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Tagebuch goldkettchen
2015-11-23 11:24
Erster Dienst bei den Flüchtlingen

Letzten Freitag hatte ich meinen ersten Dienst in der Notunterkunft bei den Flüchtlingen. 

Momentan sind ca 50 Flüchtlinge (Männer, Frauen und Kinder) im Bürgersaal untergebracht. Ich war echt aufgeregt, weil ich ja auch nicht wusste was auf mich zukommen wird. Am Eingang waren 2 Security postiert. Ich hab gesagt: "Hallo, ich bin eine Helferin und zum ersten Mal da. Können sie mir sagen wohin ich muss?" Was mir als aller erstes aufgefallen ist, dass war der Geruch. Ja klar, wenn 50 Personen da leben, riecht es auch. Der Typ meinte, dass noch keiner von den Helfern da ist, er mir aber die Küche zeigt. Wir gingen also Richtung Küche. Zuerst gingen wir den Flur entlang und dann in den Saal. Der Saal wurde mit so großen, schweren Vorhängen abgehängt. So gibt es 9 Kabinen, die sich die Flüchtlinge teilen. Ich lief den Mann hinter her, durch den Gang und links und rechts die Kabinen. Er hatte den Schlüssel vergessen und musste nochmal zurück - ich blieb alleine zurück. Mir war etwas mulmig! Der Geruch, die Geräusche von aufwachenden Personen, Stimmen und vereinzelt liefen Leute rum. Der Typ kam zurück und mit ihm mein Arbeitspartner. Allerdings hat sich gleich heraus gestellt, dass wir unklücklicher Weise blöd eingeteilt wurden und beide zum ersten Mal da waren. Da standen wir nun also und wussten nicht was zu tun war. Der Typ von der Security meinte, dass gleich jemand von der AWO kommt und der über alles Bescheid weiß und uns bestimmt weiter hilft. Inzwischen hat er uns bischen was gezeigt, was er immer so mitbekommen hat. Albert (seit 1. November Rentner) und ich gingen zurück zum Flur und haben dort die Behälter für Kaffee, Tee und Milch geholt. Wir haben halt mal gemacht und so blöd auch gar nicht angestellt. Endlich kam der Typ von der AWO. Er hat uns erklärt, dass wir für die Getränke zuständig sind und er fürs Essen, ebenfalls ist das Geschirr unser Ding. Die Flüchtlinge waren auch alle gleich voll hilfsbereit. Einer hat uns mit dieser Industriespülmaschine geholfen, andere haben schmutziges Geschirr gebracht oder frisches geholt. Viele sprechen Englisch und alle sind freundlich. Ich hab mir extra einen weiten Pullover angezogen, die Haare zum Zopf gebunden und dezent geschminkt. Jedoch haben trotzen alle auf meine Beine geschaut - ich hatte eine Skinny Jeans an. Später kam dann noch jemand uns zur Hilfe und gab uns eine kurze Einweisung. Zu unserem Aufgabengebiet kam noch das Wäsche waschen dazu. Die Waschmaschine und der Trockner laufen den ganzen Tag. Heinrich meinte, dass es ihm auch wichtig ist, dass wir in Kontakt treten mit den Flüchtlingen und ihnen ein Lachen schenken. Albert - groß, graue lockige Haare und so sympathisch, setzte das sofort um. Er spricht super gut englisch und geht gleich auf Menschen zu. Einer der Flüchtlinge war am Tisch gesessen und hat deutsch gelernt. Mit dem Handy hat er sich das deutsche Wort übersetzt und dann auf den Block geschrieben und dahinter das syrische Wort. Also Albert setzt sich dort hin und beginnt deutsch zu unterrichten. Er hat das so lustig gemacht, dass gleich ne Menge Männer dazu gesellten. Die Frauen waren seperat gesessen. Einer der Frauen hat mich immer etwas seltsam angeschaut. Vielleicht hab ich es ja auch nur so empfunden. Ich hab es aber nicht geschafft, mich gleich unters "Volk" zu mischen. Ging erstmal in die Küche zurück und hab mich mit dem von der AWO unterhalten. Er hat mir mitgeteilt, dass die Flüchtlinge nicht in die Küche dürfen wegen Hygiene und so. Außerdem weiß man ja nicht, ob sie einen Krankheit haben oder so. Ja er hat recht. Die Flüchtlinge möchen aber auch gerne helfen und sich dankbar zeigen. Als ich fertig war, hab ich mich mit der Security unterhalten. Sie sind hier, um die Flüchtlinge vor "uns" zu schützen, vor Angriffen. Er meinte, dass morgen von den 50 Personen nur noch 15 hier sein könnten. Sie sind organisiert und lassen sich abholen. Da sie registriert sind, dürfen sie auch gehen. Sie müssen sich zwar am Ort melden wo sie sich aufhalten, tun es aber nicht. Nach der Aussage war ich erstmal etwas baff. Aber würde ich nicht auch dort hin wollen, wo Bekannte, Freunde oder Familie ist? Ich hab mich um 11 Uhr dann verabschiedet.

 

Ich ging dann heim und hab mich erstmal geduscht. Dieser Geruch, ich wollte ihn los werden. Irgendwie war mir zum Heulen und diese ganzen Eindrücke. Zum Einen wäre ich froh, wenn sie morgen weiter reisen würden und zum Anderen möchte ich sie wieder sehen. Ich hab zuhause ausgemistet. Winterkleidung für die Kids, Schuhe für die Männer, Spielsachen usw. Als ich bei den Flüchtlingen Wäsche gewaschen habe, hab ich Babykleidung gefunden. Ich hab einen Schneeoveral dazu getan. Ich möchte meinen Großen mitnehmen, dass er das sieht und die kleinen Jungs. Mir gehen all die Menschen nicht mehr aus den Kopf. Ich würde jemanden zu Weihnachten zu uns nehmen, aber mein Mann findet es nicht so toll. Diese eine Frau, die so seltsam geschaut hat, möchte ich paar Stunden mitnehmen, ihr die Stadt zeigen. Und ich bin im Verteitigungsmotus! Es sind wirklch alle Flüchtlinge total hilfsbereit und freundlich gewesen. Selbst die Männer, vor denen ich anfangs etwas bammel hatte. Und weiterhin bin ich im Widerspruch! Morgen hab ich wieder den Frühstücksdienst - zum einen würde ich mich freuen, wenn sie weiter vermittelt werden, zum Anderen möchte ich sie nochmal sehen......

Kommentare

07:21 24.11.2015
find ich auch super!
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19:44 23.11.2015
Echt toll, dass du dich so engagierst! :)
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goldkettchen Offline

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2015-11-23 11:24