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Tagebuch Sayu
2009-06-25 01:27
Den Tiefpunkt überwinden
Gestern Abend war ich ziemlich fertig mit der Welt.
Einfach so.
Manchmal kommt es doch einfach über einen als ob einem jemand einen Eimer eiskaltes Wasser in den Nacken schüttet.

Ich surfte so durchs Internet und stieß auf dieses Video, das seit einigen Tagen durch die Medien ging. Von dieser jungen Iranerin, die erschossen wurde.
Mir war ja schon vorher klar, dass mir das nicht gut tun würde, aber ich konnte nicht weg sehen.
Sie sieht einen direkt an mit großen traurigen Augen. Und dann auf einmal ist da überall Blut.
Himmel hat mich das erschüttert. Aber man müsste schon durch und durch gefühllos sein, um da nicht erschüttert zu sein.

Und da kam ich plötzlich wieder einmal auf den Gedanken wie sinnlos alles doch ist. Wie plötzlich alles enden könnte.
Im einen Moment bist du noch jung und voller Elan und im nächsten Augenblick hast du eine Kugel im Herz.
Lächerlich, dass ICH über solche Dinge nachdenke, wo ich gut behütet und einfach nur bis dahin schlecht gelaunt in meinem Studentenzimmer saß. Aber lächerlich oder nicht, es hat mich tief tief runter gezogen.
Mein ganzer Körper hat wieder angefangen zu jucken und obwohl ich müde war, wusste ich, dass ich keinen Schlaf finden würde, weil mein Herz ganz panisch schlug.
Ich war fest entschlossen gleich am nächsten Morgen meine Sachen zu packen und sofort nach Hause zu fahren. Ich war mir sicher ich würde es keinen Moment länger aushalten in dieser Wohnung, in der die Feindseligkeit quasi durch die Luft schwirrt. Ich wollte mein Seminar sausen lassen und ich wollte die Lerngruppe sausen lassen mit den zwei Mädels. Nur noch weg wollte ich.

Als ich heute Morgen dann viel zu spät aufwachte, hatte ich das Seminar tatsächlich schon verpasst. Aber ich wusste auch, dass ich nicht nach Hause fahren würde. Ich fühlte mich wie ein ausgelutschtes Bonbon und war immernoch weit entfernt von gut gelaunt.
Aber ich ging zu meiner Lerngruppe und habe mehr als drei Stunden mit Kerstin und Catharina Statistik gemacht bis uns die Köpfe dampften.
Ich hasse Statistik und ich lerne nicht gern.
Aber es hat mich auf andere Gedanken gebracht.
Manchmal muss man wohl einfach weiter machen, auch wenn sich alles in einem zu sträuben scheint und man sich einfach nur verkriechen und über das Unheil der Welt schimpfen möchte.

Ein anderes probates Mittel, mich aus meinem Tief zu reißen, ist mein dauerpessimistischer Kumpel Phil.
Er behauptet ja steif und fest vom Schicksal geschlagen worden zu sein mit einer chronischen Krise.
Dass er die Krise hat, steht nicht zur Debatte. Nur sieht er diese Krise als sein unabänderliches Schicksal an. Und mein Credo ist ja, auch wenn es oft nicht den Anschein hat, dass Krisen 1. zu einem Großteil selbst gemacht sind und 2. vor allem überwunden werden wollen.
Es mag ja Dinge geben, die man einfach als gegeben annehmen muss.
Aber ich bin immernoch der Meinung, dass es dann immernoch bei einem selbst liegt wie man die Situation handhabt.
Es gibt schwerbehinderte Menschen, die vor lauter Lebensfreude strahlen. Die sind "Opfer" eines unabänderlichen Schicksals und haben dennoch nicht zwangsläufig eine lebenslange Krise.

Ich weiß, dass ich nicht selten Parolen zum Besten gebe à la "das Leben hasst mich"....aber wenn ich dann von Phil höre, dass es gerade ihm besonders schlecht geht, weil das Schicksal ausgerechnet ihn zu verfluchen beschlossen hat, dann koche ich innerlich und schreie ihm Kampfparolen entgegen.
Und gebe mir in meiner Raserei selbst Antworten auf meine Krisen.
"Wenn dir dein Leben nicht gefällt, dann ändere es und hör auf zu jammern! " sage ich ihm dann...und "es liegt an dir und an deiner Denkweise...sei nicht so feige und schieb alles aufs Schicksal".

Mal ehrlich.
Mir geht dann echt der sprichwörtliche Hut hoch.
Wie kann man so kampflos aufgeben und den lieben langen Tag nur das Leben verfluchen !
Phil hat nie auch nur einen ernsthaften Versuch unternommen sein Leben umzukrempeln, da es ihm nicht gefällt.
Wie kann er sich da das Recht herausnehmen die Welt so schwarzzumalen?!

Ich bin wütend auf ihn in diesen Momenten.
Und gleichzeitig wütend auf mich. Vielleicht nur wütend auf mich.
Weil ich meinen Hintern selbst so selten hoch bekomme und mich dem Leben stelle.
Weil ich es selbst so oft vorziehe mich einzuigeln und mein schlimmes Schicksal zu verwünschen, weil es ja so viel bequemer ist als wenn ich mein Leben in die Hand nähme.

Es ist nur so schwierig. . .

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Kommentare

11:08 25.06.2009
hm vieleicht gefällt Phil es ja auch so, etwas zu haben worauf man jeden scheiß schieben kann, etwas was sich nicht wert und für die eigen unzulänglichkeit jedemal einfach super und praktisch verantwortlich gemacht werden kann. Hm etwas armseelig mag es sein aber hey scheiß auf die meinung anderer.
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02:41 25.06.2009
tja, gute ratschläge zu geben ist recht einfach.
in den spiegel zu schauen und was zu tun, ist etwas ganz anderes.
aber das geht nicht nur dir so
Good luck!
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2009-06-25 01:27