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Tagebuch PetraM
2018-10-04 02:37
02.11.2010 (Reha-Tagebuch)
Hallo zusammen,

das war heute nicht wirklich "mein Tag", ich hatte heute ziemlich starke Depressionen und ich weiß nicht mehr, wie viel ich geweint habe, immer und immer wieder. Als "Tagesabschluss" habe ich mir dann 30 Minuten lang den Frust von der Seele "gestrampelt" (auf dem Fahrrad-Ergometer natürlich) und habe danach schon mal mit dem Kofferpacken angefangen (knapp die Hälfte habe ich geschafft, den Rest mache ich dann morgen Abend).

Mein Tag fing mit einem Einzelgespräch bei der Psychologin an (dass später noch weitere für mich folgen würden, das wusste ich zu diesem Zeitpunkt natürlich noch nicht). Zunächst ging es darum, welche positiven Aspekte ich aus der Reha mit nach Hause nehme, sowohl was die körperlichen Sachen angeht (KG, Nordic Walking, mehr Schwimmen und Aquajogging) aber auch was die seelischen Sachen angeht. Dabei habe ich voll und ganz versagt. Mein Ziel war es ursprünglich gewesen, hier ein paar Kontakte zu knüpfen. Stattdessen habe ich in der letzten Woche an jedem Abend alleine auf dem Zimmer gesessen und habe sehr viel geweint. Die Psychologin wurde sofort sehr "hellhörig" und ist intensiv auf dieses Thema ("soziale Kontakte") eingegangen und hat sich verschiedene Situationen beschreiben lassen, die ich hier während der Reha mit den anderen "erlebt" habe.

Schon während meiner Schilderungen (wobei mir wegen dem "Versagen" ständig die Tränen kamen) hat sie aufgrund meiner Wortwahl gemerkt, dass ich zwar durchaus Kontakte knüpfen wollte, aber durch meine stille und dadurch mehr oder weniger "abweisende" Art den Anderen unbewusst signalisiert habe, "Lasst mich in Ruhe, ich will nicht mit euch zusammen sein". Als sie mir das so gesagt hat, kamen bei mir immer und immer mehr Tränen. Nein, so hatte ich mir das Ganze ganz bestimmt nicht vorgestellt und auch nicht gemeint. Ich wollte mich dann bei den Anderen nicht "Aufdrängen" und habe auf ein "Zeichen" gewartet, dass wir mal wieder etwas zusammen machen. Aber die Psychologin meinte, nach meiner abweisenden Art wäre dieses Zeichen von den anderen niemals gekommen. Sie meinte zu mir, dass ich zwar sehr sympathisch wirke, aber durch meine stille und abweisende Art die Kontaktversuche der Menschen völlig abblocken würde. Diese Erkenntnis (dass ich so extrem negativ rüber komme) traf mich völlig hart und ich habe sehr viel geweint (auch jetzt kommen mir bei der Erinnerung an dieses Gespräch wieder die Tränen). Ich bin ja froh, wenn ich mit Menschen gut klar komme und gelegentlich mal gut ins Gespräch komme, dass ich dann zum Teil eine so abweisende Art haben soll, das war mir nicht im geringsten bewusst. Kein Wunder, dass ich es nicht schaffe, mal eine gute Freundschaft zu gründen.

Dann hat sie mich gefragt, wie ich denn mit den Kollegen klar kommen würde. Daraufhin habe ich ihr einige Situationen erzählt, wie still ich dort immer bin, dass ich mich immer aus allen gemeinsamen Aktionen (Weihnachten, Geburtstage usw.) völlig ausklammere, dass ich, wenn mal alle zusammen sind, den Mund eh nicht aufbekomme (auch aus "Angst" vor der Gruppe zu "versagen", den "Anforderungen" nicht gerecht zu werden) und dass ich mich im Laufe der Zeit schon oft genug als Außenseiter gefühlt habe (wie halt überall im Leben - auch bei der Wassergymnastik, wenn ich nicht schnell genug Laufen kann, aber daran werde ich weiter Arbeiten!).

Daraufhin hielt sie mir einen kleinen Vortrag, wie "gefährlich" mein Verhalten wäre und dass ich mich dadurch immer mehr in die Rolle des Außenseiters drängen würde. Aber dadurch würden die sozialen Kontakte, die ich für eine positive Ablenkung dringend benötigen würde, völlig fehlen. Umso mehr ich dadurch alleine bin, umso mehr konzentriere ich mich auf meinen Körper und steigere mich immer mehr in die Schmerzen rein. Wenn ich mein Verhalten nicht ändern würde (und unter Leute gehen würde), woran ich unbedingt arbeiten soll (auch mit psychologischer Hilfe), dann würde die beste Therapie bei mir auf Dauer nicht helfen. Dieses Gespräch war für mich verdammt hart. Etwas später rief sie mich auf meinem Zimmer an und wir haben dieses Gespräch dann noch weiter geführt. Sie gab mir die Internet-Adresse von Schmerztherapeuten, die für solche Fälle ausgebildet sind. 

Zwischendurch war ich dann noch kurz beim Orthopäden zum Abschlussgespräch, aber dieser Arzt ist völlig stur. Er gab mir gar nichts schriftliches und verwies mich nur auf meinen Hausarzt (über den der Reha-Antrag ja lief). Ich solle mich in etwa 2 Wochen an ihn wenden, dann müsste der Bericht dort vorliegen. Die Psychologin sagte, sie würde auch noch ein paar Kommentare dort rein schreiben. Als ich ihn als "Beschwerde" auf die Massage ansprach, die er mir ja nicht geben wollte, da meinte er wieder zu mir, dass ich mich nicht so darauf versteifen solle, er würde eh nicht verstehen, dass das bei mir so gut wirkt. Muskelaufbau wäre bei mir wesentlich wichtiger als die Muskellockerung. Und als ich ihn auf die immer stärker werdenden Schmerzen ansprach, meinte er nur, er hätte mir des Öfteren Medikamente angeboten, wenn ich nicht bereit wäre, Medikamente zu nehmen, dann wäre er nicht bereit, auf meinen Massage-Wunsch einzugehen. Echt, voll klasse...!! Aber morgen, an meinem letzten Tag, bekomme ich ja endlich eine Massage.

Heute Nachmittag hatte ich dann auch noch Gruppentherapie (Schmerzen). Dabei ging es im Allgemeinen um die Arbeitssituation. Die Chefs wurden im Allgemeinen als "Monster mit Krawatte" dargestellt (worüber wir alle Lachen mussten) und es wurden verschiedene Arbeitsabläufe erläutert, die jeder im Prinzip kennt, die aber dennoch, je nachdem, wie man sie "anpackt", zum Teil auch zum mächtigen Stress werden können und dadurch auch weitere Schmerzen verursachen können. Innerhalb dieser Gruppe war ich mal wieder super still, aber danach hat mich die Psychologin nochmals alleine angesprochen (das dritte Mal heute), ob ich mich mit einer der angesprochenen Situationen identifizieren konnte. Und ob!! Bezüglich der Arbeitsabläufe fühlte ich mich durchaus angesprochen. 

So, mal gucken wie morgen mein letzter Reha-Tag verläuft...

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