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Tagebuch MI
2005-04-29 08:56
Kein öffentlicher Tod
Sterben in diesem Land eigentlich auch Menschen? Den einzigen Toten, den ich bisher gesehen habe, war meine Großmutter, da war ich noch ein Kind. Den Tod meiner anderen Großmutter habe ich nicht erlebt und sie auch nicht tot gesehen, weil es mein zu Hause nicht mehr gab und meine Großmutter bei meiner Tante gestorben ist und ich weit weg davon irgendwo am Studieren war.

Mehr Tote habe ich glaube ich noch nicht gesehen. Schon merkwürdig, wo hier doch über 80 Millionen Menschen leben. Die müssen doch auch irgendwann einmal sterben. Wo und wie eigentlich? Warum bekommt man davon gar nichts mit? Wo sind die Trauerzüge, wenn ein ganz normaler Mensch stirbt (klar, beim Papst ist das natürlich was ganz anderes...)?

Es gibt auch keine Trauerkleidung mehr. Wer trägt schon noch als Zeichen der Trauer schwarz, wie in alten Zeiten? Oder zumindest einen schwarzen Armreif?

Vielleicht ist das ja die Kongruenz. Wo nur heimlich gelebt wird, wird halt auch nur heimlich gestorben.

Kommentare

13:27 29.04.2005

Das erinnert mich an etwas Trauriges, das ich zwar weiß, aber es ist irgendwie abgelegt und kommt nur dann und wann zum Vorschein.

Ich hatte in der Grunschule eine Freundin namens U. Sie war ein "Bauernmädel", ich habe sie oft auf ihrem Hof besucht und immer wenn ich heute mal auf einen Bauernhof komme (kommt nicht mehr oft vor), dann rieche ich diesen ganz speziellen Bauernhofsgeruch (damit meine ich nicht Gülle) und muß unwillkürlich an diese Besuche von damals denken.

Nach der Grundschule haben wir uns verloren, jeder ging auf eine andere Schule. Ganz selten sah ich sie mal im Gottesdienst.

Ich war zwölf oder dreizehn, da kam meine Mutter zu mir mit der Zeitung und darin stand, daß dieses Mädchen einem Gewaltverbrechen zum Opfer gefallen ist.

Man kann das einfach nicht verstehen und die Mutter weinte und weinte bei der Beerdigung.

MI
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11:57 29.04.2005
Hallo Michael!
Danke erstmal für deinen lieben Eintrag. Ich würde sagen, du hast den Nagel auf den Kopf getroffen. Jetzt versuche ich an der Umsetzung zu arbeiten

Aber ich muss dir auch sagen: Es gibt sie noch, die Trauerzüge. Vor 3 Jahren ist der Bruder einer Azubinen-Kollegin von einem Auto überfahren worden. Er hatte gerade das Abiur bestanden und es hat die Familie wirklich hart getroffen. Ich kannte ihn nur flüchtig. So flüchtig, dass ich ihn nicht beschreiben könnte. Zu dieser Beerdigung bin ich ein wenig zu spät gekommen. Aber dieser kleine Friedhof in Barlo war randvoll mit trauernden Menschen, die sich gegenseitig halten mussten, weil's einfach keiner fassen und ertragen konnte.

Vor kurzem starb ein Arbeitskollege meiner Mutter an Herzversagen. Er war 32 und war 11 Tage zuvor ein zweites Mal Vater geworden. Sein Friedhof muss noch viel kleiner gewesen sein, der Trauerzug aber um so größer (Schützenvereine, Karnevallsvereine, Gitarrenklubs, Arbeitskollegen, Familie).

Bei jungen, lebensfrohen Menschen, die zu früh gestorben sind wirst du wohl immer einen solchen Trauerzug sehen.
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unbekannt
09:23 29.04.2005
Hallo MI!

Nein, heimlich gelebt, wird hier nicht. Unsere Gesellschaft schließt einfach nur das "Alt werden" und das "Sterben" in einer großen Truhe ein und hofft, dass sie nicht wieder aufgeht. Tatsache ist aber, dass das Sterben in unserer Gesellschaft möglichst weit weg gedrängt wird. Die meisten Menschen sterben alleine, fast immer im Krankenhaus. Früher gab es sowas nicht, da saß die komplette Familie um diesen Menschen und hat ihn beim sterben begleitet. Es ist schade, dass es so ist!

)O(


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