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Tagebuch Loewin
2005-05-08 12:54
Hagazussa
Ich habe gestern in mein Profil ein Foto gestellt, auf dem ich auf einer kleinen Mauer stehe. Das ist kein Zufall.
Ich liebe Mauern. Ich habe mich auf Mauern immer zuhause gefühlt. Eine meiner frühsten Erinnerungen ist die an eine schöne Mauer in der Nähe von Weinbergen, auf der ich mithilfe meiner Eltern balanciere... und: "auf der Mauer, auf der Lauer...". Fand ich auch immer toll.
Ich mochte auch Zäune und Tore, weil ich gern kletterte. Ich kletterte immer möglichst schnell über das Hoftor meiner Oma, bevor sie aufmachen und mir damit den Spaß verderben konnte. Mauern waren (und sind) aber wunderbarer als Zäune, weil sie aus Steinen bestehn.
Auf einer Mauer zu sitzen ist fast so, wie auf einem Felsen zu sitzen. Stein bedeutet: Kontakt zur Erde. Wärme und Kälte wirklich fühlen. Wirklich da sein, ganz da. Geerdet. Zuhause. Manchmal glaube ich, ich müßte selbst ein Fels sein, bei meiner Beziehung zu Felsen. ;)
Mauern sind die Felsen der Menschen. Sie vermitteln dasselbe reale Gefühl wie die Felsen, aber sie bedeuten mehr. Warum werden Mauern gebaut?
Sie können vieles sein: Schutz für die drinnen, Schutz für das draußen. Nur Symbol. Jedenfalls aber: Trennung und Grenze. Ab-grenzung. Ein-grenzung. Aus-grenzung.
Der Gedanke der Grenze kann bedrückend sein, aber er ist wesentlich für alle unsere Wahrnehmungen. Wir trennen, um überhaupt wahrnehmen und denken zu können. Trennungen können bewegliche Arbeitseinteilungen sein, genutzt, um Informationen zu verarbeiten, oder um Position zu beziehen, aber sie können auch starr und unüberwindlich werden, wenn Temporäres sich verfestigt, die Mauer nicht mehr das Hilfsmittel ist, sondern Grund wird: "Hier ist die Grenze zwischen den Ländern. Keiner darf einfach rein oder raus." Wer bestimmt? So werden Grenzen und Mauern zu Machtinstrumenten..
(Luisa Francia spricht in ihrem Buch "Die Magie des Ankommens" von dem Reiz, den Grenzen für die Geister haben, und den mystischen Energien, die in Grenzgegenden freigesetzt werden - ein interessanter Gedanke, und nachvollziehbar, wenn ich bedenke, wie vielschichtig allein das Motiv schon ist.)

Spannend ist jetzt, die Mauern trotzdem zu lieben. Das geht, denn ich muß mich von ihnen ja nicht eingrenzen lassen. Ich kann darauf wandern, darauf wohnen, und dabei kann ich jede Seite sehen, sogar aus dem Abstand, weil die Mauer ja hoch ist, aber nicht ohne Kontakt, den schafft ja der Stein.

Die, die auf der Mauer wohnt und beides sieht: das ist für mich eine Seite der HAGAZUSSA, der Zaunreiterin. Sie kennt die Grenzen, aber sie läßt sich von ihnen nicht vereinnahmen. Sie tanzt zwischen den Welten, in jeder Form. Sie ergreift manchmal Partei, aber nicht, ohne den Blick auf diie andere Seite (oder die anderen Seiten, Mauern können ja auch verwinkelt sein!) zu verlieren.
Sie wohnt nicht hier noch dort, nicht drinnen noch draußen. Dennoch ist sie DA. Sie schwebt nicht "in anderen Sphären".
Sie sitzt einfach auf der Fensterbank, spürt trockene Wärme und kühlen Regen.

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Kommentare

02:40 10.05.2005
:) nee nee, das wäre die zeit nicht wert, es wäre nur sinnloses theoretisieren um standpunkte und ein bißchen rechthaberei.
die welt ist groß und pluralistisch und solange es "nur" meinungen sind, schaden sie niemanden. so lange keiner mauern baut um sich oder andere einzusperren oder abzugrenzen, ist alles o.k.
und wie schon geschrieben, wenn du oben drauf stehst, ist es m.e. keine mauer mehr ...
hv a smile! Good luck!
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21:03 09.05.2005
Ich wüßte gern, was Du so zu Gegenpositionen zu sagen hast. Wenn Du doch mal Lust hast, äußere Dich!
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19:17 08.05.2005
lange texte verführen zu langen antworten und gegenargumentationen.
gerade zum stichwort "mauer" sind mir beim lesen und wiederlesen deiner gedanken spontan viele contrapositionen eingefallen.
aber ein disput hierüber würde wohl weder welt noch mir oder dir wichtige zusätzliche erkenntnisse bringen. auch wenn man mit dem stichwort "mauer" natürlich auch die welt und alle ihre probleme erforschen und erklären könnte
liebe du weiter die mauern, so lange du bitte keine baust, die dich oder andere irgendwie einengen.
dein foto ist übrigens sehr schön anzuschau'n, dein blick ins weite ... und wenn man die chance hat, oben auf der mauer zu stehen, ist eine mauer eigentlich keine ...
Good luck!
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