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Tagebuch Schalk
2005-04-14 14:25
Jeden Tag
ist etwas zu lesen über das Montag beginnende Konklave, dass ja für die Würdenträger einige Erkleichterungen mit sich bringen wird.
Sie müssen nicht mehr nur in der sixtinischen Kapelle und den Schlafräumen bleiben, sondern können den ganzen Vatikan nutzen.
Also kann es ja ruhig dauern.
Und das wird es bei der Konstellation der Kardinäle.
Dazu dieser erheiternde Artikel, den ich heute fand.

Papst Johannes Paul II. wurde 1978 nach dreitägigem Konklave im achten Wahlgang zum neuen Kirchenoberhaupt bestimmt.
Doch nicht immer verliefen Papstwahlen innerhalb weniger Tage.

Das längste Konklave begann 1268 im mittelitalienischen Viterbo und dauerte zwei Jahre, neun Monate und zwei Tage.
Die Kardinäle konnten sich auch nach einer drastischen Kürzung der Lebensmittel nicht auf einen Papst einigen - die notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit kam nicht zu Stande.
Erst als die wutentbrannte Bevölkerung begann, das Dach über dem Wahlraum abzutragen, wurde im September 1271 aus Angst vor den ersten herbstlichen Gewitterregen Papst Gregor X. gewählt.

Besonders dramatisch entwickelte sich 1314 ein Konklave im südfranzösischen Carpentras.
Ungeduldige Massen steckten den Bischofspalast, in dem die Purpurträger berieten, in Brand, so dass diese die Flucht ergreifen mussten.

Ende Juni 1316 schloss Prinz Philipp die Wahlgesellschaft kurzerhand im Dominikanerkloster von Lyon ein.
Nach weiteren 40 Tagen wurde dann endlich am 7. August 1316 Johannes XXII. zum neuen Papst bestimmt.

Die kürzeste Wahlversammlung fand am 31. Oktober 1503 in Rom statt.
Nach wenigen Stunden ging daraus Papst Julius II. hervor.

Mit einer Dauer von 20 Stunden zählt auch die Wahl von Pius XII. 1939 zu den kürzesten Konklaven der Geschichte.

Und noch etwas belustigendes.
Der doppelte Johannes XXIII.
Der eine war der bedeutendste Papst des 20. Jahrhunderts – vor 40 Jahren eröffnete er das Zweite Vatikanische Konzil. Der andere: Ein Glücksritter, der später aus der Kirchenchronik verschwand. Eine katholische Geschichte, erzählt von Emanuel Eckardt
Von Emanuel Eckardt

Es kam ein Mann, von Gott gesandt, sein Name war Johannes. Für Jesus war Johannes, der Täufer, der Größte in dieser Welt. Und Johannes hieß auch der Jüngling, der ihm der liebste unter seinen Jüngern war, der spätere Evangelist mit dem Adler. So geschah es, dass von den 305 Päpsten und Gegenpäpsten kein Name häufiger gewählt wurde. Der erste Johannes, Papst von 523 bis 526, wurde heilig gesprochen. Dem Siebten folgte ein Johannes, der kein rechtmäßiger Papst war. Er wird ebenso wenig gezählt wie Johanna, die Päpstin, die beim Aufsitzen auf ein Pferd mit einem Kind niederkam und zur Strafe gesteinigt wurde. Die mittelalterliche Legende kennt mehrere Versionen dieser Geschichte. Keine muss stimmen, und keine passt ins Bild vom Heiligen Vater. Damit so etwas nie wieder passiert, muss sich seit dem 13. Jahrhundert jeder neue Papst die Prüfung seines Geschlechts gefallen lassen.
Seit jeher ist die Papstwürde mit einem hohen Berufsrisiko verbunden. Der achte Johannes wurde vermutlich von Verwandten vergiftet und, weil das Gift nicht schnell genug wirkte, mit einem Hammer erschlagen. Der neunte fiel weniger auf, der zehnte wurde nur Papst, weil er die Gattin eines einflussreichen Senators liebte. Auch er wurde möglicherweise ermordet. Der elfte war erst Anfang 20 und ein Muttersöhnchen, der zwölfte, kaum 18 Jahre alt, verwandelte den Lateran-Palast in einen Harem. Als er mit einer verheirateten Frau im Bett lag, traf ihn der Schlag. Möglicherweise der Schlag des Ehemanns.
Johannes, der dreizehnte, starb wohl eines natürlichen Todes, der vierzehnte wurde in der Engelsburg eingekerkert, verhungerte oder starb an Gift. Der fünfzehnte Johannes brachte durch seine Raffgier die Römer gegen sich auf, der sechzehnte, Gegenpapst von 997 bis 998, geriet auf der Flucht vor dem Heer Ottos III. in Gefangenschaft. Man schnitt ihm Nase, Zunge und Ohren ab und riss ihm die Augen aus. Rücklings musste er auf einem Esel durch Rom reiten. Sein Leben endete in einem Kloster. Der siebzehnte starb nach sechs Monaten, der achtzehnte als Mönch. Merkwürdig ging es zu bei der Zählung. Auf den neunzehnten folgte der einundzwanzigste, der zwanzigste wurde schlicht vergessen. Dafür hatte der allseits beliebte Johannes XXIII., der 1958 zum Papst gewählt wurde, einen Doppelgänger.
Sie haben nicht viel gemeinsam. Beide haben sie ein Ökumenisches Konzil einberufen, das zu ihrer Zeit die größte Versammlung in der Christenheit werden sollte. Beide sind klein und dick. Doch, bei Gott, die Unterschiede überwiegen, und nur einer von beiden zählt.
Angelo Giuseppe Roncalli, der im Alter von 77Jahren Papst wird, ist ein guter Papst, der bedeutendste des 20. Jahrhunderts. Im Zweiten Weltkrieg bewahrt er als Nuntius in Istanbul Hunderttausende Griechen vor dem Hungertod, indem er Getreidelieferungen aus den USA in das von deutschen und italienischen Truppen besetzte Land möglich macht. Er rettet vermutlich mehreren tausend Juden das Leben, indem er ihnen Taufscheine ausstellen lässt, mit denen sie aus Ungarn ausreisen können. Und als die Kubakrise im Oktober 1962 die Welt an den Abgrund eines Atomkriegs bringt, vermittelt er zwischen dem amerikanischen Präsidenten John F. Kennedy und dem Sowjetherrscher Nikita Chruschtschow.
„Dieser Papst ist ein Heiliger“, meinte sogar Chruschtschow
Johannes XXIII. streicht das Wort „perfid“ über die Juden (pro perfidis judaeis) aus dem Karfreitagsgebet und bläst frischen Wind in die verstaubten Strukturen der katholischen Kirche. Mit der Einberufung des Zweiten Vatikanischen Konzils – das am 11. Oktober vor genau 40 Jahren eröffnet wird – setzt er das größte Ereignis in der Geschichte der Christenheit in Szene und lädt zum ersten Mal Vertreter von 18nichtkatholischen Kirchen in den Vatikan. Seine Enzyklika Pacem in terris ist die erste offizielle Botschaft eines Papstes, die sich nicht nur an Christen richtet, sondern an „alle Menschen, die guten Willens sind“.
Als er am 3. Juni 1963 stirbt, trauern Hunderttausende auf dem Petersplatz in Rom. Mit ihm habe das Mittelalter in der Kirche aufgehört, resümierte der Tübinger Kirchenlehrer Hans Küng. „Dieser Papst ist ein Heiliger“, fand Chruschtschow, und die Schriftstellerin Marie Luise Kaschnitz schrieb, er sei „ein als Papst verkleideter Mensch“ gewesen. Aber das war sein Doppelgänger auch.
Denn der Kerl, der sich lange vor dem viel geliebten Angelo Giuseppe Roncalli JohannesXXIII. nannte, war kein Rufer in der Wüste, sondern ein Wüstling unter den Raffern. Sein weltlicher Name ist Baldassare Cossa. Er wird 1365 in Neapel geboren, entstammt einer Familie von geringem Adel, die auch den einen oder anderen Seeräuber zu den Ihren zählt, ein damals durchaus ehrenwertes Gewerbe. Er studiert kanonisches Recht in Bologna, tritt in päpstliche Dienste, wird 1402 zum Kardinal ernannt und bleibt in Bologna, wo er sich durch sein einnehmendes Wesen rasch verhasst macht.
Es ist die Zeit des großen abendländischen Schismas. Seit 1378 erheben zwei Päpste den Anspruch auf den Stuhl Petri, einer in Rom, einer in Avignon. Beide sind mit halb Europa verbündet. Nur das Heilige Römische Reich Deutscher Nation ist neutral. Um den Streit endlich beizulegen, tritt ein Konzil zu Pisa zusammen. Weil sich keiner der beiden Päpste dort blicken lässt, kommt man auf die originelle Idee, einen neuen zu wählen, und die beiden anderen, Benedikt XIII. und Gregor XII., abzusetzen, was die allerdings nicht akzeptieren.
Also gibt es jetzt drei Päpste. Der neue heißt Alexander V. und wird, so geht ein nie verstummendes Gerücht, nach kurzer Zeit vom bösen Baldassare vergiftet, der sich in der Zitadelle von Bologna in einem Konklave, über das keinerlei Akten existieren, zum Papst wählen lässt. Als JohannesXXIII. tritt er Alexanders Nachfolge an und ins Licht der Kirchengeschichte. Das Volk nennt ihn „Papa Boldrino“, nach einem besonders gefürchteten Condottiere und Söldnerführer.
Dieser Johannes ist ein Don Giovanni, der Nächstenliebe ganz pragmatisch auffasst. Liebt er eine Frau, liebt er alsbald die nächste und so fort; der Papst im Kettenhemd vernascht einen Kirchenschatz nach dem anderen. Selbst seriöse Quellen raunen, er habe es mit mindestens 200 Frauen getrieben. Weniger seriöse, wie die Anklageschrift, die später zu seiner Absetzung führt, behaupten, er habe allein in Bologna 300 Nonnen geschändet, die Frau seines Bruders verführt, die Schwester des Kardinals von Neapel als Konkubine gehalten, „Sodomie“ in vielen Fällen getrieben (eine Umschreibung für Homosexualität) und sich auch der „stummen Sünde“, der Onanie schuldig gemacht. Außerdem habe er als notorischer Papstmörder nicht nur seinen Vorgänger, sondern wahrscheinlich auch schon dessen Vorgänger InnozenzVII. ermordet.
Den Lebemann auf dem Heiligen Stuhl hält es nicht lange in Rom, einer heruntergekommenen Stadt mit rund 20000 Einwohnern, etwa halb so groß wie das heutige Buxtehude. 1413 flieht er vor neapolitanischen Truppen und verlegt seinen Sitz ins reiche, prächtige Florenz. Aber auch dort wird er nicht lange geduldet. Und in Bologna jagen ihn die Bürger, die seine Schreckensherrschaft als päpstlicher Kardinallegat nicht vergessen können, aus der Stadt. Alle Päpste sind nun auf der Flucht, Gregor hat in Rimini Asyl gefunden, Benedikt an der spanischen Grenze in Perpignan. In seiner Not spielt Johannes die deutsche Karte und wendet sich an König Sigismund um Hilfe.
Der sieht seine Chance, im Bündnis mit einem Papst seine eigene Stellung zu stärken, denn auch im Heiligen Römischen Reich stehen sich zwei, im Jahre 1410 sogar drei verfeindete Könige gegenüber. König Sigismund aus dem Hause Luxemburg ist eine stattliche Erscheinung, spricht fünf Sprachen, reist gern und viel in diplomatischer Mission und ist ständig in Geldnöten. Sie treffen sich in Lodi in der Lombardei. Der König bewegt den Papst dazu, ein Konzil auf dem Boden des Heiligen Römischen Reiches einzuberufen. Cossa darf hoffen, als künftiger Einheitspapst bestätigt zu werden, zumal seine Rivalen ja bereits in Pisa abgesetzt worden sind.
Das Konzil von Konstanz sollte das größte des Mittelalters werden, eine Heerschau des Glaubens, unter Mitwirkung der Laien, der Rechtsgelehrten und der Universitäten, die höhere Instanz, die selbst den Papst in seine Schranken weist. Der kommt mit großem Gefolge, den von ihm ernannten Kardinälen, Prälaten und ein paar hundert Sekretären, Hofbeamten und Dienern. Doch ihm schwant nichts Gutes. Er ist abergläubisch. In den verschneiten Bergen von Arlberg war sein Reisewagen umgestürzt und hatte ihn hinausgeworfen, ein böses Omen.
„Denk ich an den Bodensee, so tut es mir im Beutel weh“
„So sieht eine Falle aus, mit der man Füchse fängt“, soll er gesagt haben, als er die Türme von Konstanz vor sich sieht. Unter goldenem Baldachin zieht er in den Dom und eröffnet das Konzil mit den Worten des Propheten Sacharja: „Rede einer mit dem anderen die Wahrheit, und richtet recht und schafft Frieden in euren Toren.“ Der König trägt die Reichskrone und das Gewand eines einfachen Diakons, als welcher er traditionell dem Papst zu ministrieren hat.
Das Hochamt ist der letzte große Auftritt des Papstes. Das Konzil verselbstständigt sich rasch. Theologen wie der einflussreiche Pierre d’Ailly, Bischof von Cambrai (von Johannes zum Kardinal ernannt) und Kanzler der Pariser Universität sowie sein Schüler und Nachfolger Jean de Gerson geben den Ton an. Bald finden sich Papst und König in einer zumindest theologisch bedeutungslosen Nebenrolle.
Das Konzil sollte fast vier Jahre dauern, vom November 1414 bis zum April 1418, eine Versammlung der Nationen, mit Turnieren und Banketten. Im Palast des Bischofs von Konstanz residiert der Stab des Papstes. Routiniert betreiben Beamte, Sekretäre und Schreiber die Bürokratie der Pfründen und Beförderungen. Postenschacher und Bestechung funktionieren wie geschmiert. Rund 30 größere Banken sind vertreten, um die Geschäfte der Anleihen und Überweisungen zu regeln, Städte und Länder neu zu verpfänden. Im Team des Papstes ist Cosimo Medici angereist, als Vertreter des aufstrebenden Bankhauses in Florenz.
Die Versammlung so vieler Interessenvertreter von Kirche und Adel ist ein Jahrmarkt der Eitelkeiten. In eleganten Fehmänteln aus dem Fell sibirischer Eichhörnchen stolzieren die Kirchenmänner durch die Stadt, Zeichen ihrer Würde als Cortigiani, Angehörige des päpstlichen Hofes. Später wurde daraus das Wort Kurtisane.
Die gibt es natürlich auch, „offene Frauen“, die in Bordellen hausen, dem „süßen Winkel“ von Konstanz, und „geheime Frauen“, Hübschlerinnen, die den Herren zu Diensten sind. Ein ritterlicher Chronist berichtet, er habe etwa 700 offene Frauen vorgefunden, und schätzt die Zahl der geheimen ebenso hoch ein. Der Dichter Oswald von Wolkenstein reimt: „Denk ich an den Bodensee / So tut es mir im Beutel weh.“ Doch vor allem ist das Konzil zusammengetreten, um den Koitus der Kirche wieder herzustellen und gegen die Ketzerei vorzugehen, die in Europa um sich greift, seit von England aus die Lehren eines John Wiclif die Seelen verwirren.
Überall im Reich kursieren Schmähschriften gegen Kirchenfürsten. Sie werden als Heuchler, Sodomitenbrüderlein und Spießgesellen Satans diffamiert. Prediger geißeln Modetorheiten wie den doppelt gehörnten Kopfputz der Damen und eng anliegende Strumpfhosen der Herren, deren edle Teile die „Schamkapseln“ eher präsentieren denn verbergen. Sie wettern gegen den Reliquienhandel, in dem Ampullen mit der Milch der Gottesmutter ebenso angeboten werden wie sündhaft teures Stroh aus dem Stall zu Bethlehem und die begehrten Gebeine jüngerer Heiliger mit Echtheitszertifikat.
Ketzer, die sich gegen Kreuzzüge aussprechen, sind besonders gefährlich, denn sie predigen gegen eine wichtige Einnahmequelle des Papstes. So ein Mann ist der Magister Jan Hus in Böhmen, der mit unbeirrbarer Sturheit gegen kirchliche Autorität anrennt und gegen die Geldgier der Geistlichkeit polemisiert, gegen Steuern für Sakramente, gegen Gebühren fürs Glockenläuten, gegen Ämter-Leasing und Gnaden-Marketing. Nicht der Papst sei das Haupt der Kirche, sondern Christus. Nicht der Papst, sondern nur Gottvater im Himmel könne Sünden vergeben.
Weil dieser Hus ein begnadeter Prediger und Volkstribun ist, der immer mehr Zulauf bekommt, schickt der Erzbischof von Prag dem Papst wertvolle Pferde und Juwelen, damit er endlich den großen Bann gegen Hus ausspreche. Man kann vieles gegen Johannes einwenden, doch nie versäumt er es, den Reichtum der Kirche zu mehren, auf dass er in seine Truhen fließe.
Der Fluch trifft den Böhmen hart. In allen Kirchen läuten die Glocken. Bannkerzen werden angezündet und zu Boden geworfen. Steine fliegen gegen das Haus des Jan Hus. Niemand darf ihm mehr Speisen, Feuer oder auch nur Wasser reichen. Niemand darf ihn aufnehmen, niemand mit ihm reden. Wo immer er sich aufhält, wird der Dienst der Kirche eingestellt. Doch Hus lässt sich nicht einschüchtern. Weil der König ihm freies Geleit für Hin- und Rückreise zusichert, reitet er auf einem Pferd namens Grabstyn nach Konstanz, um sich vor dem Konzil zu verteidigen.
„Die Gans ist noch nicht gebraten, und fürchtet sich auch nicht gebraten zu werden“, schreibt er nach Hause. Ein Spiel um seinen Namen: hus, die Gans. Aber das Wort des Königs ist nichts wert. Hus wird in den Kerker geworfen, in einem Schauprozess der Ketzerei angeklagt und schließlich verurteilt. Weil er sich weigert, Thesen zu widerrufen, die er nie geäußert hat, wird er in Konstanz auf dem Scheiterhaufen verbrannt.
Doch da ist der Fuchs, welcher der Gans zum Schicksal wurde, schon selbst ein Gefangener. Zu Beginn des Konzils hat Johannes XXIII. noch gehofft, Einheitspapst der Kirche zu werden, aber bald spürt er, dass sich die Stimmung der Konzilsväter gegen ihn wendet. Die gestrengen Herren sehen in der Kirche ein „Monstrum mit drei Häuptern“, dem alle drei Köpfe abgehauen werden müssten, und eröffnen das Insolvenzverfahren.
Schriftlich bietet er seinen Rücktritt an, verliest den Text mit Tränen in den Augen im Münster von Konstanz. Gerührt sinken die Versammelten in die Knie. Der König nimmt die Krone vom Haupt, wirft sich dem Papst zu Füßen. Doch das Rührstück wird schnell zum Drama, als Johannes, der seine Sache verloren glaubt, sich heimlich davonmacht. Er nutzt den Trubel eines Turniers, um, als Kriegsknecht verkleidet, mit umgehängter Armbrust, aus der Stadt zu reiten. Er flieht nach Schaffhausen, wird aber bald ergriffen und unter Hausarrest gestellt.
Nun steht er selbst vor dem Konzil, das er einberief, unter Anklage. Die Liste seiner Untaten umfasst 54 Punkte; um den Ruf der Kirche nicht vollends zu ruinieren, hat die Anklage Einiges unter den Tisch fallen lassen. Der Papst, um Ausgleich bemüht, bittet um eine Abfindung von 30000 Gulden, und die Sache sei in Ordnung. Doch das Konzil kennt keine Gnade. Am 29. Mai 1415 erklären ihn die Konzilsväter für abgesetzt. Brennen muss er nicht, weil er nicht als Ketzer verurteilt wird, aber er bleibt in Haft. Das Urteil nennt ihn unverbesserlich, einen notorischen Wüstling, Sodomiten und Mörder. Außerdem habe er sich unmäßig bereichert durch den Verkauf von Kirchengut, durch Erpressungen und dubiose Geschäfte. Ein Zeuge sagt aus: „Er hätte Gott selbst verkauft, wenn er dafür einen Interessenten gefunden hätte.“
Vier Jahre im Kerker des Heidelberger Schlosses
Es gibt allerdings Stimmen, die ihn, wenn auch viele hundert Jahre später, verteidigen. „Schwerlich dürfte er ein böser Mensch gewesen sein“, schreibt Richard Friedenthal in seiner Biografie des Jan Hus von 1972. Offenbar sei der Papst schamlos verleumdet worden aus durchsichtigen Motiven, selbst zur Bosheit habe ihm die Kraft gefehlt.
Vier Jahre lang sitzt Baldassare Cossa als Gefangener im Heidelberger Schloss. Doch seine Hausbank lässt ihn nicht fallen. Cosimos Vater, Giovanni di Bicci de Medici, Gründer des Bankhauses, kauft ihn für die abenteuerlich hohe Lösegeldsumme von 25000 Gulden frei. Der Sünder wirft sich Martin V., dem neuen Papst, zu Füßen, der ihn daraufhin zum Kardinalbischof von Tusculum ernennt.
1419 stirbt Baldassare Cossa. Und damit dieses Leben für alle Zeiten unvergessen bleibt, erfüllt Banker Bicci seinem Freund auch den letzten Wunsch. Er lässt ihm durch den Bildhauer Donatello im Baptisterium von Florenz ein prächtiges Grabmal errichten; der junge, später nicht weniger berühmte Künstler und Architekt Michelozzo hilft dabei. Bis heute trägt es die Inschrift Ioannes quondam papa XXIII – Johannes XXIII., einst Papst. Aber das ist Kunstgeschichte. In der Kirchengeschichte darf es diesen Papst nicht mehr geben.
Der Autor ist Journalist und lebt in Hamburg

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