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Friday, 19. April 2024
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Tagebuch Gustav_Landwehr
 1937-10-22 hh:mm
Wenig Verständnis für meine Mission
Wieder liegen einige Feiertage hinter mir, ob sie schön waren, ich kann es selbst nicht sagen. Da Beckum Zuwachs erwartete, war ich dort nicht. Heute morgen schrieb Paul, daß ihr kleiner Junge tot sei, nur wenige Augenblicke habe er gelebt. Eine Schwester habe ihn noch auf den Namen Horst getauft. Paula hat tüchtig gelitten, ich will nur hoffen, daß sie wieder ganz gesund wird. Wie oft habe ich wohl für sie gebetet. Und Paul und Paula selbst, wenn ich auf unser Gespräch schließe, möchte ich annehmen, daß sie nicht daran gedacht haben, und das macht mich ein wenig traurig. Onkel Dröge in Wertherberge ist auch vorige Woche gestorben. Eine Woche vorher war er an Magengeschwüren operiert. Als ich ihn vorigen Samstag besuchte, dachten wir beide wohl nicht daran, daß wir uns nicht mehr wiedersehen würden. Leider konnte ich nicht zur Beerdigung bleiben. Außerdem ist Tante Vogelsang, die zwischen Martha und Martin eine Vermittlerrolle gespielt hat, gestorben. Vorigen Sonntag waren Martha und Martin bei uns, Martin und seine Familie habe ich recht lieb gewonnen. Ich weiß selbst nicht, wie das kam, aber noch nie bin ich mit so wenig Freude nach hier gefahren, wie gestern. Vielleicht kommt das von den vielen Eindrücken, die ich gerade während dieser Woche bekam. Wie oft muß ich es bei Verwandten und Bekannten erleben, daß man mich als harmlosen Besucher ganz gern hat, ein gewisses Verständnis und Interesse wird auch für die Mission aufgebracht, damit ist es dann aber auch endgültig aus. Sicher wird der Mann geliebt und geachtet, der manches lernt, was andere nicht lernen.. Und dann mal erst die Reisen, was gibt es da nicht alles zu sehen, und was kann man erleben. Am letzten Verständnis aber fehlt es bei den meisten Menschen. Dann wird von den Leistungen, Nöten und Entbehrungen der Mission gesprochen, sage ich dann aber, daß es nichts weiter ist, das versteht man nicht. Trotzdem wird für die Mission gern und viel gegeben. Aber alles ist Leistung. Und Paulus schreibt an seine Gem. in Korinth: Was ich aber bin, das bin ich aus Gnade. Ich glaube, jeder in der Mission stehende hat mehr oder weniger unter diesem nicht verstehen können von den Leuten zu leiden.
Mich läßt das oft eine große innere Einsamkeit fühlen. Wie dankbar muß ich sein, dass Tante Johanna wirklich das Anliegen der Mission versteht, für alles was sie an mir tut, kann ich nie dankbar genug sein. Soviel hätte Mutter nie an mir tun können, und mit welcher Liebe und Aufopferung sorgt sie für mich. Aber diese Gedanken kann ich ihr nicht sagen. Ich sehne mich nach etwas anderem, nach einem Menschen, den ich wirklich lieb haben darf, und der mich lieb hat, mit dem ich ganz offen über alles sprechen kann, der mich, und den ich ganz verstehe. Vielleicht ist das nur eine Illusion, vielleicht werde ich nie jemanden finden, dem ich so etwas sagen kann, mit diesen letzten Gedanken sind wohl die meisten Menschen allein. Wenn es möglich wäre, schriebe ich noch heute an Heidchen, vielleicht daß sie mich verstehen würde. Es tat mir leid, daß ich sie in Häger nicht getroffen habe, oder war es so wohl besser, nun blieben meine Gedanken ruhiger. Dann kommen mir auch wieder andere
Gedanken, sollte es nicht doch zu viel sein, was ich von ihr verlange? Wie wird sie sich überhaupt stellen, wird sie mich nicht einfach verlachen? Mancherlei bewegt mich, eins aber ist sicher, seit ich an sie denke, ist mein Denken ein ganz anderes geworden. Die letzte Not bei mir ist wohl, daß ich nicht genug auf Gott sehe, sondern immer auf die eigene Kraft baue, und dabei habe ich vorigen Dienstag über die Kraft Gottes gesprochen. Wenn die Leute doch wüßten, wie es oft in den anderen Menschen aussieht. Da glauben wir, wenn uns die Menschen oft mit einem frohen Lächeln entgegentreten, es stecke wirkliche Freude dahinter. Verbirgt sich aber nicht oft hinter dieser Maske eine abgrundtiefe Not. Ich bin dankbar und mehr, als dankbar, daß ich immer wieder merken darf, wie Gott es allein ist, der immer wieder Kraft verteilt. Gestern bin ich mit Ewald Schildmann und dessen Braut gefahren, Ewald scheint ziemlich unter dem Abschied zu leiden. Nun ist auch der neue Seminarleiter da. Wir hatten heute morgen den ersten Unterricht bei ihm. Vom ersten Augenblick an habe ich ihn lieb gewonnen. Wenn wir nur nicht zu viel auf ihn bauen.

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