Es kommt nicht häufig vor, dass ich am Wochenende überraschend einen Abend frei bekomme.

Man könnte nun annehmen, ich verwandel mich optisch schlagartig in eine Dragqueen und erreiche, weil Gevatter Alkohol meine zuvor gesunden Beine erlahmen lies, meine Wohnungstüre nur mit größter Mühe.

Aber nein, nicht wirklich.

Ich saß an einer Theke in einer spärlich besuchten Bar. Zu Beginn des Abends noch mit dem Vorhaben mich tief in meinem neuem Buch über Programmiersprachen zu vergraben.

Schnell ließ ich mich aber zu einem Cocktail einladen. Den edlen Wohltäter belohnte ich im Gegenzug mit meiner Beachtung. Meiner Meinung nach ein fairer Tausch.

Nach etwa zwei Stunden Smalltalk verließ ich fluchtartig und mit einem kurzen Händedruck zum Abschied die Bar. Es sollte bei ihm nicht erst ein Keim der Hoffnung entstehen, die kurze Bekanntschaft könnte zu mehr führen.

Ich wartete ohnehin auf meinen "Booty Call". Eigentlich der Begriff für unverbindlichen Sex auf Abruf. Kompliziert nur dann, wenn eine Person verliebt ist. Wie so oft und auch in diesem Fall die Frau. Also ich.

Nennen wir ihn E. Zuerst war er nicht mein Typ. Zu klein, zu jung, zu nett. Zudem hatten wir Monate nur über Handy Kontakt, womit ich fast aus schloss, es könne E nur um Sex gehen.

Ein Abend war aber ausreichend um meine Meinung grundlegend zu ändern.

Ich war neugierig und wollte ihn endlich sehen. Also tauchte ich mit meinen Freunden dort auf wo er feierte. Der Alkohol beschleunigte wohl so einiges. Änderte aber nichts an dem klaren, warmen Gefühl von ihm geküsst zu werden.

E fuhr an diesem Abend ohne mich nach Hause.

Einige Zeit später trafen wir uns. Statt zu einem Date, zu einem billigen Treffen spät Nachts in meiner Wohnung. Der Sex war großartig und es wäre zu schade gewesen diesen nicht zu wiederholen.

Er betonte oft, er komme nicht nur, um mit mir zu schlafen, er verbringe auch gerne Zeit mit mir. Leider immer nur in geschlossenen Räumen, ohne andere Menschen.

Ich lernte jemand neuen kennen. Nicht sonderlich gebildet und für eine Beziehung mehr als ungeeignet. Da ich kein Freund von Heimlichkeiten bin, teilte ich E die neue Bekanntschaft mit.

Nach einigen Wochen war die neue Bekanntschaft aber bereits eine abgelegte und E besuchte mich wieder häufiger.

Nun liege ich um halb fünf am Morgen in meinem Bett und erzürne bei dem Gedanken mich mehr als unter Wert zu verkaufen.

Allerdings sollte ein zu günstig anbietender Verkäufer sich nicht wundern, wenn die Käufer seine Ware wie Wegwerfartikel behandeln. Der Preis ist nun einmal für die Mehrheit ein Kennzeichen der Qualität.