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Thursday, 28. March 2024
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Tagebuch Hochzeitsreise
 1910-02-02 hh:mm
Morgens 8 Uhr wurde die Tagewa...
Morgens 8 Uhr wurde die Tagewacht geblasen, wir haben uns schnell angezogen u. frühstückten. Das Meer war wild, jedoch unser Riesenschiff teilte die Wellen u. schaukelte nur wenig, trotzdem sah man blasse Gesichter, Herr Lourie sah grasgrün aus! Um 10 Uhr gab es Kraftbrühe mit belegten Brötchen, wir tranken trotzdem noch Sherry. 12 Uhr Lunch weil um 1 Uhr man in Neapel landete. Lourie u. Jünger aus Nagold schlossen sich uns an u. nahmen wir zusammen einen Wagen die Stadt anzusehen. Erst mußten wir aber lunchen. Ein ital. Kapitän fuhr uns entgegen u. lenkte das Schiff in den Hafen. Einige Nachen mit Bänkelsängern u. Taucher u. Veilchenverkäufer umringten unser Schiff. Warf man einige Münzen ins Wasser so tauchten die Kerle im kalten Wasser u. holten das Geld. Ein Heer von Gassenjungen hockte od. stand am Ufer uns zu empfangen, so einen Schmutz u. Armut muß man gesehen haben. Als die Brücke angelegt stürmten unzählige Gepäckträger herauf, so daß man kaum abwärts kommen konnte. Froh waren wir endlich im Wagen zu sitzen, Fritzchen schmückte mich mit einem ungeheuer großen Veilchenbusch, hat sich der Einfachheit halber vorn angestellt. Erst fuhren wir zu Cook dann z. Lloyd dann in die Stadt. Was für ein Schmutz dort ist, ist nicht zum Sagen, dennoch muß es sehr reiche Italiener geben die mit den elegantesten Equipagen u. Autos ihre Besorgungen machten u. einen seltsamen Contrast bilden zu dem lumpigen Straßengesindel, das nachts im Freien logirt u. tags durch betteln u. stehlen sein Dasein fristet. Da Nachts ¼ 2 erst unser Dampfer abfährt, beschlossen wir ins Opernhaus zu gehen. Dort jedoch mußten wir leer abziehen, da eine Sängerin absagte u. deshalb das Teater geschlossen blieb. Nun fuhren wir ins Opernhaus II Ranger.
Dort wurde Faust gegeben u. bekamen wir eine Loge I Galerie zu 12 L. Dann fuhren wir in ein Cafe der Galerie Pinkert, bezahlten dem Kutscher die Taxe, die Hälfte was er haben wollte u. tranken Tee. Dann machten wir uns zu Fuß durch die Straßen Herr Lourie wollte einen Korbstuhl kaufen, erst suchte er alle Apoteken ab für seine Mittelchen bis er stehen blieb vor einem Laden in welchem wollene Strümpfe zu 30 ct. zu haben waren, er kaufte sich gleich ½ Dutz. Fritzchen auch, Herr Jünger suchte sich billige Ballhemden aus, ebenso Herr Lourie. Fritzchen kaufte mir Pralines. Ziemlich beladen betraten wir das Restaurant: Garden v. Turin, dort hatte Herr Jünger uns ein feines Dinner bestellt u. ein Riesenflacon Chianti dazu, daß wir uns beinahe genirten an dem Tisch zu sitzen.Erst bekam ein Jeder eine Schüssel Maronsoni mit Tomaten, wir konnten kaum einige Gabeln voll essen, Jünger dagegen futterte 2 Schüsseln hinunter. Nach vollbrachter Mahlzeit fuhren wir zu 4 ren in einem Taxameter nach dem Teater. Das war eine Fahrt zum Totlachen! Ich saß zuletzt auf Fritzchens Schoß, während Herr Jünger auf dem Rücksitz sich beinahe verrenkte. Nun stiegen wir die Treppe hinauf ein Diener besah die Billets u. öffnete uns Loge 8. Wir bedauerten beihnahe nicht in Toilette zu sein, denn so beguckt sahen wir gerade nicht vornehm aus u. so betraten wir die Loge.
Wie überall so sah man auch hier die alte italienische Kunst. 6 Galerien voll Malereien u. elektrischen Lichtern, wir saßen in einer Fremdenloge u. benahmen uns dementsprechend. Als die Musik nicht gleich anfing polterten u. pfiffen die Leute. Gesungen wurde sehr gut, nur war das Gretchen noch mal so groß als Faustkenner besehen, das in der Gartenszene komisch wirkte. In den Pausen gingen wir heraus, wenn da nachher nicht sofort weiter gespielt würde, pfiff u. klatschte das Publikum. Nicht befriedigt verließen wir die Loge, tranken in der Galeria hinterher Cafe u. fuhren dann vornehm in 2 Wagen zum Schiff. Als dasselbe aber den Hafen verließ, schliefen wir fast.

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