Aus dem Wunderland...
...zurück in die Realität.
So ähnlich kommt es mir jedenfalls vor.

Wie herrlich sinnentleert diese zwei Monate waren.

Und wie erschreckend sinnvoll nun alles auf einmal ist.
Die Zeiten, in denen meine größte Sorge war, was am nächsten Wochenende geht, sind jedenfalls erst Mal vorbei.
Was nicht das Schlimmste ist.

Die erste Semesterwoche.
Ich renne nur sinnlos in der Gegend herum und komme mir vor wie ein aufgeschrecktes Huhn.
In Soziologie darf ich aufgrund einer Panne des Online-Anmelde-Portals die ganze Woche von Kurs zu Kurs hecheln und mich mit den anderen, die der Panne zum Opfer gefallen sind, um die Handvoll freie Plätze kloppen.
Nicht sehr nett.
Heute Morgen hat es schon mal nicht geklappt.

Und jeden Tag zu einer einstelligen Uhrzeit aufstehen.
Grässlich.
8.30 Uhr.
Hört sich für viele sicher himmlisch an, doch für mich ist das grausam.
Mein Dad nennt mich "der Nachtmensch"
Und damit liegt er gar nicht so falsch.

Naja.
Alles Kinkerlitzchen letztendlich.

Im Online-Dschungel habe ich heute endlich nach ewigen Zeiten meine Noten vom letzten Semester gefunden.
Im Kurs von der Soziologie-Zicke, die mir nach meinem Vortrag ans Herz legen wollte das Fach zu wechseln, habe ich eine 1,3.
Highscore auf meiner bisherigen Rangliste.

Die anderen beiden Kurse jeweils 2,7.
Bin ich zufrieden.

Ich hadere mit mir auf die Semestereröffnungsparty zu gehen.
Weil ich dauernd so müde und K.O. bin.
Aber ich weiß auch, dass das ein wichtiger Schritt ist. Zeichen setzen.

Mit den Zeichen geht es an der Lissy-und-Klara-Baustelle aber gar nicht gut voran.
Ich hab ihnen noch nicht gesagt, dass ich cosplayerisch keine Zukunft für mich sehe.
Denn es ist allgegenwärtig. Sogar bei mir.
In meinem Zimmer hängen zwei selbstgemalte Cosplaygemälde von Lissy. Die ganze Wohnung ist voller Nadeln und Fäden und ständig rattert die Nähmaschine.
Ständig witzeln sie mit irgendwelchen Anime-Insidern.
Seufz.

Und das Schlimmste ist....sie sind nett.
Sie sind ausnehmend freundlich und lieb.
Und sie haben mir von der Leipziger Buchmesse ein Geschenk mitgebracht. Die Animefigur in Miniformat, die ich ursprünglich auf der LBM hätte cosplayen sollen.


Himmel, ich kann das so nicht.

...

Naja...neben all diesen kleinen gemeinen Sörgchen...ist mir heute etwas ganz atemberaubend zauberhaftes passiert.
Filmreif.
Und es hat mir gänzlich den Tag gerettet. Zusammen mit der Entdeckung meiner guten Noten bei der Soziologie-Zicke.

Ich saß erschlagen und abgekämpft im Bus in Richtung "zu Hause".
Ich war eine Viertelstunde vor Ende der Vorlesung schon gegangen, weil die Luft im Saal so dick war, dass man sie hätte schneiden können. Und gemüffelt hats auch.
Ich hocke also im vollgestopften Bus auf meinem Platz, höre MP3-Player und lasse meinen Blick durch die dicht gedrängte Masse schweifen und bemerke einen jungen Herrn.
Blond, sportlich, weißes Hemd, blaue Augen.
Zoom!
Direkter Augenkontakt. Und witzigerweise...ich hab ganz genau gesehen, dass er gezuckt hat. Dann hat er sich beeilt wegzusehen.
Als der Bus sich nach und nach geleert hat, hat er sich immer mehr in meine Nähe geschoben bis er letzten Endes direkt den Stehplatz vor meinem Sitz ergattert hatte.
Dauernd sah er sich dann ganz beiläufig im Bus um, wobei er mich dann jedes Mal zufällig anguckte. Und immer wenn ich hinsah, sah er weg.
Das Spielchen ging dann noch ne Weile so weiter. Und irgendwann hat er dann einfach gelächelt.
Er musste an meiner Haltestelle aussteigen. Oder er stieg an meiner Haltestelle aus. Im Vorbeigehen lächelte ich ihn auch kurz an und tänzelte vor ihm aus dem Bus.
Irgendwann lief er dann direkt neben mir. Und dauernd ging ein Lächeln hin und her, es war nahezu witzig.
Irgendwann bin ich ihm dann aber doch allmählich davon gelaufen und er musste eine Straße früher abbiegen.
Wenn er dort aber wohnt...dann sind wir fast Nachbarn.

Mehr war nicht.
Aber meine Güte...das war wirklich irgendwie toll.
Ist mir noch nie passiert. Zumindest nicht, dass ich wüsste.
Und das in einem Moment, in dem ich dachte ich sehe aus wie der letzte Mensch.


Naja. Unverhofft kommt oft oder wie es heißt.