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Tagebuch MI
2005-04-29 15:34
Suchreste
Ich glaube, daß immer noch etwas in mir sucht. Es geht mir jetzt nicht um das Objekt, auf das sich diese Suche richtet, sondern nur mal um die Suche an sich. Ich kann nie einfach nur da sein, sondern scheine stets irgendetwas zu suchen und es ist so oft ein Gefühl da, als würde mir etwas fehlen.

(Ich weiß, das sind Konzepte. Aber ich brauche jetzt diese Konzepte zur Beschreibung dessen, was ich beobachte)

Es ist jetzt nicht so, daß diese Sucherei in einem Anfangsstadium und dort verblieben wäre, sie ist eher "fortgeschritten" und hat schon einiges hinter sich. Das erste Stadium war die völlig willenlose Suche, die Suche um ihrer selbst Willen. Eine Suche, die so stark war, daß mir gar nicht bewußt war, daß ich etwas suchte. Suche als Hauptsache, als eigentlicher Lebensinhalt. Die Suche, innerhalb der ich mich selbst völlig vernachlässigte, mich von der Suche ausklammerte in der felsenfesten Überzeugung, das, was ich suche, nie und nimmer in mir selbst finden zu können.

Im Gegenteil, so etwas wie "Ich selbst" gab es da gar nicht und ich wollte das schon gar nicht finden!

Genau genommen ist das sogar die Definition des Suchobjektes in diesem Suchstadium: mir fehlt etwas, und weil es mir fehlt, kann es nicht in mir sein. Diese Suche führt zur völligen Selbstaufgabe. Das ist aber keine Kapitulation, sondern nur eine Selbstvernachlässigung. Das führte wiederum dazu, daß ich mich anderen Menschen gegenüber massiv minderwertig fühlte, weil ich ja unterstellte, daß diese etwas haben, das mir fehlt und sie mir geben können (und sollen!).

Dieses Stadium wird abgeschlossen, sobald ich mich selbst nicht mehr leiden und ertragen kann, weil ich mich ständig selbst erniedrige. Ich komme jetzt (endlich) um mich selbst nicht mehr herum. Der Spruch "Wer sich selbst erniedrigt, wird erhöht werden" funktioniert hier übrigens nicht, auch eine bittere Lektion. Es ist viel mehr so, daß auf dem, der sich selbst auf diese Art und Weise erniedrigt, erst recht noch weiter herumgetrampelt wird. Man lädt die anderen ja regelrecht dazu ein.

Und das muß auch so sein. Denn dieses Suchstadium kann nur dadurch beendet werden, daß man es vor lauter Selbsthass und Sich-selbst-für-das-was-man-tut-nicht-leiden-können nicht mehr aushält und zu dem Schluss kommt, daß alles - wirklich alles - besser ist als das, was jetzt gerade ist.

In diesem Moment hört man auf anderen Menschen zuzugestehen, daß sie etwas hätten, was man selbst nicht hat. Und das fühlt sich erstaunlich gut an. Und ist das nicht das, was man immer gesucht hat? Oder besser: wissen wollte? Und vielleicht sogar längst gewußt hat aber nicht glauben wollte oder konnte?

Aber die Sucherei ist damit nicht beendet. Es ist bei mir eine gewisse Form der Aufgabe da, ob ich aber jemals total kapituliert habe oder kapitulieren werde, das weiß ich nicht einmal.

Es sind immer noch Reste da. Immer noch steigen aus den Nichts Hoffnungen, ja Forderungen empor, daß es für erfahrene Entbehrungen und nicht erfahrene Liebe einen Ausgleich geben müsse, irgendwann. Irgendwann werde ich doch sicher mit all der Liebe überschüttet, an der es mir so mangelt (spätestens wenn ich sterbe und in den Himmel komme...).

Das läuft alles wider besseren Wissens ab.

Hoffnung macht sich schnell breit, und immer wieder muß sie enttäuscht werden, immer wieder ist es ein Stich und ein Schmerz. Und auch das muß so sein und ist gut. Denn diese Stiche und Schmerzen sind nicht Stiche ins Herz (o weh), sondern Stiche in Ballons gefüllt mit Gedanken und Vorstellungen, Wünschen und Träumen.

Puff, geht ihnen die Luft aus und zurück bleibt der leere Blick auf die nackte Wahrheit. Und wieviel Liebe ist darin, die anzunehmen ich nur zu stolz war.

MI


[Bild nicht gefunden]


Kommentare


unbekannt
12:34 13.05.2005
Hier sehe ich bei mir große Ähnlichkeiten. Nur hat sich bei mir ein gewisser Rythmus gebildet. Die Suche steigt an, reißt mich mit und verzehrt dabei , auch durch Frust ,Ärger, Ergebnislosigkeit bedingt, ihre Energie und macht dann irgendwann einer Erschöpfung platz, die ich dann willkommen heiße.
Manchmal wünsche ich, dieser ewige Zyklus würde endlich aufhören.
Liebe Grüße


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2005-04-29 15:34