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Tagebuch MI
2005-08-05 09:49
Das Ende von Happy Meal
Die McDonalds-Kultur ist ja unbestreitbar gar keine. Was da über den Tisch geht, da können die noch so viel Reklame gegen veranstalten („Ich liebe es“), noch so viele Ernährungsbotschaften versenden, ihre grünen Salate anpreisen, auf ihre 1%-fetthaltige süßsaure Soße stolz sein und einem fast schon das Gefühl vermitteln, man täte etwas Gutes für die Umwelt, wenn man am Ende das Mülltablett in den Tablettwagen stellt: Pommes bleiben Pommes und Fett bleibt Fett. Und Müll bleibt Müll. Da ändert wirklich gar nichts irgendetwas daran. Und wo das Fleisch herkommt für die Billigburger und die Nuggets, da muß man doch auch kein Hellseher sein, um zu erahnen, daß diese Tiere nicht gerade zu den glücklichen gehören, die zum Verzehr „produziert“ werden.

Jetzt sind wir einerseits ein fleischfreier Haushalt und mein Ältester (8 J.) sagt auch immer gerne, er sei Vegetarier, er esse keine Tiere. Allerdings nicht nur (oder vielleicht weniger als mehr) aus Überzeugung, als aus einer ganz einfachen Abstoßung heraus, die er dem Fleischgeschmack und der Konsistenz von Fleisch gegenüber hat. Dumm nur, daß in all diesen „Happy Meals“ und „Kids Menus“ immer diese Burger mit dabei sind und diese Nuggets. Das muß halt mitgekauft werden, wenn es darum geht, eines der begehrten Spielzeuge zu ergattern, die da immer beigelegt werden. Die Kinder essen dann halt die paar Pommes und der Rest bleibt liegen. Und – weil es halt so ist – ich esse das dann. Weil ich dafür bezahlt habe und keine Lust habe, mir zu all dem Zeugs auch noch extra etwas – Fleischloses - zu bestellen und dafür zu bezahlen.

Ich bin kein Vegetarier, aber ich esse nicht viel Fleisch. Ich würde sagen, vielleicht so viel, daß wenn es so allgemein Sitte wäre, keine Massentierhaltung mit all den damit verbunden Konsequenzen für Tiere und Mensch nötig wäre. Das ändert aber nichts daran, daß wieder einmal frische tote Rinder- oder knusprige tote Hühnerteile auf unserem Tisch liegen. Und das nur, weil die Kinder völlig versessen sind auf alles Spielzeug, was diesen Tüten beigepackt wird. - Und wir Eltern zu bequem sind, uns dazu eine Alternative einfallen zu lassen. Oder überfordert sind mit Kindern auf der Rückbank, die lautstark das Anhalten bei „McDonald“ oder „Burger King“ fordern, sowie sie auch nur eines der Filialeschilder an den Autobahnstrecken entdecken. Und da ist es ja auch viel billiger als bei den normalen Raststätten. Drei Euro für einen „Pott Kaffee“? Ich bin doch nicht blöd.

Alles in allem ist es mittlerweile so, daß wir speziell bei langen Autobahnfahrten eine der Fastfoodketten ansteuern, weil es einfach, schnell und billig und für die Kinder ein regelrechtes „highlight“ ist. Und immer fühlt man sich dabei beschissen, denn man weiß das ja schließlich alles, keine Gehirnwäsche ist so stark, daß man das nicht mehr wissen kann. Billigfleisch, Dauerbeschallung, Lohndumping (wenn nicht hier, dann ausgelagert), Plastikspielzeug aus China und am Ende ein riesiger Müllberg. Muß das sein? Kann man da noch die Augen vor verschließen?

Beim gestrigen Besuch hat es uns schließlich gelangt. Irgendwann erträgt man das einfach nicht mehr. Irgendwann ist das Maß voll: Einweg-Gameboys lagen da den Kindermenus bei. Anschließend gab es ein Geblinke und Getute auf den Rücksitzen, weil man ja den Ton nicht abstellen kann. Obwohl die Kinder doch sowieso einen Gameboy haben, für die Autofahrten. Und zu Hause auch einen PC. Was fasziniert sie da bloß an so einem schrotten Billig-Gameboy? Es ist eigentlich nicht nachvollziehbar.

Und jetzt sind wir Eltern wieder in der Pflicht, müssen die „Bösen“ spielen: Schluß damit, Schluß mit Happy Meal, Schluß mit Billig-Schrott aus China, Schluß mit Pommes und frischen, knusprigen toten Tieren, die niemand essen will, Schluß mit fruchtsafthaltigen Zuckergetränken und Schluß mit diesen Müllbergen.

Heute morgen haben wir über alles gesprochen. Ich muß zugeben: wir schaffen meistens nie den totalen Absprung, obschon ich mich manchmal frage, ob eine auf Konsum beruhende Gesellschaft einem nicht letztlich nur noch diese Ausweichmöglichkeit lässt, alles komplett sein zu lassen, was in irgendeiner Weise mit Konsum zu tun hat. Aber das setze man mal bei den Kindern durch. Es gibt ja Eltern, die das schaffen; ich glaube, wir schaffen das nicht. Vielleicht muß es ja auch nicht sein. Es ist eigentlich wie immer mit der Sucht. Man kann es ganz bleiben lassen oder auf eine geringe unschädliche Menge reduzieren. Ich lebe auch nicht alkoholfrei, ich trinke gerne mal ein Bier abends.

Jedenfalls haben wir über alles gesprochen. Ich habe gesagt, daß ich das nicht mehr länger ertrage, mich nicht mehr länger an dieser Müllproduktion beteiligen will, nicht mehr länger essen will, was die Kinder liegen lassen, nur damit sie ihr Spielzeug haben, was Tage später doch im Müll landet. Irgendwie ist das immer so mit diesen Dingen und Gewohnheiten: man macht es halt doch immer weiter, obwohl man nicht will, obwohl man weiß, daß man sich und nachfolgenden Generationen damit eigentlich schadet. Es muß immer erst soweit kommen, daß man selbst es nicht mehr erträgt, daß es einen anwidert, daß man irgendwann gar nicht mehr kann. Dann erst ist man bereit sich dem zu stellen, was auf einen zukommt, wenn man die Zufuhr abstellt. Dann erst ist auch die Kraft dafür da, auszuhalten, was da kommt, und dem auch nicht mehr nachzugeben.


Michael

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