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Tagebuch Kampfradieschen
2006-10-25 10:35
Zeitreise nach LU / MA
Gestern war einer dieser Tage an dem ich meinen Job so richtig mochte. Warum? Ich durfte weg aus meinem Büro, in die Außenwelt und ein Paar Kunden besuchen. Das ganze durfte ich nach eigenem ermessen und ohne Termine, einfach nur um zu schauen wies den draußen aussieht. Ich entschied mich dieses mal die Gegend um Ludwigshafen und Mannheim unsicher zu machen. Nun ja, durch einen sehr seltsamen Zufall lagen all die Kunden die ich mir ausgesucht habe zufällig entweder direkt neben der Fußgängerzone, dem Media Markt oder einem Einkaufszentrum (*unschuldig pfeift*)… Ich war also gestern bummeln und shoppen und hab dabei geld verdient… Da mein Chef das gut findet wenn ich auf eigene initiative Rausfahre werde ich in Zukunft wohl jeden Monat einen Shopping Tag in unterschiedlichen Städten meiner Wahl haben… Ich frage mich ob ich dieses Zusatzshoppen als Argumentation dafür benutzen kann das ich mehr Gehalt will… .-)

(Es kann sein das der Rest des Eintrages ein wenig konfus ist… Entschuldigung wenn das der Fall sein sollte, ich schreibe diesen Punkt hauptsächlich für mich, bemühe mich aber es verständlich zu halten)

Ich war also unterwegs, ich war nach 2 Jahren mal wieder in Ludwigshafen (LU) und Mannheim (MA)… Ich habe mir diese beiden Städte ganz bewusst ausgewählt weil ich mich dort auskenne. Schließlich hat dort mein Arbeitsleben sehr unerfolgreich begonnen. Immer wenn ich dort bin treffen mich wieder die Erinnerungen an eine Zeit die jetzt über 10 Jahre her ist, eine Zeit in der ich wenn ich heute zurückdenke jemand anderes war, ein Junger Kerl ohne eigene Meinung, ohne Ziele, jemand dem alles egal war, jemand der sich selbst nicht leiden konnte, jemand der damals fast von der Härte des Lebens zerbrochen wurde. Es war die Zeit in der ich wünschte ich wäre jemand anderes, die Zeit in der ich keinerlei Perspektive sah ich kein Selbstvertrauen hatte und ich nie im Leben geglaubt hätte das ich mal wirklich beruflich und privat begehrt sein würde. Ich hatte mich damit abgefunden ein Leben entweder in einem Job den ich nicht mochte zu haben oder eben ganz ohne job. Immer wenn ich an diese Zeit zurückdenke merke ich wie gut es mir heute geht. Es kommt mir sogar so vor als hätte ich damals meine Seele dem Teufel verkauft um jetzt das Leben zu haben das ich habe… Wer kann das schon von sich behaupten? (Trotz alledem ist es natürlich nie genug was man hat weshalb ich jetzt nicht so glücklich bin wie ich damals gedacht hätte zu sein). Als ich gestern wieder an diese Orte kam wurd ich von vielen Erinnerungen getroffen… Damals wohnte ich 70 KM entfernt und hatte oft nachmittags frei, aber eine Fahrgemeinschaft mit Leuten bei denen diese nicht so war. Da ich chronisch Pleite war habe ich mir kein Zugticket geleistet um heimzufahren, sondern viele Stunden mit Bummeln in den beiden Fußgängerzonen verbracht. Deshalb fiel mir zu jeder Ecke irgend etwas ein…

Zuerst war da der Media Markt. Die Hintergrundgeschichte zu erklären wäre zu komplex, aber genau dort, beim betrachten der Mitarbeiter und beim lesen eines Namens wurde mir vor ca. 10 Jahren klar das ich von der Frau hinter der ich ein ganzes Jahr her war, die mir immer wieder Hoffnung gemacht hat, einfach nur belogen wurde. Ich glaub jeder wurde schon mal von einem Mitglied des anderen Geschlechtes verarscht, aber so wie mir das damals passiert ist, das ist an Dreistigkeit kaum zu überbieten. Es ist lange vorbei, ich empfinde noch nicht mal mehr den Hass auf sie der mich damals an jenem Tag überwältigte, trotzdem frage ich mich immer wieder wenn ich da reingehe wie doof ich sein konnte, wie viel Zeit ich in sie verschwendet habe. Auch dieses mal stehe ich vor der Mitarbeitertafel und schaue ob ihr damaliger Freund noch immer dort arbeitet. Er war schon vor 2 Jahren nicht mehr da, aber trotzdem, man weis ja nie….

Ludwigshafen, beim Gang durch die Fußgängerzone fallen mir zu jeder Ecke Kleinigkeiten. Hier der Plattenladen wo ich viel Geld gelassen habe, heute ein Buchladen. Dort der Zeitschriftenladen wo ich den einzigen Diebstahl meines Lebens beging weil ich zu schüchtern war die eingeschweißten Hochglanzhefte zu kaufen. Gedanken an die unglaublich Viele Zeit die ich verbracht habe einfach nur von A nach B zu laufen und zu warten bis die Zeit vorbei ist… Zeit… Das wardas einzige wovon ich damals genug hatte. Da ich viel Zeit und wenig Geld hatte und LU und MA ja nur durch den Rhein getrennt sind habe ich um von einer Fußgängerzone in die andere zu kommen nie die Straßenbahn genommen (außer Schwarz) sondern bin gelaufen… Raus aus der Fußgängerzone in LU, über die Rheinbrücke nach MA, dort über das Unigelände in die Fußgängerzone von Mannheim… Richtig, das Unigelände. Dort waren immer viele Leute, nicht viel älter als ich, aber Sie studierten. Ich hatte einen Realschulabschluß mit 3,4 und war nicht gerade erfolgreich in meiner Ausbildung, ich kam mir doof vor. Ich hätte so gerne dazu gehört. Aber ich hatte kein Selbstvertrauen, wusste nichts von meinen Talenten. Niemand, am wenigsten ich selbst, ahnte damals obwohl ich um die 20 war das in mir mehr steckt.
Hätte jemand damals zu mir gesagt: „Hey S., du wirst auch studieren, in nur 5 Jahren, direkt nach deiner zweiten Ausbildung und kurz bevor du einen Leitenden Job bekommst ohne dich anzustrengen und den du auch behältst weil du in Abendschule studierst. Dieses Studium wird dir bezahlt nachdem man auf einen Nachwuchs Führungskräfte Meeting feststellt das dein IQ fast 140 beträgt. Du wirst zwar die hälfte der Vorlesungen blau machen aber trotzdem mit 1 abschließen und anschließend an und zu angebote von Headhuntern bekommen“, ich hätte es nie im Leben geglaubt. Ich spielte damals mit dem Gedanken mich einfach mal den Menschenmassen anzuschließen und durch das Unigebäude zu laufen, aber ich hatte Angst das man mich sofort als Doofi erkennt und rauswirft… Vielleicht, dachte ich mir, vielleicht sehe ich ja am Tag der offenen Tür mal eine uni von innen… Ich von damals komme mir vor wie ein fremder…

Fußgängerzone Mannheim, auch hier fällt mir unglaublich viel ein. Viele Läden in denen ich Zeit totgeschlagen habe. Ganz hinten in der Fußgängerzone gibt es einen Sexshop den ich irgendwann mal aus Langeweile und wegen dem Kick aufsuchte. Dort sah ich die erste Prostituierte meines Lebens. Ich war 18, Jungfrau, und hatte Gott sei dank kein Geld, sonst hätte ich vielleicht noch Dummheiten gemacht. Ich hatte nie eine echte Beziehung, außer ab und zu mal Knutschen auf dem Pausenhof bevor dies eine furchtbare Akne verhinderte war da nichts. Die „netten“ Arbeitskollegen die mich als Looser abtaten sagten das ich nie eine abgekommen würde und mir erschien das Logisch. Was hat sich an mir geändert das ich heute eine momentan wirklich tolle Beziehung führe und ich auch sonst irgendwie einen Schlag bei Frauen zu haben scheine? Meine beiden großen Pluspunkte hatte ich schon damals: Die strahlend blauen Augen und der Humor. Aber vielleicht war es mein Humor der mich damals selbst so auf das Abstellgleis stellte. Ich war schon immer Sarkastisch und mache Witze über jeden, am liebsten aber über mich selbst. Damals machte ich nur Witze über mich, und irgendwann machten die andere nur noch Witze über mich, somit wurde ich vielleicht zu der Witzfigur die ich war… Vielleicht….

All diese Dinge und noch viele mehr gingen mir gestern und heute durch den Kopf. Es war nicht leicht für mich, aber es hat mich geprägt. Irgendwie haben diese teilweise krassen Erinnerungen für mich etwas trotzdem schönes, weil sie mir zeigen wie gut es mir heute geht, mir das richtig bewusst machen. Damals träumte ich von einem Job der mir spaß macht, zu studieren, beliebt bei Frauen zu sein, alles ist eingetroffen und ich musste dafür nicht kämpfen. Es kam von alleine und es wird immer besser weil ich weis wo mein Platz im Leben ist, ich weis was ich kann und wovon ich meine Finger lasse, ich meine Schwächen kenne.
Es gibt aber auch etwas an dieser Längst vergangenen Zeit das mir Angst macht. Ich bin jetzt Glücklich, aber ich habe unglaublich viel Zeit mehr oder weniger verschwendet. Momentan bin ich zufrieden mit dem das ich habe, aber so nüchtern betrachtet bin ich der Prototyp für ein Mittlife Crisis. Sich nie richtig ausgetobt, seine Jugend irgendwie verschwendet… Kommt irgendwann der Punkt an dem ich das haben will, ich mich in sinnlose Abenteuer stürze? Im moment kann ich gut wiederstehen wenn ich irgendwo ein eindeutiges Angebot bekomme (Ja, das kam einge male vor), aber kann ich das auch noch in 10 Jahren? Wie denke ich in 10 Jahren über mich heute? Die Zeitreise gestern hat mich nachdenklich gemacht, wenn ich ich einmal in jemand anderen verwandelt habe, wer sagt mir das dies nicht noch mal passiert… Wenn ich nüchtern gesehen alles habe was ich wollte, warum bin ich nicht 24 Stunden am Stück glücklich? Was macht man wenn man schon jetzt mehr erreicht hat als man jemals dachte? Irgendwie bin ich momentan Grüblerisch….

Kommentare

09:01 26.10.2006
weil man nicht 24 std am tag glücklich sein kann. du machst dir ja nicht jede minute bewußt, wie glücklich du sein solltest... aber solange du dich über kleinigkeiten noch freuen kannst, ist doch alles ok. solange du dich glücklich fühlst (in einigen momenten mehr als in anderen), ist alles in butter.
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2006-10-25 10:35