Klara in Nöten
Irgendwas war heute mit Klara los. Etwas Heftiges.

Es hätte mir schon heute Morgen auffallen müssen, aber da war ich wohl zu sehr durch den Wind wegen dem Referat.
Als ich in die Küche wankte, um mir erst mal einen Kaffee zu machen, ging Klaras Zimmertür zu meiner Linken scheppernd auf. Klara kam mit versteinertem Gesicht ganz langsam raus und piepste nur ein "morgen", bevor sie wieder rückwärts in ihr Zimmer verschwand so wie sie gekommen war.
Als ich die Wohnung verließ, war ich mir nicht ganz sicher ob ich sie schluchzen oder kichern höre.

Gegen 14 Uhr, als ich wieder nach Hause kam, fand ich an unserer Türklinke einen gestrickten Teddybären vor. Ich überlegte noch ob das irgendwas zu bedeuten haben könnte. Es gibt da ja so Geheimzeichen wie das berühmte Handtuch über der Türklinke....aber mir fiel nichts ein. Also nahm ich einfach das Bärchen und betrat die Wohnung.
Ich fragte Klara ob sie irgendwas von dem Teddy wusste und gleichzeitig erschrak ich als ich sie sah. Ihre Augen waren total verheult und verquollen.
"Vorhin haben da Leute geklopft. Die haben das bestimmt gemacht, weil ich so laut war."
Meine Fragen "wieso zu laut?" und "was ist denn los?" blieben fruchtlos.
Aber Klara muss wohl so laut und herzzerreißend geweint haben, dass die Nachbarin von untendrunter sich genötigt gefühlt hatte nach dem Rechten zu schauen und ihr als Trostpflaster den Teddy schenken wollte.

Sie faselte ne Weile wirres Zeug von wegen jetzt wisse sie ja gar nicht von wem der Teddy sei...wie solle sie sich denn jetzt bedanken...während ich erst mal ne Pizza aß.
Die hatte ich mir selbst als Belohnung fürs überstandene Referat versprochen.
Irgendwann zog Klara sich an und fragte mich ob ich was aus der Stadt bräuchte.
Verwundert betrachtete ich die Uhr: Klaras Bus in die Stadt war bereits seit fünf Minuten abgefahren. Als ich sie darauf hinwies reagierte sie nur noch verwirrter.

In einer Aufwallung einer Art Mutterinstinkt oder wegen meinem "Helfersyndrom" fragte ich sie ob sie nicht Lust hätte nen Kaffee trinken zu gehen.
Sie hatte Lust.
Wir redeten überhaupt nicht über den Vorfall und ich laberte sie eigentlich die ganze Zeit nur mit belanglosem Zeug zu.
Sie vertilkte einen Salat, ich gönnte mir einen Moccaccino und alles war einigermaßen okay.

Zu Hause übten wir die Taekwondo Form für die Prüfung und lachten über alles Mögliche. Fast hätt ich mir auf die Schulter geklopft, dass ich Klara irgendwie wieder aufgeheitert hätte.

Klara ist nicht meine beste und engste Freundin....aber trotzdem war ich etwas genervt, als ich wieder wie ne heiße Kartoffel fallen gelassen wurde, als Lissy heim kam.
Kaum hatte Lissy ihren Mantel ausgezogen, sagte Klara sie solle mal reinkommen.
Lissy meinte nur, nein sie möchte jetzt an ihren Pc. Daraufhin fragte Klara ob sie bitte mitkommen dürfte, woraufhin Lissy sagte: " Ja, aber nur, wenn du mir jetzt nen Tee machst."

Fein, denk ich mir. Wenn es ihr lieber ist von Lissy wie ein kleines Deppchen behandelt zu werden...soll sie doch.
Und trotzdem könnt ich mir fast wieder helfen. Da lass ich ne Vorlesung sausen und verschiebe die Lernerei auf die späten Abendstunden nur um Klara irgendwie fröhlicher zu stimmen und kaum kommt Lissy, könnt ich mir genauso gut in meinem Zimmer mal eben die Pulsadern aufritzen und tröpfchenweise über Stunden hinweg verbluten. Sie würden es absolut nicht merken.