Schlaflos
Der Tag gestern hat mir irgendwie den Rest gegeben. Vielleicht fing er schon blöd an, als ich beim Aufstehen das Gleichgewicht verloren und mit meiner Kniescheibe so richtig heftig gegen meinem Schrank gekloppt bin. Musikantenknochen läßt grüßen. So war ich zwar blitzschnell wach, aber einen blauen Fleck reicher.

Der Termin bei meiner Hausärztin stand auf dem Plan und ich hatte ja große Bedenken bezüglich meines Reha-Berichts, dem Polizei-Aufgebot, meiner Arbeitstauglichkeit, usw. Zuerst einmal mußte ich mir im Wartezimmer den Arsch platt sitzen. 2 Stunden gehen nun mal nicht spurlos an einem vorbei. Es war auch nervlich eine große Belastungsprobe, weil ich mich neben meinen erwähnten Ängsten über einen Typen aufregen mußte, der ständig nur am Meckern war und mit seinen Füßen nervös herumtrampelte. Klar gefallen mir die Wartezeiten auch nicht, aber das muß man wohl akzeptieren, wenn die Arztpraxis Notdienst hat... Ich hätte ihm am liebsten seine Füße an den Boden festgetackert und ihm die Handtasche seiner Frau ins Maul gestopft. Die war nämlich selbst etwas peinlich berührt...
Bei der Ärztin hatte ich gleich einen weiteren gelben Schein in der Hand. Nochmal 4 Wochen out of order. Wie deprimierend ist das denn? Solange bleibe ich nicht mehr Zuhause. Ich muß das irgendwie schaffen. Großhirn an Beine...
Sie hat mir dann ohne großartig etwas zu sagen eine Überweisung zur Psychotherapie gegeben. Ich sei ja nun schon lange depressiv und laut Empfehlung der Reha-Klinik sollte ich da ruhig mal hingehen. Super! Mache ich bestimmt nicht. Der Hammer ist, daß sie mir die Telefonnummer einer Therapeutin gegeben hat, die auch Ärztin ist und an die ich eher mit gemischten Gefühlen denke. Ich weiß noch genau, wie sie als Ärztin mich mal gefragt hat, ob ich denn schon mal eine Spritze bekommen habe. Hallo? Ich bin MS-Patientin. Da ist sowas schon fast an der Tagesordnung. Dann fragte sie mich ob man das eine Medikament intravenös oder subcutan spritzt. Hallo? Und jetzt soll ich da zur Therapie hin? Nie im Leben nicht. Und zu dem anderen Psycho gehe ich schon mal gar nicht. Die können mir auch kein neues Leben schenken.

Mein Lieblingsthema "Rente" kam auch noch auf den Tisch. Mit meiner Symptomatik würde ich sofort berentet werden. Und ich kann ja erstmal zwei Jahre.... Bla Bla Bla! Nach zwei Jahren stellt mich sicher keiner mehr ein. Und von dem bißchen Rente, welche ich beziehen würde, kann ich wohl kaum leben.

Die Krankengymnastik am Nachmittag war dann auch sehr ernüchternd. Erstmal kam ich mir da vor, wie auf dem Präsentierteller und zweitens kann ich mir nicht vorstellen, daß mir das dort hilft wieder auf die Beine zu kommen. Ich mußte Übungen machen, die ich noch nicht konnte. Meine Beine reagierten ataktisch, was ein Zeichen dafür ist, daß ich überfordert war. Aber anstatt den Pegel runterzuschrauben, machte der Therapeut es mir nur schwerer. Erstmal war mir das peinlich, weil die anderen Patienten und Fitness-Anhänger mich beobachten konnten, wie ich da rumzappelte und zweitens war das nur Frust. Ich bin total geladen nach Hause gefahren und mußte mich dort erstmal abreagieren.
Ich habe solch eine verdammte Angst, daß das nicht mehr so wird, wie es mal war. Ich bin schon fast da, wo ich nie hin wollte.

Aber wenn ich da bin, werde ich gehen.