Reise in die Vergangenheit...
Heute ist es soweit...mein Vorstellungsgespräch steht an. Ich wäre ja aufgeregt, aber es geht nicht, denn ich habe mich so extrem erkältet, dass ich mir nur Gedaken mache, wie ich das ganze körperlich durchstehe. Mein Vater hat noch keine Anstalten gemacht, sich zu entschuldigen, also muss ich die 130 km alleine in Angriff nehmen. Der ist momentan aber auch zu beschäftigt den Rasen in Ordnung zu bringen. Er meinte nämlich gestern im angetrunkenen Zustand Rasen mähen zu müssen und nun sieht es aus, als wäre ne Herde Wildschweine drüber gerannt. Naja, es regnet schön draußen, wünsche ihm viel Spaß bei seiner Arbeit. Ja, ich weiß man sollte nicht so gehäßig zu seinem Vater sein, aber ihr müsst verstehen, dass man irgendwann nicht mehr kann. Seit ich 13 bin bekomme ich das richtig mit. Ich musste immer herhalten wenn es meiner Mutter mies ging, habe ich gerne gemacht, aber für ein Mädchen dass selber in ner schwierigen Lebensphase ist, wird das irgendwann zu viel. Ich hatte dann sehr schlimme Depressionen und habe mir die Arme blutig geritzt. Ich habe selber viel getrunken (hatte ja das perfekte Vorbild) und mich zu jedem Scheiß von anderen mitreisen lassen. Habe neulich noch mal die alten Tagebücher gelesen, es gibt nicht einen Tag, an dem ich fröhlich war, da stehen nur Sachen, wie "Ich falle wieder in das schwarze Loch" oder "Ich kann nicht mehr, ich will sterben". Muss sogar im Nachhinein noch anfangen zu weinen, wenn ich daran denke
.Erst als ich mit meinem Freund zusammen kam, der ja schon ein Auto hatte, konnte ich öfters mal von zu Hause fliehen, habe mich dann auch wieder gefangen. Habe manchmal noch Tage, an denen die Depressionen rauskommen und ich ritze, aber es geht. Bin seit Mai auch in Therapie. Diagnose, der Ablösungsprozess ist missglückt. Ich muss in der Therapie jetzt all das nachholen, was andere mit 17 machen. Ich hoffe, deshalb auch, dass ich die Stelle heute bekomme und dann wegziehen muss. Zwar habe ich Maren dann in der Nähe, aber für mich wäre das ein sehr großer Schritt, da ich bisher nicht mal eine Nacht weggeblieben bin, wenn nicht mein Freund oder meine Eltern dabei warn.