wilson ist eingetroffen, sie ist so nichtssagend und heuchlerisch, wie die erste Note war. Nun tagt in Versailles der Kriegsrat, welcher die wahnsinnigsten Forderungen aufstellt!
Außer Elsaß-Lothringen verlangen die Franzosen das linke Rheinufer etc. dazu viele Milliarden!
Wie unser armes Volk diese ungeheuren Summen aufbringen soll, ist ganz unverständlich! Unsere Enkel werden noch an dieser Last tragen! Noch immer erscheint es den Besseren im Volke wie ein Rätsel, daß wir nach so heldenhafter Verteidigung, über Jahre lang gegen eine Welt von Feinden, nun zuletzt einen so schmählichen Frieden haben sollen, dazu den Umsturz in der Regierung – es ist unbeschreiblich, das Leid dieser Zeit!
Nun wollen die „Mehrheitsparteien“ auch den Kaiser stürzen, nachdem er in übermenschlicher Selbstüberwindung allen ihren Reformen zugestimmt hat, durch welche ihm alle Macht entzogen und er zu einer repräsentierenden Puppe, von Volkes Gnaden“ herabgesunken ist! Hier sagen die Zentrumsführer (Werr) offen: Wir haben ihm (dem Kaiser) Alles genommen! Jeder Bube sagt, auf der Straße: Der Kaiser muß fort! Alle politischen Verbrecher, Streikführer etc. sind aus den Gefängnissen entlassen. Das Volk ist frech u. anmaßend, ein Gefühl, daß seine Vertreter es fertig bringen, das deutsche Reich zu stürzen! Man bekommt keine Dienstboten mehr, die Löhne steigen in´s Unermeßliche! Jeder denkende Mensch sieht schlimme Zeiten kommen; das Zentrum wird es noch bereuen, die sozialdemokratischen Bestrebungen unterstürzt zu haben.
Diese Geister, einmal losgelassen, werden unser armes deutsches Land ruinieren! Allgemein ist die Sorge um den Besitz, das Vermögen! Wenn eine Revolution eintritt, was gar nicht unmöglich erscheint, dann kann man sein sauer verdientes Vermögen verlieren und im Alter in Armut leben!!

An dem Kampf gegen die Hohenzollern-Dynastie scheint hauptsächlich der Kronprinz Schuld zu tragen. Man hört skandalöse Geschichten, wie er sich im Felde benahm. Mätressen mitführte etc., sodaß man mit Recht gegen ihn eingenommen ist. Nun will das Zentrum, daß Kaiser Wilhelm zu Gunsten seines ältesten Enkels abdanke, da aber dieser 11 Jahre zählt, müßte ein Regent für ihn ernannt werden! – Wer hätte geahnt, daß dieser glorreich 4 Jahre durchkämpfte Krieg ein solches Ende nähme. Ludendorff mußte auch den Abschied nehmen – Alle, die der Mehrheitspartei im Wege sind, müssen fort! Unsere neuen Minister sind Schriftsetzer gewesen (Scheidemann) und andere ungebildete Menschen!!
Nun ist´s zu Ende mit: „Heil Dir im Siegerkranz“ und Deutschland, Deutschland über Alles“ – eine Klique von Vaterlands-Verrätern hat aus Herrschsucht und in törichter Verblendung unser schönes Vaterland zerstört und zerrissen!

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1918-11-03 hh:mm