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Tagebuch Lartox
2010-01-24 17:25
Allgemein

Seltsam, auf gestern zurück zu blicken. Ich hatte, nachdem meine körperlichen Symptome angeschwollen waren, ein paar Tage ohne Medikamente verbracht, und zuerst ging es mir besser. Als aber meine künstlichen Schutzwälle zusammenschmolzen, kroch in mir die Paranoia hoch. Wie viel schlimmer kann alles noch werden? Werde ich dieses Leben durchhalten? Wie sehr werde ich allen wehtun, wenn ich so weitermache? Was wird passieren, wenn ich es nicht tue? Angst vorm Leben, Angst vor dem Tod, Angst vor jeder nächsten Sekunde. Angst, Angst, grässlich kreischende Angst! Und immer dieses Ziehen in den Armen, der Schwindel und die Schmerzen. Irgendwie brachte ich mich im Bett dazu, doch die Tabletten zu nehmen, die ich nicht mehr aus mir rausbekommen hätte können, hätten sie etwas mit mir angestellt (ANGST!!), und die Schmerzen gingen zurück. Ich atmete und nichts anderes, und irgenwann hörte ich auf, mich zu wälzen und zu krümmen. Ich wachte auf mit dem bleiernen Körper der weißen (oder der lachsfarbenen?) Pillen, und blieb bis etwa um 16:00 liegen. Dass ich das Bett nicht zerstörte mit diesem drückenden Gefühl.

Jetzt sitze ich. Schwebende Hände, schwache Brust und wenigstens ein trockener Mund. Das kenne ich. Der Überfluss (Fluss!) an Spucke von gestern und vorgestern war doch ziemlich nervig. Also wieder zurück vorm Computer, und nichts tun. Nichts. Von diesem schäbigen Zimmer wird man mich operativ entfernen müssen, sollte ich mal ausziehen. In meine Unterarme hat sich die Kante meines Scheibtisches passende Plätzchen eingekerbt, Kopf und Nacken fühlen sich noch einseitig verdrehter an als so schon durch das halbblinde Auge, vom an die linke Wand lehnen und auf den Bildschirm starren. Wie den im Lagerhaus der Firma Blum in Vorarlberg werde ich den Geruch hier niemals vergessen. Mit unbrechbarer Hand zieht er in mir Gefühle der Verwahrlosung hervor. Das ganze Wohnheim ist nichts weiter als ein müffelnder Kokon meines Siechtums.

Nichts, nichts, nichts! Seit Monaten und Monaten nur sitzen oder liegen und nichts tun. Nichts! Ich bin eine Verschwendung von Nahrung und Wasser. Für meine Erziehungskosten hätte sich meine Familie lieber eine Wohnung kaufen sollen. Ich bin da und werde irgendwann verschwinden, und werde so viel Auswirkung gehabt haben wie ein zufälliges Muster im bräunlichen Schneematsch am Straßenrand.

Ich würde ja wieder früher aufstehen, trainieren, essen, einen neuen Therapeuten suchen, Leute ansprechen, lachen, realistische Zukunftspläne machen... ich sehe nur nicht ein, wieso. Spätestens seit Anfang dieses Monats habe ich nicht mehr die Nerven, zuzusehen, wie alles, wofür ich gelebt habe, vor sich hin krepiert. Aber darüber will ich nicht schreiben.

Fast ist es still. Die Fraktionen, die gestern noch in mir Krieg geführt haben, haben jetzt zugenähte Münder. Das wird reichen, um mich später in eine schauspielbare Lage zu versetzen. Stella und Anna essen mit mir zu Abend, gnädigerweise. Vielleicht erzähl ich mir ein paar Witze oder so.

Kommentare

19:22 21.02.2010
Doch schreib drüber - was von dem, wofür Du lebst, krepiert?
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13:27 21.02.2010
Jud Süß? Das hoffe ich auch :)
LG
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22:52 20.02.2010
Hey, im Übrigen werd ich mir "deinen Film" ansehen, wenn er dann in die Kinos kommt, auch wenn er bei der Berlinale nicht so prickelnd angekommen ist. Ich hoffe, man findet und erkennt dich
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12:48 10.02.2010
hm, bewegt mich sehr wie du schreibst. Alles liebe!
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2010-01-24 17:25