Vater-Knast-Warum?
Ich spreche nicht gerne darüber, nur mit bestimmten Leuten, aber wenn man es sich die Seele runterschreibt, soll es ja helfen!!

Tja, ich muss da ganz weit zurückgehen in meine Kindheit, bzw. Jugendzeit. So 13 Jahre zurück.
Da war ich 14. Da war eigentlich noch alles toll! Gut, ich war kein Kind, dass von seinen Eltern das Neueste und Beste bekommen hat. Ich bin sehr bescheiden erzogen worden. Damals waren Topmodern: die SIMBA Bärchenfamilien, Barbie sowieso, Regina Regenbogen (ne dat war früher), Playmobil (ja wir spielten noch mit 13, 14 Jahren mit Lego und Playmobil, etc.); auf jeden Fall bekam ich zwar vieles was ich wollte oder mir wünschte, aber alles als Imitat. Nie das Original. Aber je älter ich wurde, desto mehr prägte es mich, dass ich mit 17, 18 stolz darauf war, dass ich keine Levis brauchte oder ESPRIT-Klamotten, für mich zählten andere Dinge. Aber somit war ich immer, bzw. oft Außenseiter. Nur meine richtigen Freunde, die nahmen mich so!
Jedenfalls wohnten wir, als ich 14 war, in einem Dorf, auf einer Spielstrasse in einem mittelständigen Haus zur Miete. Mit Oma, Bruder und wir 3.
Irgendwann wollten dort aber die Kinder der Vermieter einziehen, so mussten wir ausziehen, wenn wir was Neues finden.
Da meine Eltern mit mir aber in dem Dorf bleiben wollten, weil dort alle meine Freunde lebten, suchten wir dort. Wir fanden dann ein großes Haus, ca. 160qm (vorher 90). Teuer, alles offen, viel Heizkosten sollten kommen. Mein Vater als Alleinverdiener.
Ich weiß nur soviel, dass wir nach einem Jahr Zwangsgeräumt wurden. Zu diesem Zeitpunkt litt ich aber schon knapp 6 Monate an einer komischen Störung meiner Psyche. Ich konnte plötzlich keinen Schritt mehr vor die Türe treten, dann bekam ich Angst/ Panik. Natürlich wusste ich nicht, warum, zu diesem Zeitpunkt!
Mein Vater tat alles, alles für mich, um rauszufinden, was mich krankmachte. Er fuhr mit mir zu jedem Arzt, brachte mich zur Schule, holte mich wieder ab.....er hatte mindestens genauso die Nerven blank, wie ich Heute. Aber er ist nie ausgerastet in meiner Gegenward oder hat mich vor Wut und Verzweiflung geschlagen.

Wir zogen dann aus, in ein Asylviertel. Aber nur eine Nacht, dann zogen wir in einen andren Ort zu Bekannten für Übergang.

Nach 3 Monaten bekamen wir die Wohnung darunter und später die auch darüber. Dort lebte ich dann mit meinem Bruder und meine Eltern unten mit Oma.

Meine Panikattacken waren dann wieder weniger, dann wieder mehr...etc. Das bekam ich dann aber in den Griff, hab es zwar heute noch, aber man kann damit leben.

Meine Mutter ging wieder arbeiten, mein Vater sowieso und so war es dann ganz gut.

Dann wurde meine Oma schwerkrank. Mutter hörte auf zu arbeiten. Weniger Kohle...klar. Dann starb meine Oma. Wieder arbeiten ging dann aber nicht, weil kein Platz mehr dort war. Dann wurde mein Vater arbeitslos. Mit 47 oder so. Beerdigung musste aber bezahlt werden und alles andere. Und meine Eltern haben sich nie Hilfe geholt. Professionelle meine ich.

Die Langeweile quälte meinen Vater. Er ging Spielen. Ich holte ihn regelmäßig da raus und flehte, dass er damit aufhören solle. Meine Freunde bekamen das ja alles mit. Der Ort war sehr klein.

Er spielte unsere Familien in den Ruin.

Dann mussten sie wieder ausziehen, weil die Miete nicht mehr bezahlt werden konnte. Meine Mutter bekam nichts mit. Nur ich immer. Mit 15 Jahren. Mir fiel mit der Zeit immer auf, dass meine Mutter immer mehr meckerte und mein Vater immer mehr dicht machte. Wenn er telefonieren sollte, dann tat er einfach nur so. Aber ich bekam das immer mit. Ich kannte ihn zu gut.

Ja und das ging dann immer weiter. Mal Arbeit, mal nicht. Mal kurz vorm Knast, dann nicht.......

Bis DER Tag kam. Im September 1998. Da musste er zum 1.x weg. Kam aber schnell, 3 Monate, wieder. Weil er Arbeit bekam.

Dann 2000, September (immer über meinen Geburtstag) das 2.x! Alles wegen Diebstahl. Da er kein Geld hatte, um einzukaufen und sich vor seiner Frau schämte.
Er wurde immer erwischt, ging allein zu Gerichtsverhandlungen und sagte uns nichts. Erst, wenn er mich aus dem Knast anrief.....

Tja und dann jetzt im Februar d. J. Da er sich gestellt hat, kam er in den offenen Vollzug. Haftdauer 18 Monate. Da er ja jetzt im Geschlossenen sitzt, bin ich froh, wenn er wieder im Offenen sitzt. Man kann sich mit der Situation abfinden!

Für meine Eltern gab es keinen anderen Weg. Gott wird sich etwas dabei gedacht haben! Meine Mutter war lange, 3 Jahre, krank mit dem Rücken. Jetzt geht es wieder, weil sie MUSS!!! Die Briefe meines Vaters werden immer klarer und ihm wird bewusst, dass es SO nicht weitergehen kann!!!
Und ich glaube an ihm. Mein Onkel und mein Opa haben ihren Sohn und Bruder aufgegeben!!! Ich gebe meinen Vater nicht auf. Selbst der Sohn meines Vaters, mein Bruder, steht nicht zu ihm! Und seine Frau erst recht nicht.

Aber mein Vater bleibt mein Vater und mein Blut!! Und ich liebe ihn!