Willkommen auf Tagtt!
Friday, 19. April 2024
Tagebücher » Loewin » News, Bilder, Videos - Online
Tagebuch Loewin
2005-07-27 17:20
sprachgewalt
hey. this is me again (surprise surprise).

i walk through the summer bearing many colours.
demons hide in my backpack singing agonized tunes
i call them i don't let them go again

they remind me of the symbol-filled figure haunting me between dream and waking
which i haunt as well

-----------------------------------------------------------------

and he is drawing circles around me while i struggle telling his stories, stories i made, ficticious but alive, becoming out of themselves, growing and shrinking back in less than seconds.

ich erlebe eine faszinierende erotik des schreibens, ein körperliches bedürfnis, die geschichte weiterzuverfolgen, nicht nur in träumen und wachphantasien, sondern diesmal auch auf dem papier, und es funktioniert, er lebt, denkt und erinnert sich. ich glaube, ich vergewaltige ihn, indem ich seine geschichte bestimme, und ich bemühe mich zum ausgleich, alle möglichkeiten so lange es geht offen zu lassen, und auch wen ich eine möglichkeit durchs aufschreiben gefestigt habe, erinnere ich mich selbt daran, daß tausend andere variationen gleichzeitig existieren, daß er frei ist und nicht meine kreatur.

so erlebe ich selbst völlig simpel und plastisch, was ich in theoretischen abhandlungen zu verstehen gesucht habe, wie schreiben gewalt impliziert, wer den text liest, weiß nicht, daß er offen und nur eine von vielen möglichkeiten ist, er sieht sie materie der buchstaben. jeder buchstabe, der geschrieben ist, bedeutet eine weitere einschränkung der phantasie.

jede von uns hat (vielleicht - häufigstes wort in meinem text) schon eine geschichte gelesen und sich gewünscht, der protagonist möge dieses und jenes NICHT tun, weil es den pfad entscheidet, dem er sich zuwendet, weil unsere vorstellung seiner persönlichkeit nicht zuläßt, das er das tut...
rowling spielt mit dem leben so vieler fanfiction-protagonistInnen, indem sie, mit all ihrer macht, einfach beschließt, daß die handlung so uns so weitergeht -
wir müssen uns dem entziehen. niemand hat die definitionsgewalt, nicht einmal die scheinbare erschafferin einer figur. sie hat ohnehin nur einen kleinen teil der figur geschaffen, alles andere entsteht in der phantasie der leserInnen, deren jedeR einen eigenen hintergrund hat, auf dem die figur in einer ganz eigenen, unverwechselbaren farbe erscheint.
die große befreiungsbewegung FANFICTION darf sich nicht von angeblichen rechten bremsen lassen, die mütter und väter von texten auf ihre kinder anmelden. welches recht haben eltern, die weiterentwicklung ihrer kinder nur in bestimmten rahmen zu erlauben?
ich kenne den schmerz, den ich empfinde, wenn eine von mir erdachte figur sich von mir löst, benutzt wird von fremden, plötzlich handelt, wie es nicht zu ihr zu passen scheint. aber wenn ich mein kind in die welt der öfentlichkeit gehen lasse, muß ich das zulassen. in dem moment lasse ich meine "schöpfung" gehen, und ich kann mich weiter darauf berufen, sie geschaffen zu haben, aber nur für mich selbst.
ich würde meinen charakter nie aus der hand geben wollen. doch wenn er auf blätter gebannt ist, steckt dort sein bild, sein inneres schwebt in den köpfen derer, die ihn deuten.

letztlich ist nur er selbst es, der wissen kann wie er ist, und die selbst-bilder in seinem kopf verschwimmen, verändern sich, werden von vielem geprägt, wie das dem lebendigen geschieht.

nur, daß er immer schön bleibt, natürlich. ;)
danke, andré heller.

Tags

Kommentare

02:05 28.07.2005
"jeder buchstabe, der geschrieben ist, bedeutet eine weitere einschränkung der phantasie" >> oder auch einen neuen anstoß!
jede neue sekunde gegenwart fixiert zwar eine neue vergangenheit (sofern man akzeptiert, dass es 1 vergangenheit gibt), aber sofort in dieser sekunde bietet sich wieder unendliche weltenvariationen. du kannst beim lesen auf jeder seite, nach jedem absatz, nach jedem ereignis stoppen und perspektiven kreieren. und dich dann wieder dem fluß der vom autor getroffenen entscheidungen hingeben. ist doch prima. und das schöne beim fiction-lesen.
(und eltern geht es - wie schon von dir angesprochen - mit ihren kindern auch nicht anders, die ihr leben selbst schreiben - oft allerdings mehr zufällig als geplant, wie alle menschen - zum glück).
Good luck!
Soll der Kommentar wirklich gelöscht werden?
Löschen | Abbrechen

Kommentieren


Nur für registrierte User.

Loewin Offline

Mitglied seit: 27.08.2004
DE mehr...
Wirklich beenden?
Ja | Nein

2005-07-27 17:20