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Tagebuch Hip-Hop-Girl
2006-11-16 15:09
Winter
Sie sitzt allein in dem leeren Café. Hinter der großen Schaufensterfront des Cafés breitet sich die dunkle Leere der Nacht aus. Auf der Glassscheibe spiegelt sich das kalte Licht der Deckenbeleuchtung. Draußen schneit es unaufhörlich.
Gedankenverloren blickt sie auf den einfachen Kaffeebecher, der vor ihr steht; dämpfend und verführerisch duftend. Sie bemerkt es nicht.
Sie friert. Der kleine Heizkörper an der Wand strömt Wärme aus, doch er kann die Kälte nicht vertreiben.
Eine gelbe Mütze hat sie tief ins Gesicht gezogen, das dunkle Haar flüchtig im Nacken zusammengebunden. Ihren grünen Mantel hat sie eng um den zitternden Körper geschlungen. Sie will die Wärme an ihren Körper fesseln. Und doch kann sie die eisige Kälte spüren. Sie dringt durch die Fenster, sie umhüllt die junge Frau, fasst nach ihrem Herzen.
Ihr treten Tränen in die Augen, heiße Tränen, die ihre roten Wangen herunterlaufen. Sie heftet ihren Blick auf die helle Tischplatte. Sie wirkt kalt, wie eine spiegelglatte Eisfläche.
Der Stuhl gegenüber ist leer. Sie weiß, dass er leer ist. Er wird leer bleiben. Wütend fährt sie sich mit den Händen über das nasse Gesicht. Sie hatte sich geschworen nicht mehr zu weinen. Sie hatte es ihm versprochen.
Der Anblick des leeren Stuhls schnürt ihr die Kehle zu. Sie schnappt nach Luft, drängt die von neuem aufsteigenden Tränen zurück.
Sie sieht aus dem Fenster. Die Schneeflocken tanzen unschuldig an der Glasscheibe entlang. Nur sie weiß wie kalt und unbarmherzig diese Flocken sind. Sie sind eiskalten, gefroren. Sie kennen kein Erbarmen.
Die junge Frau steht auf. Sie lässt den wärmenden Kaffee einfach stehen und tritt hinaus ins Schneetreiben. Sie wusste, dass es schneien würde. Es schneite immer an diesem Tag. Seit fünf Jahren beobachtete sie wie jedes Jahr an diesem Tag Schnee fiel.
Sie ging durch die finsteren, kalten Straßen. Einige Autos begegneten ihr. Auch sie hatte vor fünf Jahren an diesem Tag in einem Auto gesessen.
Sie ist auf dem Weg zu ihm. Sie weiß, dass er da sein würde. Er würde für immer dort sein. Bald würde sie zu ihm kommen und die Kälte der letzten fünf Jahre abschütteln.
Sie griff in ihre Manteltasche, holte den Schlüssel heraus und schloss ihr Auto auf.

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