Seit ich selbst eines bin, achte ich viel mehr darauf wie das bei anderen Pärchen so ist. Vielleicht lebe ich bereits in der "Pärchenwelt" - jener absurden Welt, die mir aus der Single-Perspektive so furchtbar vorgekommen war. Das habe ich mir zumindest eingeredet...

Anstatt Loblieder auf die Unabhängigkeit des Single-Daseins zu singen, interessiere ich mich jetzt viel mehr dafür wie man Partnerschaften hegt und pflegt und am Laufen hält.

Ich gestehe ja, ich habe mit wirklich funktionierenden, fruchtbaren Partnerschaften nicht viel Erfahrung. Nahezu keine. Keine.

Aber umso interessanter sind die anderen als Anschauungsmaterial. Für die Recherche

In der Uni-Mädelsclique bin ich eine Kuriosität geworden. Wir sind ein Vierergrüppchen von überzeugten Singles gewesen. Jetzt gibt es drei überzeugte Singles und mich. Tja. Vor zwei Wochen hat Virginia in der Mensa mit uns gegessen. Zwischen der Kartoffelsuppe und der Fertiglasagne zeigte sie uns ein winziges crème-braunes Négligée, das sie sich, während sie die Empirie-Vorlesung geschwänzt hatte, für ihren neuen Lover ergattert hatte. Seit sie zusammen waren, hatte sie angefangen wieder die Pille zu nehmen. Dabei hatte sie vier Kilo zugenommen. Ihr Freund beteuere zwar sie sei wunderschön....aber "schlank" hätte ihr besser gestanden. Das Négligée sollte ihren Freund über die Zeit hinwegtrösten, die sie brauchen würde, um wieder abzunehmen.

...

Als ich heute nach der Klausur in die WG kam, platzte ich direkt in ein "Pärchen-Happening". Klara und ihr Freund und Lissy und ihr vielleicht-bald-Freund. Klaras Freund flüsterte mir zumindest zu, dass er sich in Lissy verliebt hätte, sich aber nicht trauen würde ihr das zu sagen.

Klara und Philipp, ein halbes Jahr zusammen. Klara bis über beide Ohren verliebt. Will jede freie Minute mit Philipp verbringen. Will mit Philipp zusammen ziehen.

Philipp auch verliebt. Hat aber das Gefühl "mit dem Rücken zur Wand zu stehen". Traut sich nicht Klara um mehr Freiraum zu bitten, weil er ihre Gefühlsausbrüche fürchtet. Will definitiv noch nicht mit ihr zusammen ziehen.

Das spielt sich hinter den Kulissen ab.

Was man sieht, spricht natürlich eine andere Sprache. Dass sie sich lieben, scheint eine Selbstverständlichkeit zu sein. Von dem Tauziehen hinter den Fassaden würde man nichts ahnen. Alles bewegt sich nach dem "Takt".

Gestern, so hat mir Lissy erzählt, hätte sich Klara aus der Runde verabschiedet, da sie angeblich müde war. Sie sagte ihrem Freund er könne ruhig noch bei den anderen beiden sitzen bleiben, dennoch bestand er darauf mit Klara schlafen zu gehen.

Danach hörte man drei Stunden lang Keuchen, Stöhnen und ein animalisch-männliches "Rrrrrr...komm her!! "

Verrückt...wie man sich einerseits so unbedingt lieben, so verrückt nach einander sein ...und andererseits so grundlegende Dinge so grundverschieden sehen kann.

Wäre Lissys "Neuer" eine Beziehung, würde ich sie toll finden. Er ist witzig, sie haben den gleichen Humor, nehmen sich gegenseitig auf die Schippe, haben ihre Insider. Einer von beiden kommt auf die Idee den Rest Nudelsoße mit Wodka zu strecken...und beide essen das Dilemma tapfer auf.

Ich frage mich...würde diese Unbeschwertheit aufhören, wenn die beiden ein Paar wären...?

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Dann ist da Carry. Carry führt eine erwachsene, vernünftige Beziehung. Beide reden ganz sachlich darüber, dass sie eh einmal heiraten werden. Keiner von beiden hat je dem anderen einen Antrag gemacht. Einer ohne den anderen ist nicht denkbar. Beide einfach nur nebeneinander unter Freunden an einem Tisch sitzen zu sehen, scheint unmöglich. Entweder ist jeder einzeln bei seinen Freunden oder beide verstecken sich in einer stillen Ecke und kleben knutschend aneinander. Die beiden sind zu einem Ganzen verschmolzen. Sie sind ein Wir.

Gerade in Momenten wie letzter Woche...wo mir der Freiraum und der Abstand fast unerträglich wurden...frage ich mich. Wäre ich glücklicher, wenn ich mich nur noch über meine Beziehung definieren würde...?

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Alle haben ihr Gutes und alle haben ihre Schattenseiten. Das ist immerhin tröstlich. Noch tröstlicher ist, dass ich tatsächlich mit keiner dieser Beziehungen tauschen wollte. Trotz allem.

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Ich habe die Party morgen gecancelt. Alles in mir hat sich dermaßen gesträubt...dass ich direkt wieder meine sieben Sachen gepackt habe und nach Hause gefahren bin.

Statt Kerstins Party winkt mir morgen Abend nun ein Kirchenbesuch mit Fabian.

Im Zug auf der Heimfahrt rief er mich plötzlich einfach an. Weil er meine Stimme hören wollte, weil er sich gefragt hatte wo ich bin, da ich nicht online war...

Und nun ja....morgen Abend ist das zweite oder dritte Sterbeamt für seinen Opa. Und er möchte mich dabei haben...nun ja. Man kann seine Freitagabende sicher mit erfreulicheren Dingen verbringen. Dennoch möchte ich morgen wohl nirgendwo lieber sein als dort mit ihm.

Irgendetwas letztes Wochenende war heilsam. Ich weiß nicht, was es war. Aber Fabian ist wieder ganz da, ohne dass ich etwas tun oder sagen muss. Vielleicht war es einfach nur die Tatsache, dass er nun meine Welt kennt und offiziell ein Teil von ihr ist. Irgendein Knoten ist geplatzt...und ich hoffe sehnlichst der Knoten verknotet sich so bald nicht wieder ^^