Anfang April
Zufällig finde ich heute diese Aufzeichnungen!
Vieles hat sich im Laufe des letzten Jahres verändert --- aber nicht zum Besseren – sondern überall eine Verschlechterung aller Zustände! Die Worte: Lohnkampf, Streik, Wucher, Schieberei, Betrug, Diebstahl, innere Unruhen, Kampf der Parteien unter sich -------- kennzeichnen unsere Erlebnisse im Jahre 1920!
Preise u. Löhne steigen in´s Märchenhafte! Ein ungelernter gewöhnl. Arbeiter im Dillinger Hüttenwerk, verdient pro Monat 2000 M! Die Leute leben in Saus u. Braus, um das leicht erworbene Geld möglichst rasch wieder durchzubringen. Die 8stündige Arbeitszeit herrscht überall; von ½ 5 Uhr mittags ab, gehen die Leute spazieren!
Man kann keinen Herren-Anzug unter 1100 M, kein Frauenkleid unter 400 M. haben! Wer früher wohlhabend war, ist jetzt arm!! Wir leben ohne Dienstmädchen (welche jetzt 120 M pro Monat verlangen) haben eine Stundenhilfe f. 60 M. pro Monat.---

Ich möchte so gerne fortziehen, aber man findet keine Wohnung in d. Städten! Hier ist alles französisch „angehaucht“, jetzt kommt noch der Saarfrank, dann ist das meiste getan. Das Saarvolk ist minderwertig.
Lebensmittel sehr teuer: Butter pro Pfund 34 M!! Eier pro Stück M. 2,20, ein Kopf Salat 50 Pf! – Fleisch 14 - 22 M! –
Die Jugend trägt die veränderte Zeit leicht, aber für die älteren Leute ist es schwer, jetzt zu leben!

Heute, 12. April, starb in Holland die Kaiserin Auguste Victoria, eine vielgeprüfte, edle Frau.

Wie glücklich waren wir in der „guten, alten Zeit.“ --- --- ---

(letzter Eintrag)