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Friday, 19. April 2024
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Tagebuch Gustav_Landwehr
 1938-07-16 hh:mm
Herrliche Ferienfahrt und...die Liebe entdeckt
Mühe und Arbeit, aber auch Freuden hat die Woche mit sich gebracht. Vor 3 Wochen haben wir unseren Seminarausflug nach Zeppenfeld gemacht. Samstag früh gings los. Leider war es anfangs derart nebelig, daß wir im Wagen buchstäblich nichts sehen konnten. Als wir aber in Eiserfeld ankamen, hatte sich’s aufgeklärt, herrlich lachte die Sonne, und dann gings „per pedes apostolorum“ dem Ziel entgegen. Kurz vor dem Dorfe wurde gerastet, und von einem freien Platze aus wurde einige Lieder ins Dorf gesandt, der erste Gruß.
Ich traf liebe Gastgeber, bei denen ich mich schon bald wie zu Hause fühlte. Ein schönes Dorf, unser Zeppenfeld, von allen Seiten zwischen Bergen gelegen. Eigentümlich lugen die Fachwerkhäuser zwischen Gärten und Bäumen hervor. Am Sonntag Morgen predigte P. Florin. In der Nachversammlung im Walde sprachen: Insp. Delius, Miss. Diehl, Alfred Lehr und Werner Kreuz. Zu Beginn der Feier gabs ein ganz kräftiges Schauer Regen, welches aber in keiner Weise die Feier beeinflußt hat. Rührend war dann am nächsten Morgen der Abschied. Viele kamen mit zum Auto, vor fast jeder Tür standen Leute, uns ein Lebewohl zuzuwinken. Über Rötgen ging die Fahrt nach Siegen und weiter zum Edergebirge, dann an der Eder entlang nach Berleburg, der Heimatstadt des Seminarleiters. Vom vorigen Jahre her war mir die Gegend noch ziemlich bekannt. Leider hat es fast den ganzen Tag geregnet, so daß nicht viel zu sehen war, dennoch waren wir recht fröhlich und haben tüchtig gesungen. Die Prinzessin von Berleburg hatte uns 2 Torten gestiftet, die natürlich mit besonderen Gedanken verzehrt wurde. Leider war das Schloß nicht zu besichtigen, und der Park wirkte wegen des Regens nicht. Auch vom wunderschönen Sennetal war infolge des Regens fast nichts zu sehen. Mit neuen Kräften und Mut für die Arbeit kamen wir endlich wieder hier an. Zum Jahresfest am letzten Mittwoch waren ausnahmsweise viel Leute erschienen. In Unterbarmen hielt P. Dr. Kleßmann die Predigt und in Gemark P. Joh. Busch. Ordiniert wurden die Brüder Scheibe, Kuhlmann u. Paul Horst Meier. Abgeordnet zur ersten Ausreise Br. Windhövel u. W. Schmider. Für die zweite Ausreise: Jul. Möller, Niemeier u. Rathemeier. Ungefähr 800 Menschen haben hier zu Mittag gegessen, nachmittags waren 3000 hier oben. Br. Niemeier klagte mir sein Leid, weil er von P. Kleßmann, wie er sagte, direkt unanständig behandelt wurde. Und daß er, obwohl er fast ein Jahr dort gewohnt habe, noch nicht einmal zur Predigt gebeten worden sei. Morgen wollen wir vom Helferkreis noch einen Spaziergang machen.
Schon eine Woche liegen die Ferien zurück. Am Sonntag vor den Ferien haben wir den Kindergottesdienst-Ausflug nach Dönberg gemacht. Wegen der schon begonnenen Ferien fehlten allerhand Kinder, dafür waren die Eltern zahlreicher erschienen, als ich gehofft hatte. Da ich mit dem besten Willen keinen Festredner auftreiben konnte, mußte ich selbst ein wenig stottern und habe dazu das Wort: „ Weide meine Schafe“ gewählt. Am nächsten Morgen bin ich in die Ferien gefahren. Während der ersten Woche habe ich im Garten gearbeitet, und dann gings bei großer Hitze auf Fahrt. Zunächst gings nach Bremen mit seinen vielen Sehenswürdigkeiten. Nach meinem Dafürhalten ist Bremen eine der schönsten und saubersten Großstädte Deutschlands. Angesehen habe ich mir: den Dom, das Rathaus, die Liebfrauenkirche, die Böttgergasse, den Roland, den Hafen und das Verwaltungsgebäude des Norddeutschen Loyd. Weiter ging dann die Fahrt über Delmenhorst, Brake und über den Deich nach Hagen, wo ich in einer Scheune direkt am Deich geschlafen habe. Eine wunderschöne Nacht war das im Heu. Als ich am nächsten Morgen aufwachte, ging gerade die Sonne auf. Einzig blitzte das Wasser, über das unzählige Möven hinflogen. Im Hintergrunde, in Nebel gehüllt die Stadt Bremerhafen, mit den vielen Türmen und Schornsteinen. Ein Bild, das ich nie vergessen werde. Rasch war ich fahrbereit und dann nach Bremerhafen. Einen gewaltigen Eindruck machte die Eurga auf mich, welche ich besichtigen konnte. Über den Deich gings dann weiter in Richtung Cuxhaven, welches ich aber wegen des starken Gegenwindes nicht ganz erreicht habe. Nach einigen Stunden habe ich am Strand gelegen und gebadet um dann weiter. Einen überwältigenden Eindruck macht das Meer, wenn man es zum erstenmal in seiner ganzen Schönheit vor sich liegen sieht.
Die Heide in ihrer ganzen Pracht habe ich noch durchfahren. Gern wäre ich noch einen Tag in Hermannsburg geblieben, wo ich fast wie ein König aufgenommen wurde, aber ich mußte heim, denn am Sonntag erwartete mich einiger Besuch aus Löhne. In der Nähe des Steinhuder Meeres habe ich noch eine Nacht bei Bekannten von Karl-Heinz geschlafen und den Leuten am nächsten Morgen beim Dreschen geholfen. Den Dorfbewohnern hat das gewaltig imponiert. Im ganzen Dorfe war bald bekannt, ein Missionar und kann solche Arbeit, seltsam! Fünf Tage war ich unterwegs und habe 800 km zurückgelegt. Immerhin eine Leistung, die nur in der Ebene möglich ist, und dabei habe ich viel gesehen. Im Verein mußte ich noch eine Gebetstunde und auf einer Freizeit Morgenandacht halten. Heidchen habe ich mehrere Male getroffen und mehr und mehr den Eindruck, auch sie liebt mich ein wenig. Oder ist das bei ihr wohl nur ein Rausch? Seltsam ist immer, wie und wo wir uns treffen, arbeite ich im Garten, kommt sie vorbei, gehe ich zur Kirche, treffen wir uns ebenfalls oft. Nie haben wir dann gesprochen, ob wir uns irgendwo treffen können und sind doch wohl beide darauf bedacht, uns möglichst oft zu treffen. Nie haben wir auch eine Andeutung von Liebe gemacht, und doch lieben wir uns.

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Gustav_Landwehr Offline

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