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Tagebuch MI
2005-05-07 17:11
Die Ich-Suppe
Muß ich mich wieder vor mir selbst schützen? Ich habe so Phasen, da blubbert und brodelt es in mir, und was lange nur gegährt hat, kocht plötzlich auf und sucht nach einem Ventil, damit es raus kann. Auf der einen Seite findet so oft gutes Schreiben (nein: Leben!) statt, andererseits findet so auch schnell unreflektiertes Schreiben (Leben) statt. Schwer, das voneinander zu unterscheiden.

Ich nenne dieses Gebrodel "Ich-Suppe". Es ist doch immer nur das Ich, das all das nicht wahrhaben will, was wahr ist, bzw. erst dadurch kommt es zum Vorschein, wenn da eine Diskrepanz ist. Wahr ist zum Beispiel, daß ich genau der gleiche Trottel bin, wie ich es mir - insgeheim - denke, daß andere es wären. Ich BIN dieser Trottel. Und genau so unbewußt, unreflektiert, un-erleuchtet. Doch, ich sehe mich gerne als jemanden, der über den Dingen steht, ich gebe es zu. Dabei bin ich mittendrin und keinen Deut anders, besser oder schlechter als jeder andere auch.

Aber es ist ein Unterschied, das "nur" zuzugeben oder das wirklich zu merken und zu wissen, daß das eine Tatsache ist. Schließlich kann man sich von seinem Trottel-sein auch dadurch befreien, daß man einfach sagt, man sei der gleiche Trottel, wie alle anderen. Denn damit zeigt man, daß man einen gewissen Überblick hat, daß man zwar der gleiche Trottel ist, aber trotzdem über all dieser Trottelei steht.

Zu wissen, daß es aber wirklich genau so ist, daß ich der Trotttel bin, daß ich der Egoist bin, daß ich der Spießer bin, der Neurotiker, der genau so hilflos und ratlos ist, wie alle anderen, der alles das macht, worüber er bei anderen nur den Kopf schüttelt, daß ich immer noch all diesen Ballast mit mir herumschleppe, von dem ich dachte, mich davon befreit zu haben und befreien zu können, daß ich immer noch an diesen Ich-Ketten hänge und einfach nicht von ihnen loskomme, das ist was ganz anderes. Das ist gar nicht so einfach.

In den Phasen, wo es in mir brodelt, wo die Ich-Suppe Blasen schlägt, wo ich das Gefühl habe, daß sich alles um mich herum zuzieht, wo tatsächlich oder offenbar irgendetwas Alchemisches in mir passiert, kann ich unberechenbar werden und auch jähzornig. Leider merke ich das immer viel zu spät. Es ist in diesen Phasen wichtig, den Druck auszuhalten und ihm nicht dadurch auszuweichen, daß ich dieses "Ich" auf alles mögliche projiziere. Dieses "Ich" ist meine Angelegenheit und nicht die eines anderen.

MI



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