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Tagebuch Lartox
2009-11-18 02:10
Tiefe

Mein zweiter Liter Glühwein geht zu neige und ich bin noch lange nicht so besoffen, wie ich es gerne wäre. Verhaltensnormen und Koordination bedeuten noch etwas und stören. Es steht noch so viel im Weg zwischen mir und meinem so ersehnten, befreienden Zusammenbruch. Dabei ist es wahrscheinlich so, dass ich nicht genug Substanz für einen solchen habe, dass es mir zu "gut geht".

Das Leben meint es momentan nicht gut mit mir. Natürlich meint das Leben gar nichts mit mir weil es überhaupt nichts meinen kann, aber irgendwie schafft es trotzdem, mit voll ins Gesicht zu watschen. Nichts, aber auch wirklich gar nichts, ist OK in meinem Leben, und ich habe die Schnauze voll.

- Diese Tasse war wohl zu kurz in der Mikrowelle... dafür kann ich sie schneller trinken -

Keine passende Musik. Mariah Careys Weihnachts-CD mag ich gern, gibt aber meine Stimmung aber auch nicht viel besser wider als alles andere. Wie beschreibe ich nur meine Gefühlslage? Ich nehme meine Tabletten und merke einen Unterschied, aber vor Unglück schützen sie nicht. Sie trennen nur meine Emotionen von meinem Ich und entfremdet sie von mir. Es ist höllisch, apokalyptisch unglücklich zu sein wie ich, und nichts zu spüren im Körper als gefasste Gleichgültigkeit. Wenigstens habe ich das Loch im Herzen, an dem ich mich festhalten kann...

Ich weiß nicht ganz, was ich mit dem Studium machen soll. Hätte ich nicht vor ein paar Tagen meinen Bescheid über die Studienbeihilfe bekommen, hätte ich mich ganz einfach exmatrikuliert. Jetzt wäre es wohl das beste, zumindest die Hälfte meiner mindest-ECTS zusammenzubringen und das Geld behalten zu können. Viel ist es nicht - da Sara ihren Abschluss hat, sind es nur noch 120-130€ im Monat. Trotzdem wird es gut sein, im Dezember etwas Kohle für Geschenke zu haben, für Allergietest, einen Mantel und vllt, nur vllt, einen DAT-Recorder. Aber das ist auch ein eigenes Thema.

Der Film... der Film der Film. Was ich aus der "Schauspielerei" gelernt habe ist schwer festzunageln. Es hat mich fasziniert und begeistert, aber mir auch gezeigt, wo meine Grenzen liegen. So wie in vielen anderen Bereichen liegen die sehr nah bei mir selbst und lassen nicht viel Beinfreiheit zu. Ich bin wohl kein Mensch für den Film, trotz all meiner gezeigten Ambition. Eine Lüge...?

- Supr, jetzt hab ich mir Glühwein auf die Hose geschüttet -

Im Grunde geht es darum, dass ich gelernt habe, wie wertlos ich bin. Letztes Jahr dachte ich noch, ich sei an einem Tief angelangt. Ich hatte ja keine Ahnung. Was auch immer ich bisher für Anliegen hatte, es ging immer um einzelne Dinge. Um Einsamkeit, um Freunde, um Sport oder Uni, um irgendwas. Noch nie war ich so tiefgreifend, so allumfassend enttäuscht von mir selbst. Wenn ich zurückdenke an den 10 Jahre jüngeren Robert kommen mir die Tränen. Dh sie würden kommen, hätte ich welche. Wie könnte ich es diesem kleinen Robert erklären, dass ich seine Jugend verplempert habe?

Immer schon hat man mich behandelt wie einen Hochbegabten. Über alles intelligent und gebildet und wasweißichwas, Lehrer wollten mich zu speziellen Schulen schicken und meine Peers bewunderten mich. Und jetzt lerne ich, dass ich im Grunde bescheuert bin. Meine geistigen Kräfte sind eine Beleidigung. Ich möchte nichts von ihnen wissen; sobald ich eine mentale Anstrengung zu absolvieren habe, könnte ich über meine Unfähigkeit kotzen.

Ich war der erfolgreichste Nachwuchs-Karate Österreichs aller Zeiten - jetzt kann ich noch nicht mal die einfachste Stellung einnehmen, ohne umzufallen - das meine ich wörtlich - und zu allem Überfluss hab ich mir beim beschämenden Kampf mit Emanuel oder sonstwem wieder meine Hüfte kaputt gemacht. In den nächsten Tagen gehe ich sie mir aufschlitzen lassen. Auf Therapie zähle ich nichts mehr. Dass ich einst so zuhause war im Kampf, soviel Freude ziehen konnte aus der Disziplin der Kata ist mir ein Mysterium. Mit dieser Person habe ich nichts mehr zu tun. Ich winde mich schon vor der leichtesten Anstrengung...

Politisch habe ich jede Verantwortung abgegeben. Ich sage nichtmal mehr was auf Sitzungen. Die ganze Bewegung, die um mich herum tobt, habe ich ziehen lassen. Der kämpferische Visionär, den ich hätte darstellen wollen, den gibt es nicht. Als ich Reden hielt vor Parteikonferenzen war ich jemand Fremdes.

...ich habe meiner restlichen Familie endlich erzählt von meinen Antidepressiva. Das war es, wovon ich schrieben wollte in den letzten Beiträgen. Es geschah als sie alle zu Besuch waren und wir bei Linda zuhause aßen. Ich sagte es so unschuldig wie möglich, doch die Reaktion ließ sich natürlich nicht klein halten. Mein Vater wurde laut und beschimpfte mich wie eh und je, und attackierte mich von den lächerlichsten Seiten. Dass er sich selbst widersprach zählte nichts, nur ich sollte zusammengeschrumpft werden; das war allgemein akzeptiert. Ich antwortete ruhig aber dezidiert, und an einem gewissen Punkt entschloss ich mich, zu gehen. Meine Geschwister hielten mich körperlich fest. Ich blieb bei meiner Haltung und sie verfolgten mich noch 3 Stockwerke nach unten und schrieen mir nach, aber ich dachte nicht ans Umentscheiden. Tatsächlich bereue ich noch heute, meinem Vater nicht alles ins Gesicht zu werfen, was er mir in den letzten zwanzig Jahren angetan hat - es wäre die perfekte Gelegenheit gewesen. Stattdessen kam ich am nächsten Tag wieder, etwas stiller, und auch an dem darauf, da alles wieder recht heiter war. Heute ist unser Familienverhältnis nur noch sehr unterschwellig verfärbt. Es tut mir ehrlich Leid um die Missgunst, die ich verursacht habe, aber noch mehr um all die Dinge, die ich so viel tiefer in mich rein gefressen habe...

Wo bin ich überhaupt? Mein Post hat keinerlei Struktur. Es gibt so viele Dinge, die ich sagen will, und so wenig kommt heraus. Auch wollte ich es aufheben fürs wirkliche Schreiben... Ja ich habe mich fürs Schreiben entschieden. Ich kann mit nichts umgehen, das Druck verspricht. Nicht Film, nicht chinesisch oder griechisch, kein Job und keine Kunst. Nur beim Schreiben habe ich mein eigenes Tempo und meine eigenen Regeln. Das bedeutet normalerweise das Gegenteil von Fortschritt und Erfolg, aber das hat bisher auch nur in einer Welt von Druck passieren dürfen und wäre auf sich gestellt vllt anders. Ich hoffe es. Ganz glauben kann ich es nicht.

Könnte ich es glauben, wäre ich nicht ganz so tief in diesem Loch. Von wie vielen Seiten ich noch darüber schreiben könnte... es ist einfacher zu sagen: ich habe nichts mehr. Nichts. Ich bin allein in einem schwarzen Nichts, das mich frierend und schreiend um das Recht zu existieren strampeln lässt. Ich finde keine Worte für meine Bestürzung über meine Lage.

- Vielleicht nach der nächsten Tasse -

Ich hab eh schon vergessen, welche Dinge ich schon abgeklappert hab und welche nicht. Es macht auch keinen Unterschied. Hier meine Problemchen zu offenbaren macht nichts besser. Es wirkt höchstens unglaubwürdiger auf etwaige LeserInnen (ha jetzt verwend ichs auch schon), wenn ich von Leid spreche aber nur 1-2 schlechte Beispiele bringe. Sei dem wie dem sei, es ist besser zu tippen als Sitcoms anzusehen, die mich nicht zum Lachen bringen.

Ich komme einfach nicht auf dem Punkt. Vllt hab ich zuviel getrunken, wahrscheinlich kenne ich den Punkt selbst nicht. Vergesst einfach, was ich geschrieben habe.

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2009-11-18 02:10