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Tagebuch PetraM
2017-03-04 05:05
Fr. 03. 03. 2017
Der Freitag ist für mich seelisch sehr hart gewesen.

Nachts habe ich mal wieder sehr schlecht geschlafen, hatte einen Alptraum nach dem Anderen. Diese blöden Träume sind immer so real, dass ich danach dann total durcheinander bin, total durch den Wind bin.

Ich habe auch von der Arbeit geträumt, dass ich einen Fehler gemacht hätte (keine Ahnung, worum es dabei ging), deswegen Ärger bekommen hätte, mein Chef sich dann aber für mich eingesetzt hätte. Also dass dieser Traum dann letztendlich auch positiv wurde. Ich weiß auch nicht, warum ich plötzlich so negativ (von einem Fehler) von der Arbeit geträumt habe, irgendwie verarbeitet mein Gehirn nachts halt mal wieder alle Eindrücke des Alltags kreuz und quer durcheinander.

Auf jeden Fall haben mich alle Träume total aufgewühlt und morgens stand ich total neben mir, kam nicht so richtig in die Gänge. Ich weiß nicht, wie oft ich die "Schlummer-Taste" gedrückt habe, auf jeden Fall kam ich erst gegen 8 Uhr so richtig zu mir. Um diese Zeit wollte ich eigentlich längst fertig bzw. eigentlich auch schon unterwegs sein.

Ich habe mich dann total beeilt, zack-zack fertig gemacht und war innerhalb von einer halben Stunde draußen, was für mich (sogar mit Frühstücken) sehr schnell ist.

Es kam dann nur ein "halber" Zug, also nur ein Abteil, das natürlich sehr voll war, aber mit viel Glück habe ich fast sofort einen Sitzplatz gefunden.

Kaum im Büro bekam ich von meiner Mutter eine SMS, ob alles in Ordnung wäre? Ja, bei mir war alles in Ordnung. Immerhin habe ich es geschafft, dass ich noch 45 Minuten Plus machen konnte. Zwar nicht die geplanten 1,5 Stunden, aber immerhin die Hälfte davon.

Dann schrieb sie mir, dass sie seit abends im Krankenhaus ist. Ihr Freund wurde von der Intensivstation auf ein Einzelzimmer, ins Sterbezimmer verlegt. Die Ärzte haben ihr einen großen Sessel dort rein geschoben. Darauf hat sie die ganze Nacht geschlafen. Sie bleibt jetzt so lange dort, hält seine Hand, bis es soweit ist. Dann würde sie sich melden....

Diese SMS ging mir durch und durch. Auf der Intensivstation lag er nun ja seit genau 2 Wochen, aber auf dem Sterbezimmer, das ist jetzt so "endgültig". Und meine Mutter tut mir so unendlich leid. Solange sie nur stundenweise dort ist, hat sie zu Hause ja auch immer etwas Ablenkung. Telefoniert mit verschiedenen Personen, guckt neben Fernsehen usw. Aber 24 Stunden nur mit ihm alleine im Sterbezimmer, ohne alles (kein Radio usw.), nur still seine Hand zu halten, die ganze Nacht hindurch. Einfach nur total krass...!!!

Ja, und in diesem Moment kamen mir vor lauter Aufregung dann natürlich auch die Tränen geschossen. Ich habe dann auch mit 2 Kollegen darüber gesprochen, damit sie wissen, was los ist, weshalb ich plötzlich am weinen bin.

Ich habe mich dann zwar auf die Arbeit gestürzt, wollte mich so gut es geht ablenken, aber es fiel mir sehr schwer. Zum Glück habe ich ja viele "kleine" Aufgaben, also auch die Telefonzentrale, den Postdienst usw. Dadurch kam ich auch auf andere Gedanken.

Aber ganz abschalten konnte ich nicht. Mein Blick wanderte immer wieder zum Handy. Kam eine SMS, war es jetzt soweit? Nein, bis jetzt lebt er immer noch.

Ich wollte mich eigentlich um die Buchhaltung, um Rechnungen kümmern, aber das werde ich am Montag machen. Ich konnte nicht klar denken, hatte Angst, dass ich einen Fehler machen würde. Dabei muss ich mich konzentrieren können. Das brachte am Freitag nichts.

Zwischendurch habe ich ein paar Briefe geschrieben. Selbst dabei habe ich kleine Fehler gemacht, die ich dann natürlich schnell korrigieren konnte. Lieber kleine Tippfehler als falsche Buchungen durchzuführen. Diese Briefe sollen per Einschreiben/Rückschein versendet werden, was ich dann auch noch vorbereitet habe.

Den ganzen Tag über war ich in Gedanken bei meiner Mutter. Mir war es so richtig flau im Magen, eine leichte Übelkeit, ganz leichte Bauchschmerzen. Trotzdem habe ich was gegessen und natürlich auch getrunken, damit mein Kreislauf bloß nicht schlapp macht.

Abends zu Hause habe ich mich direkt per Handy mit meiner Mutter in Verbindung gesetzt. Ja, sie ist immer noch im Krankenhaus. Sie war nur morgens ein knappes Stündchen zu Hause, weil sie ihre Spritze (Diabetes) holen musste. Daran hatte sie am Donnerstag nicht gedacht bzw. ja auch nicht eingeplant, jetzt rund um die Uhr dort zu bleiben.

Die Krankenschwestern haben ihr zwischendurch eine Scheibe Brot aus der Krankenhaus-Kantine ins Zimmer gebracht, bevor sie dort noch zusammen klappt.

Laut Arzt hätte er seine letzte Reise jetzt angetreten. Er hat Fieber, über 39 Grad, das ständig steigt. Er bekommt jetzt die höchste Morphium-Dosis und auch ein starkes Schlafmittel, damit er gar nichts mehr mitbekommt.

Meine Mutter war am Telefon am weinen ohne Ende. Sie war nur dran, ich kann nicht mehr, ich kann nicht mehr, hoffentlich wird er bald erlöst.... Die ganze Zeit saß (bzw. sitzt) sie an seinem Bett und hält seine Hand.

Ich muss ganz ehrlich sagen, das könnte ich seelisch nicht. Daran würde ich völlig zusammen brechen. Mein Freund hat auch gesagt, sollte so eine Situation bei uns eintreten, dann solle ich es bitte bloß nicht machen, also rund um die Uhr an seinem Bett zu sitzen. Er bekommt ja eh nichts mehr mit, ist im Tiefschlaf. Als der Vater von meinem Freund vor 12 Jahren gestorben ist (auch im Krankenhaus, erstickt nach einem schweren Asthma-Anfall), da war auch er zu Hause, hat sozusagen auf den Anruf vom Krankenhaus gewartet. Seine Schwester genauso.

Nach diesem Telefonat habe ich (schon alleine wegen dieser ganzen Aufregung) dann erst mal so richtig losgeheult. Meine Mutter tut mir wegen der ganzen Situation so unendlich leid. Ich brauchte etwas, bis ich mich wieder beruhigt hatte.

Dann habe ich was gegessen, zwei panierte Hähnchenschnitzel sowie etwas (bzw. den Rest) vom Krautsalat. Etwas später noch ein paar Weintrauben.

Abends kam auf MDR ja die Schlagersendung von Rossy, Ross Antony. Darauf hatte ich mich die ganze Woche gefreut. Wir haben es zwar geguckt, sie war ganz gut, aber so ganz war ich dennoch nicht bei der Sache. Aber immerhin hatte ich etwas Abwechslung. Es waren ja auch "meine" Sänger dabei, so wie Feuerherz, Klubbb3, Maite Keller, Beatrice Egli usw. Den Rest habe ich nur nebenbei mitbekommen.

Meine Mutter guckt das ja eigentlich auch immer, stattdessen sitzt sie jetzt halt seit (über) 24 Stunden in diesem Zimmer, völlig ruhig, kein Radio, kein Fernseher und hört nur auf die Atmung ihres Freundes. Ganz schrecklich...!!

Wie der Samstag jetzt abläuft, das wissen wir noch nicht. Das entscheidet sich morgens, also ob sich meine Mutter gemeldet hat. Wenn ihr Freund noch lebt, dann bleibt sie weiterhin im Krankenhaus an seinem Bett, dann fahren wir nächste Woche Samstag zu ihr. Aber sollte er in dieser Nacht sterben und sie es mir per SMS mitteilen, dann braucht sie auch etwas Ablenkung, dann fahren wir mittags auf jeden Fall zu ihr.

Wir haben uns auf jeden Fall den Wecker gestellt. Früh aufstehen, dann erst mal Einkaufen fahren. Und Nachmittags sind wir dann ja zum Essen verabredet.

Darauf freuen wir uns auch schon. Diese Ablenkung wird uns auch gut tun. Das will mein Freund auch keinesfalls absagen. Immerhin kommt ja auch die 90jährige Schwiegermutter von seiner Schwester mit. Wer weiß, wie lange wir sie noch haben. Solche Termine (gerade auch mit ihr) möchte mein Freund nicht so gerne absagen.

Sport habe ich abends natürlich keinen mehr gemacht, aber das hatte ich auch nicht eingeplant.

Nach der Schlager-Sendung habe ich trockene Wäsche weg sortiert (weil ich am Wochenende wieder waschen will, dafür dann die leeren Wäscheständer wieder brauche). Gegen 23 Uhr kam bei mir der tote Punkt. Zwischendurch kamen mir auch immer mal wieder ein paar Tränen.

Ich bin wegen der ganzen Situation auch so extrem nervös, habe im Laufe des Abends geknibbelt ohne Ende, bis ich blutige Stellen hatte. Mein Freund sprach mich zwar mehrmals an, dass ich damit aufhören sollte, aber ich konnte mein Unterbewusstsein irgendwie nicht so richtig steuern.

Zwischendurch habe ich auch zur Schokolade gegriffen, habe sie aber nicht gegessen. Ich habe von Weihnachten noch die Kinderschokolade liegen. Ich wollte sie essen, aber mein Freund fragte direkt, ob ich dieses "Frustessen" jetzt wirklich wolle. Nein, im Grunde nicht. Nach dem Sport gestern Abend hatte ich heute morgen immerhin 200 g weniger, was ich positiv fand, worübre ich mich gefreut habe. Ja, Sport ist schon was schönes, es macht Spaß und nebenbei verbrennt man Kalorien, so dass man davon auch abnimmt. Nein, anstelle von Schokolade habe ich dann lieber noch ein paar Weintrauben gegessen (süße gesunde Vitamine naschen) sowie einen Vanille-Quark. Zwar auch ein paar Kalorien, aber ganz bestimmt weniger als eine Tafel Kinderschokolade.

Ich habe mich dann auf die Couch gelegt und bin etwas eingeschlafen.

Gegen 23.30 Uhr wurde ich wieder etwas wach. Auf WDR kam Dittsche, also Olli Dietrich. Im Januar ist doch "Schildkröte" gestorben, der dabei immer mitgemacht hat. Diese Serie gucken wir eigentlich so ziemlich regelmäßig. Der Sohn von "Schildkröte" soll jetzt öfters mal mitspielen, so auch bei dieser ersten Folge von der neuen Staffel. Aber so richtig ersetzt wird er nicht werden. Aber schön, dass die Serie nicht ganz eingestellt wird, sondern trotzdem weiter läuft. Die Hauptdarsteller sind ja eh Olli und Ingo.

Ein Stück, etwa 10-15 Minuten habe ich dann im Halbschlaf mitgeguckt, aber dann bin ich richtig eingeschlafen (bin gegen 3 Uhr wieder wach geworden und wollte hier schon mal schreiben, dafür werde ich am Samstag ja nicht so viel Zeit haben).

Ansonsten beschäftige ich mich weiterhin mit diesem "Asperger-Syndrom", lese diesbezüglich zur Zeit sowohl ein E-Book als auch ein richtiges Buch.

Ich sage mal so, ich erkenne mich darin halt total wieder. Für mich ist das positiv. Wenn ich in manchen Sachen anders als andere bin, anders denke, anders reagiere als es "erwartet" wird, dann galt ich früher halt immer als "doof und bekloppt", habe mir selber Vorwürfe gemacht, weil ich halt so bin, wie ich halt bin. Ja, aber seit ich von diesem Asperger-Syndrom gehört habe, mich damit beschäftige und weiß, dass es viele Menschen gibt, die in vielen Dingen genauso Denken, genauso Fühlen wie ich es mache, seitdem fühle ich mich besser, seitdem geht es mir auch seelisch besser. Seitdem mache ich mir selber keine Vorwürfe mehr, wenn ich anders Denke oder reagiere. Ja, ich bin halt so, wie ich bin.

Und jedes Mal, wenn ich in einem Artikel etwas über "typische" Charaktereigenschaften lese, dann fallen mir immer wieder sofort zig Situationen ein, in denen es mir (im Laufe des Lebens) im Grunde genauso ging und die Anderen mal wieder meinten, dass ich so seltsam, so bekloppt sei....

Alles trifft auch mich natürlich nicht zu, jeder Mensch ist auf jeden Fall anders. Aber der Großteil stimmt auf jeden fall.

Diesbezüglich habe ich wieder einen guten, interessanten Artikel gefunden, mit dem ich mich zu mindestens 90 % voll und ganz identifizieren kann.

http://autismus-kultur.de/autismus/asperger.html

So, jetzt versuche ich ein paar Stunden zu schlafen. Hoffentlich mal ohne die heftigen Alpträume.

Kommentare

04:04 05.03.2017
Ganz prima, wie Deine Mutter tapfer dabei ist. Seinerzeit bei meinem Vater schlief ich auch drei Nächte bei ihm im Zimmer, dann ging es allerdings wieder etwas besser und zuletzt war ich dann leider doch nicht dort. Euch alle Kraft!
Good luck!
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06:33 04.03.2017
Deine Mutter ist sehr tapfer, dass sie ihren Freund so eng begleitet. Hoffentlich schafft er bald den letzten Schritt.

Ich bin immer wieder total verwundert, dass du erst seit kurzem von Asperger weißt. Schon bei den ersten paar Texten, die ich von dir las, dachte ich daran.

Der Sohn einer Kollegin hat Asperger und daher weiß ich (seit etwa 15 Jahren) etwas mehr über das Syndrom und hab auch einiges gelesen. Es gibt tolle Bücher über und VON Menschen, die das haben.

Schön, dass du dich endlich finden kannst und dein "Anderssein" so sicher besser akzeptieren kannst.
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2017-03-04 05:05