Ich kam, sah und blickte zurück
‚Würdest du das neue Jahr gegen das vergangene eintauschen?’, fragte mich gestern ein Kollege in der Redaktion, nachdem er mir meine Jumbotasse mit Kaffee gefüllt hat, ein bisschen provozierend, während er wohl erkannt hat, dass das unbekannte jemanden beunruhigen kann.
Bei Gelegenheit wollte er wahrscheinlich erfahren ob ich meinen Frieden mit dem vergangenen Jahr geschlossen habe und in welcher Verfassung ich den kommenden 365 Tagen entgegentrete (eigentlich sind es nur noch 361).
Klar, Silvester ist nur symbolisch, denn jeder Morgen ist doch neu, frisch und unbefleckt. Allerdings komme ich nicht drum herum meinen Status Quo zu errechnen, jetzt, wenn das „Neue“ beginnt.
Ich schreibe meinen Kalender ab, die Geburtstage, Telefonnummern, wichtige Ereignisse … Man bin ich archialisch… .
Ich blicke auf die Telefonnummern im Filofax, die ich eine halbe Ewigkeit (so scheint es) nicht mehr benutzt habe. Ich blicke auf die Dinge, für die ich 2006 gelebt habe.
Ich sehe mich im März am Strand von Miami Beach, in der Hotellobby des Plaza in New York, im Juli auf dem Münsterplatz in Ulm, beim Public Viewing. Ich sehe mich dort leicht angetrunken, wie ich einem Kumpel vor Freude um den Hals falle, als Lehmann den Elf-Meter gegen Argentinien hält und dabei meinen Plastikbecher mit Bier in die Menge schleudere. Im August mein obligatorischer, dreiwöchiger Urlaub im Sopot, einem Städtchen an der Polnischen Seite der Ostsee. Ich sehe die Arbeit in der Redaktion, die einmal mehr, dann wieder weniger wird. Ich sehe mich mit S. im November in Krakau und Warschau und mit L. in Prag.
All die Bilder des Jahres sind noch in meinem Kopf und mit diesem Eintrag lege ich sie ins Archiv.
Es sind noch knapp fünf Wochen, dann bin ich weg aus Ulm, dann schließe ich ein fast drei jähriges Kapitel in meinem Leben. Bis September werde ich dann meine Kreativpause antreten … Ich ziehe wieder in meine Wohnung in Regensburg, wissentlich, dass 117 qm sehr einsam sein können. Doch Ende Februar läuft auch mein Vertrag beim Radio aus und ab da will ich wieder raus in die Welt, Freunde und bekannte besuchen. Wozu? Vielleicht um den Teil im Leben wieder zu finden, der es lebenswert macht, ohne sich nach regelmäßig durchzechter Nacht morgens um neun aus dem Bett quälen zu müssen…
Aber vielleicht einfach nur um zu vergessen…
Hallo 2007, ich komme und Du wirst mein Jahr werden, mit allen Höhen und allen Tiefen!