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Tagebuch Lilli_33
2007-09-16 16:29
Schuttern in mir!
Dies habe ich in einem anderen Tb. gelesen, mir kamen erinnerungen hoch da es mir ähnlich ergangen ist.

Wie konnte sie nur so dumm sein. Das war doch offensichtlich, dass er sie schon seit Jahren betrog. Trotz der vielen Verdachtsmomente hatte sie ihm immer wieder geglaubt. Es gab so viele Indizien. Hats sie die nicht gesehen? Wollte sie es nicht wahr haben? Macht Liebe eben doch blind? Die Arme – hat sie geglaubt, ohne ihn nicht klar zu kommen? Sie war doch sonst so selbstbewusst. Kaum zu glauben, wie klein sie sich gemacht hat. Waren seine Ausreden ihr am Ende schon zur Routine geworden? Dachte sie mittlerweile, dass es auf eine Narbe mehr oder weniger nun auch nicht mehr ankäme? Sie hätte viel früher mal den Mund aufmachen sollen. Sie hätte endlich mal konsequent sein sollen. Eigentlich schon beim ersten Mal. Wie heißt es doch so schön: die Katze lässt das Mausen nicht.
Klar, er fühlte sich ertappt. Er war sogar echt berührt, wenn sie deswegen weinte. Er hatte ein schlechtes Gewissen und versprach sich zu ändern. Sie müsse ihm nur verzeihen. Sie müsse nur verstehen. Es habe ja auch nicht nur an ihm gelegen. Die Gesamtsituation trug ihren Teil dazu bei. Die Arbeit, die Umwelt, die Familie, das übe alles viel Druck aus. Sie sei ja schließlich auch nicht immer gut gelaunt gewesen. Das stimmt, das war sie nicht. Sie war ja auch nur ein Mensch. Eine ganz normale Frau.
Wenn das Klima mal wieder etwas härter war, dann schmerzten ihre Narben. Aber die sah ja niemand. Das war auch gut so. Hatte sie nicht alles so gewollt? In einer langen Beziehung muss man eben auch mal verzeihen. Fehler macht doch jeder einmal. Das ist doch ganz klar. Sie verzieh ihm immer wieder, glaubte seinen Erklärungen, vertraute ihm. „Es ist ja nichts passiert.“ dachte sie sich. „Kopf hoch!“ redete sie sich ein.
Hinterher war er immer besonders lieb zu ihr. Er kam früh nach Hause, brachte ihr etwas Schönes mit. Rührend kümmerte er sich um sie. Ihre Freundinnen beneideten sie um diesen aufmerksamen Mann. Auf einmal waren seine Rückenschmerzen egal. Seine Arbeit schien ihn weniger zu stressen. Sie schien wichtig für ihn zu sein. Sie hoffte, er habe seine Lektion gelernt. Es musste nur etwas Zeit ins Land gehen. Ihr Vertrauen war wie ein Grashalm. Man konnte darauf herumtrampeln und es bog sich. Nach einiger Zeit stand es jedoch wieder auf. Die Alpträume blieben.
Sie fragte sich nicht mehr, wie das alles enden sollte, denn sie fand sowieso keine Antwort darauf. Er war doch ihr Mann und sie liebte ihn. Sie hatten sich gemeinsam etwas aufgebaut, das wirft man schließlich nicht einfach so weg. Wenn man sich einmal entschieden hat, sein Leben miteinander zu verbringen, dann sollte man auch dazu stehen. In die Ewigkeit erhällt man schließlich nur zu zweit Einlass. Nach einer langen gemeinsamen Zeit, sollte die Bindung schon so stark sein, dass die Beziehung auch mal ein Erdbeben aushalten kann.
Sie hatte ja auch ihre Freiheiten, das musste sie zugeben. Auch darum beneideten sie ihre Freundinnen. War denn wirklich so vieles in ihrem Leben schlecht? Was war denn dabei, wenn sie ihm die eine oder andere Heimlichkeit zugestand? Er wusste ja, wie sie zu den Dingen stand, die er mochte. Bestimmt hatte er ihr darum nichts gesagt. Sie sollte sich nicht unnötig aufregen. Eigentlich war das doch sehr rücksichtsvoll von ihm. Was ist denn schon schlimm an ein paar E-Mails und ein paar Telefonaten? Darüber sollte sie sich keine Gedanken machen. Er liebte nur sie, extrem. Über ein langweiliges Sexleben konnte sie sich absolut nicht beschweren. Wenn nur diese Bilder nicht wären. Wenn sie diese Paranoia nur besser im Griff hätte. Es lag bestimmt nur an ihrer wilden Phantasie. Mit jedem Tag, mit dem sie sich einredete selbstbewusster zu werden, weil sie mit der Situation klar kam, wurde sie kleiner. Manchmal wachte sie nachts auf schweißgebadet, zitternd. Manchmal fragte sie sich, was es noch alles gab, was sie nicht wusste, nicht wissen durfte, nicht wissen wollte. In ihren Träumen plagte sie nicht nur das Gewesene. Sie sah ihn erregt, schwitzend, mit gierigen Blicken Bilder ansehen, nicht ihre. Mit schnell schlagendem Herzen schrieb er eindeutige Zeilen, nicht an sie. Mit zittrigen Händen wählte er hastig eine Telefonnummer, nicht die ihres Handys. Mit steifem Schwanz stand er vor einer Tür, einer fremden. Dann war der Moment des Aufwachens, mehr hätte sie auch nicht ertragen können. Wovon träumte er wohl nachts? Das beschrieb er ihr nie. War es vielleicht besser so? Sie schlief wieder ein, angekuschelt an den Mann, den sie liebte, trotz der schmerzenden Narben. Am Morgen sah die Welt dann wieder freundlicher aus.
Ein Mensch ohne Narben hat nicht wirklich gelebt. Das hätte sie stark machen sollen, tat es aber nicht. Sie machte sich Gedanken darüber, warum ihr Leben so war wie es war. Nähe, Wärme, Gefühl und Hingabe, davon brauchte sie viel. Hatte sie das denn nicht? Sie war sich nicht sicher. Doch mit den Jahren redete sie sich ein, dass es besser sei, ihre Verzeihstrategie zu verbessern, als eine langweilige Ehe zu führen. Andere Paare konnten auch nicht glücklicher sein. Probleme gab es überall. Wenn sie mal mit einem anderen Mann flirtete, dann wurde er rasend eifersüchtig, aber auch sehr erregt. Das musste doch bedeuten, dass er sie liebte. Oder gab es eine andere Erklärung dafür? Er sagte, sie habe in all den Jahren nichts von ihrem Reiz eingebüßt. Das schmeichelte ihr sehr. Dabei vergaß sie ganz die Bilder auf seinem PC, die allesamt Frauen zeigten, die wesentlich jünger waren als sie. Sie ignorierte die breitbeinigen, sich anbietenden Posen, die scheinbar einen Reiz auf ihn ausübten, weil sie käuflich waren. Statt dessen ging sie ins Bad, richtete sich her, so dass sie sich und ihrer Umwelt gefiel und die Welt schien in Ordnung zu sein.
An ihrem 40. Geburtstag holte sie eine Schachtel aus dem Schrank. Darin befanden sich Fotos und ein paar Briefe. Das war ihre Vergangenheit. Sie schaute sich sich die Bilder an und überlegte. Wie wäre ihr Leben wohl verlaufen, wenn sie sich damals anders entschieden hätte? Dann legte sie alles wieder in die Schachtel zurück, schloss den Deckel und stellte sie in den Schrank zurück. Sie deckte den Tisch, kochte Kaffee und empfing ihre Geburtstagsgäste. Er kam erst sehr spät nach Hause.

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Kommentare

20:04 16.09.2007
machmal ist die wahrheit so schlim das man sie einfach nicht wahr haben will. man flüchtet sich dann einfach in was rein und fängt an sich selber zu belügen nur um das offensichtliche nicht sehen zu müssen.
Soll der Kommentar wirklich gelöscht werden?
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Lilli_33 Offline

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2007-09-16 16:29