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Tagebuch PetraM
2016-05-02 04:13
So. 01. Mai 2016 (2)
Ich kann im Moment nicht schlafen. Kein Wunder eigentlich, da ich in der letzten Woche ja tagelang überwiegend nur gelegen und sehr viel geschlafen habe. Wie mein Freund schon sagte, das war bei mir keine harmlose Erkältung, sondern schon eine heftige Virusinfektion. So schlapp hat er mich schon seit Jahren nicht mehr gesehen. Keine Lust zu gar nichts, so ging es mir seit Tagen.

Nun gut, im Moment erwachen meine Lebensgeister langsam aber sicher wieder. Wenn ich schon nicht schlafen kann, dann will ich die Zeit wenigstens zum Schreiben nutzen.

Heute Abend haben wir die Sendung mit den "Puppenstars" geguckt. Die fand ich wieder (so wie in der letzten Woche) total gut. Nicht alles, aber mehrere Auftritte fand ich total klasse, über mehrere Sachen musste ich so richtig lachen. Voll genial, was sich manche so haben einfallen lassen.

Am späten Nachmittag habe ich (so wie jeden Sonntag) mit meiner Mutter telefoniert. Nächste Woche Sonntag, am Muttertag, wollen wir sie nun endlich mal wieder besuchen (wir haben uns ja Anfang Februar, an ihrem Geburtstag, zum letzten Mal gesehen).

Bei dem Telefonat habe ich mal wieder gemerkt, wie wichtig es für Kinder/Jugendliche ist, dass sie ein gutes Umfeld haben, Eltern, die sich um sie kümmern. Natürlich gehört auch eigene Disziplin dazu, aber nicht nur.

Meine Cousine (3 Jahre älter als ich, die Tochter von der Schwester von meiner Mutter, also von meiner Tante) hat 2 Söhne. Einer ist jetzt 25 Jahre, der andere ist 20 Jahre. Der Mann von meiner Cousine ist vor vielen Jahren Alkoholiker geworden und an den Folgen bereits vor ein paar Jahren gestorben.

Ihre beiden Söhne haben übrigens auch den gleichen Gen-Defekt mit der schwachen Muskulatur wie ich. Aber beide gehen anders damit um.

Der 25 jährige hat zwar seit Jahren starke Schmerzen, kann kaum noch Laufen, ist damit in Behandlung (auch KG, Wassergymnastik usw.), geht aber dennoch seinen Weg. Er war auf der Realschule (auf der gleichen Schule, auf der ich in der 5. und 6. Klasse war), hat dort einen sehr guten Abschluss gemacht (in Mathe war er sogar Jahrgangsbester, im Kopfrechnen ist er, ganz im Gegensatz zu mir, absolut 1 A), hat anschließend eine Ausbildung zum Bankkaufmann gemacht (was früher ja, nach meinem Praktikum bei der Bank, mein Traum gewesen ist, den ich jedoch nicht erreicht habe), die er ebenfalls mit sehr gut abgeschlossen hat und hat sich danach mit einer Versicherungsagentur selbständig gemacht (was sehr gut läuft, zur Zeit baut er ein Eigentumhaus). Ja, er hat es (abgesehen von der blöden Muskelerkrankung, von den Schmerzen) wirklich geschafft. Von Sport hält er übrigens gar nichts, deswegen ist bei ihm die Muskelerkrankung auch so ausgeprägt. Er hat erst vor kurzem, als die Schmerzen immer intensiver wurden, mit KG usw. angefangen.

Ja, aber der 20 jährige Sohn meiner Cousine ist das totale Gegenteil. Er hat die Schule schon nach der 6. Klasse geschmissen. Ist einfach nicht mehr hingegangen. Er wohnt immer noch bei meiner Cousine (also seiner Mutter), die ihn finanziell von vorne bis hinten unterstützt. Hin und wieder nimmt er einen Gelegenheitsjob an, aber bloß nichts zu anstrengendes. Eine Ausbildung kommt für ihn gar nicht in Frage. Zum einen da er ja keinen Schulabschluss hat, aber auch, weil ihm alles auf Dauer zu schwer wird. Auch wegen seiner Schmerzen (wegen der Muskelerkrankung). Er hat bereits mit 18 Jahren 80 % Schwerbehinderung anerkannt bekommen (ich habe für die gleiche Erkrankung ja gerade mal 30 % bekommen). Sobald ihm bei den kleinen Jobs die Arbeit etwas zu schwer, zu anstrengend wird, holt er seinen Schwerbehindertenausweis raus und schon ist er die Arbeit wieder los.

Vor kurzem (nach einer schweren Prügelei, bei der auch die Polizei eingeschaltet worden ist) wurde nun auch bekannt, dass er ins Drogenmilieu abgerutscht ist. Ja, er ist das total schwarze Schaf unserer Familie. Bei ihm sage ich halt immer, dass bei seiner Erziehung sein Vater gefehlt hat, der damals (wegen dem Alkohol) schon so schwer krank war, so abgesackt war, dass er sich nicht mehr um ihn kümmern konnte. Ich glaube nicht, dass er nochmals aus dieser Situation raus kommt. Dann müsste wirklich ein Wunder passieren.

Letzte Tage habe ich in einer Zeitschrift die Frage gelesen, ob es in "meinem" Leben (also dem Leben des Lesers) eine "Schnittstelle" gibt, die man als vorher und nachher bezeichnen kann.

Ja, diese Schnittstelle würde ich in meinem Leben bei 19 Jahren ansetzen. Davor war meine Kindheit, einschließlich der Erziehung durch meinen Vater und danach kommt mein Leben und meine Zukunft mit meinem Freund.

Auch wenn mein Vater zum Teil sehr streng gewesen ist, trotzdem bin ich froh, dass ich ihn damals hatte. Die vielen Schläge in den Nacken hätten natürlich nicht sein müssen, aber ansonsten finde ich hat er das meiste bei mir richtig gemacht (wer weiß, wie meine Schulzeit ansonsten gelaufen wäre). Immerhin hat er mich immer "nur" in den Nacken geschlagen. Wenn meine Eltern Streit hatten (meistens auch dann, wenn mein Vater was getrunken hatte), dann hat er meine Mutter sogar des Öfteren ins Gesicht geschlagen, so dass sie dann ein blaues Auge hatte, auch abends mit einer Sonnenbrille rumgelaufen ist.

Auf die Frage einer Psychologin, wann ich als Kind besonders glücklich war, habe ich damals deswegen auch geantwortet, wenn meine Eltern glücklich waren, sich nicht gestritten haben. Zwischen den Beiden ging es immer wieder Auf und Ab. Mal gab es heftigen Streit, zeitweise standen sie sogar kurz vor einer Scheidung und zeitweise haben sie sich super gut verstanden. Ich habe bei den Beiden alles miterlebt.

Ja, aber trotzdem habe ich auch sehr viele schöne, positive Erinnerungen an meinen Vater.

Wie ich letzte Tage schon geschrieben habe, hat er auch immer wieder viele Sachen mit mir zusammen unternommen. Z. B. an Heiligabend unsere gemeinsamen Touren, die wir jedes Jahr gemacht haben (damit meine Mutter in der Wohnung genug Zeit für die Vorbereitungen hatte).

Oder auch der Sport. Mein Vater war ja durch und durch sportlich, das Interesse dafür habe ich wohl von ihm geerbt. Er hat als Jugendlicher als Boxer angefangen (das ist jedoch gar nichts für mich), war in seiner Jugend auch ein guter Tänzer (also in einer Tanzschule auch der Vortänzer, an dem sich die Tanzschüler orientieren konnten), Jogging/Waldlauf war immer schon seine Leidenschaft und später im Turnverein ging er dann ganz in der Leichtathletik auf.

Durch ihn bin ich dann ja auch im Turnverein groß geworden. Ob ich wollte oder nicht, jeden Sonntag Nachmittag ging es für mindestens eine Stunde zum Sport. Im Sommer auf den Sportplatz (mit Laufen, Weitsprung, Kugelstoßen usw.) und im Winter in die Turnhalle (mit Matte, Ringen, Trampolin, Reck usw.). Auch wenn ich keine Lust dazu hatte, diese Termine waren Pflicht für mich.

Ja, und in unseren Urlauben sorgte er auch für viel Bewegung. Im Herbst und Winter ging es nach Österreich. Stundenlange Wandertouren durch die Berge, jeder "Trimm-Dich-Pfad" wurde mitgenommen (also Übungen rund um Baumstämme) und wenn es bei der Pension eine Tischtennisplatte gab (was meistens der Fall war), dann haben wir jeden Tag mehrere Runden Tischtennis gespielt (davon habe ich noch mehrere Fotos). Mein Vater war darin sehr gut, hat mich immer sehr um die Platte rumgescheucht.

Im Sommer ging es immer ans Meer, Italien oder Spanien. Ins Wasser hat er mich nie so richtig bekommen, höchstens auf meiner Luftmatratze. Allerdings auch nur so lange, bis "eines Tages" eine etwas größere Welle kam und ich mit dieser Luftmatratze "umgedreht" worden bin. Einmal ab unter Wasser. Danach war es bei mir aus, danach bekam mich keiner mehr ins Wasser (ins Meer). Mein Vater liebte es im Meer zu schwimmen, auch das Schnorcheln, aber das war nichts für mich (das habe ich ja mal in der Wanne geübt, aber sobald ein Tropfen Wasser in den Schnorchel kam, da bekam ich so eine Panik, dass ich das nie wieder gemacht habe).

Aber auch am Strand kann man so einiges machen. Abgesehen vom Joggen haben wir dort täglich Boccia gespielt, mit Frisbee-Scheiben (dabei gab es einiges zu Rennen, da ich nie gerade gezielt habe), Badminton, Speed-Ball (wo jeder 2 Griffe hat, diese immer wieder schnell auseinander ziehen muss, ein Ball dabei mittig auf diesen Gummibändern hin und her schießt) usw. Es gab so einige Sportarten, die wir im Urlaub Tag für Tag gemacht haben (kein Tag ohne Bewegung, ohne Sport).

Mit meinem Vater hat man beim Sport auch immer viel Spaß bekommen.

Ja, und mittags ging es ab aufs Zimmer, also erst zum Mittagessen und dann wurde für die Schule geübt. Wir haben immer vorher (zu Hause) durchgesprochen, welche Fächer aktuell am wichtigsen sind (wobei Deutsch und Mathe immer dazu gehört haben) und jeden Mittag haben wir eine Stunde zusammen für die Schule geübt. Ohne wenn und aber, das war Mittags immer mein Pflichtprogramm (auch davon habe ich noch heute Fotos als Erinnerung, die meine Mutter damals von uns gemacht hat, wenn wir zusammen auf dem Bett saßen, die Schulsachen zwischen uns auf dem Bett ausgebreitet haben).

In der 8. Klasse hatte auch ich keine Lust mehr auf die Schule, aber dank meines Vaters habe ich sie dann ja doch ziemlich gut abgeschlossen (nach der 10. Klasse mit der Fachoberschulreife, mit der Zulassung zum Abi, was ich jedoch nie machen wollte).

Auch wenn mein Vater zur Abendschule war (als er damals die berufliche Umschulung bzw. Fortbildung bezüglich des Röntgens gemacht hat), trotzdem haben wir am Wochenende und auch morgens beim Frühstück alle Schulsachen, Hausaufgaben und Klassenarbeiten durchgesprochen. Er war immer auf dem Laufenden, wusste immer über alles Bescheid. Er hatte immer alles im Griff.

Natürlich bekam ich auch mächtig Ärger, wenn was schief gelaufen ist, wenn eine Klassenarbeit daneben gegangen ist. Dann schrie er mich an, es folgten heftige Vorwürfe und ich bekam einige Schläge. Aber später setzten wir uns dann wieder ruhig zusammen und er hat so lange mit mir zusammen geübt, bis ich es konnte, so dass die nächste Arbeit dann wieder so gut war, so dass ich die schlechte Note wieder ausbügeln konnte. Ja, und bei guten Noten bekam ich von ihm dann auch Anerkennung, worüber ich mich dann immer so richtig gefreut habe (einschließlich Taschengelderhöhungen, worüber ich dann natürlich so richtig happy war).

Mathe war ja eh seine "Leidenschaft", sein Hobby sozusagen. Darin habe ich von ihm die meiste Nachhilfe bekommen (fast täglich). Allerdings hatten wir darin auch den meisten Streit, weil ich darin halt große Probleme hatte. Die ganzen Formeln, ich habe sie nie wirklich begriffen, habe sie, nach seinen Angaben, im Grunde nur auswendig gelernt, so dass ich sie bei der nächsten Arbeit dann anwenden konnte. Nach den Klassenarbeiten habe ich die meisten Sachen dann schnell wieder vergessen. Im Grunde das gleiche Schema wie bei Englisch und Französisch. Für die Arbeiten habe ich (mit meinen Nachhilfe-Lehrern, zwei Studenten) die dafür benötigten Vokabeln auswendig gelernt, die meisten Klassenarbeiten mit 2 oder 3 geschrieben und danach das erlernte relativ schnell wieder vergessen (sowohl die Vokabeln als auch die Formeln in Mathe).

Hängen geblieben sind in meinem Kopf nur die Sachen, die mich wirklich interessiert haben, die mir Spaß gemacht haben, die ich auch wirklich richtig begriffen habe.

Auch Physik habe ich nur dank meines Vaters geschafft. Darin haben wir viele Experimente gemacht. Darin war mein Vater sehr gut. Man brauchte ihm nur ein Stichwort zu geben und schon ließ er sich dafür sehr gute Experimente einfallen, wie man diese Sache gut und logisch darstellen kann. Das hat er mit mir zu Hause dann so lange geübt, bis ich es richtig konnte, es selber begriffen hatte und es auch anderen logisch erklären konnte. In der Schule (bei unserem Lehrer) fand ich Physik immer total langweilig, aber dank der guten Experimente meines Vaters, die ich in der Stunde dann allen gezeigt und erklärt habe, konnte ich meine Note darin dann immer gut und stabil halten.

Ebenso in Technik. Auch dabei hat er mir immer sehr gut geholfen. Auch darin gab es viele Experimente oder kleine Hausaufgaben. Mal ging es um Laubsägearbeiten, mal um den Lötkolben usw. Jedes Mal ging mein Vater dann sofort mit mir in den Baumarkt und holte alles, was wir dafür brauchen. Dann haben wir uns im Wohnzimmer breit gemacht und er hat so lange alles mit mir geübt, bis ich es konnte, es auch in der Schule vor meinem Lehrer vormachen konnte. O. k., mein Vater war nie er Geduldigste, es gab bei allen Sachen viel Stress und Streit, aber dennoch gab er nie auf, bis ich es richtig konnte, so dass ich auch in Technik meine Noten stabil halten konnte.

Und für Deutsch, was ja eh immer mein Lieblingsfach war, war immer sein bester Freund "zuständig". Aber gerade, weil es mein Lieblingsfach war, wollte ich mich damit lieber alleine beschäftigen (viel Lesen oder auf der Schreibmaschine schreiben). Stattdessen ist mein Vater mit mir jeden Sonntag Nachmittag (nach unserem Sport) zu seinem Freund gefahren, der in Deutsch super gut gewesen ist (er ist vor ein paar Jahren leider gestorben) und dort habe ich dann ebenfalls eine Stunde "Nachhilfe" gehabt. Von ihm habe ich allerdings viele Wörter kennengelernt, mit denen ich mich vorher nicht beschäftigt hatte. Zum einen sah er sich alle meine Hausaufgaben (in Deutsch) an, also alle Diktate, Aufsätze, Niederschriften usw. und es folgten damals so einige Korrekturen (dabei lag immer ein Duden neben uns).

In einem Jahr mussten wir viele Wiedergaben schreiben, also unsere Lehrerin las uns während der Stunde aus einem Buch eine Geschichte vor und wir mussten diese Geschichte dann mit eigenen Worten möglichst genau wieder geben. Darin war ich damals ziemlich gut, gab meistens die genaueste Wiedergabe ab, aber dennoch fand der Freund meines Vaters auch darin ein paar Fehler (woraus ich dann aber auch gelernt habe).

Außerdem bereitete er Woche für Woche kleine Diktate vor, die er mir diktiert hat, die ich bei ihm dann sofort mitschreiben musste. Ja, und darin baute er immer absichtlich ein paar schwere Wörter ein, die ich bis dahin noch nicht so kannte. Aber diese Wörter, die Fehler habe ich mir damals immer total gemerkt (ein paar Wörter davon habe ich bis heute im Kopf) und wenn diese oder ähnliche Wörter dann später in der Schule in einem Diktat vorkamen und alle anderen damit Probleme hatten, dann habe ich sie sofort richtig geschrieben. Damals wurde ich mehrmals wegen solcher Wörter von meiner Lehrerin vor der Klasse gelobt, was mir damals in solchen Momenten dann total peinlich gewesen ist.

Ja, ich bin wirklich froh, dass ich damals meinen Vater hatte, dass er mir (auch als ich keine Lust mehr auf Schule hatte) immer so geholfen hat. Immer etwas "Druck" gemacht hat, mich so gut durch die Schulzeit gezogen hat. Wer weiß, was aus mir geworden wäre, wenn ich in der 8. Klasse, als ich keinen Bock mehr darauf hatte (und notenmäßig keinen Hauptschulabschluss mehr geschafft hätte) so wie der Sohn meiner Cousine die Schule geschmissen hätte.

Nein, wenn ich so etwas höre, dann bin ich wirklich froh darüber, wie es gelaufen ist, dass mein Vater zeitweise etwas strenger war und dass ich durch ihn so einen guten Abschluss geschafft habe (er ist ja gestorben, als ich mitten im 2. Ausbildungsjahr war). Ja, auch wenn er sehr streng war, trotzdem weiß ich, was ich damals an ihm hatte, was ich ihm alles verdanke (dass ich jetzt im Berufsleben auch da stehe, wo ich jetzt bin).

So, das musste mal sein, das musste ich jetzt einfach mal alles so aufschreiben.

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