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Tuesday, 16. April 2024
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Tagebuch Gustav_Landwehr
 1939-05-21 hh:mm
Heidchen ist nicht tropentauglich
So ganz anders als ich geglaubt, ist nun alles gekommen. Ach, die Stunden des Glückes sind immer so kurz, und ihrer sind so wenig. Wie rasch vergehen sie, und Stunden der Mutlosigkeit, Trauer und Niedergeschlagenheit folgen. Ich aber soll glauben, daß die schweren Zeiten immer die gesegnetsten sind. Es ist aber so schwer, in Zeiten wo man nur Leid sieht, an die Liebe und Hilfe Gottes zu glauben, zu glauben, daß er alles zum Besten führt. Herr, schenke mir diesen Glauben, dass ich mit Dir nicht hadere. Nur vier Wochen hat unser Glück gedauert und schon liegt es zerbrochen am Boden, und ich kann es noch nicht glauben. Morgen abend werden es schon 2 Wochen, dass ich von Heidchen den Brief erhielt. Ostern machte sie mir einige Andeutungen, daß der Arzt gesagt hätte, sie habe ein wenig mit dem Herzen zu tun. Da sie jedoch nichts davon spürt, nimmt niemand die Sache ernst, und nun ist es doch viel schlimmer, als geglaubt. Der Arzt hat ihr weiterhin das Turnen verboten. Ich muß Heidchen so dankbar sein, dass sie mir sofort in aller Klarheit davon geschrieben hat. Ich weiß wohl, was dieser Brief für dich bedeutet, so schreibt sie mir und ist schon der Ansicht, dass ich ihr vielleicht nicht mehr antworten könne. Dann habe ich ihr sofort geantwortet, dass ich die Sache noch nicht für verloren ansähe, noch kann Gott ein Wunder tun, und daran will ich glauben. Ich mußte ihr auch schreiben, ich habe dich lieb, sehr lieb, aber über deiner Liebe muß die Liebe der Mission stehen. Und da hat das arme, liebe Mädchen mir noch eine ganz große Freude bereitet. Sie schrieb, auf den Gedanken, daß ich einen anderen Weg gehen könne, sei sie gar nicht gekommen, ich hätte ihr dadurch eine große Enttäuschung bereitet. Stünde ich aus eigener Kraft und eigenem Willen in der Mission, ich wäre bereit, ihretwegen jeden anderen Weg zu gehen, heute kann ich das nicht. Wie groß und selbstlos ist Heidchen. Sie nimmt alles aus Gottes Hand, auch, wenn es ihr schwer fällt, weil sie nur Dunkel um sich sieht. Es ist so leicht, an Gottes Hilfe zu glauben, wenn die Wege, die Gott uns führt, mit unserem Wollen und Leben übereinstimmen, heute aber, wo Gott einen andern Weg führt, ist das so schwer. Dann habe ich sie gebeten, ob wir uns Pfingsten nicht noch einmal treffen könnten. Nun kam gestern ein Brief, der auch meine letzte Hoffnung zerschlagen will. Ein ärztliches Attest. Heidchen hat sich auf Bethel untersuchen lassen, und der Arzt hat festgestellt, dass Tropentauglichkeit wohl nicht in Frage kommen kann. Gestern abend schrieb sie mir dann noch dazu, und sie ist gefasst. Oft wollte mir aller Mut und alle Freudigkeit entsinken. Es tut mir so weh, dass sie nun wissen muß, nie kann ich im Leben tun, was ich will, immer bin ich gebunden, und das alles muß sie allein durchkämpfen. Aber allein sind wir nie, wir haben einen festen Grund. Und eins will ich immer tun, für sie beten. Vielleicht will Gott uns auch nur einen anderen Weg führen. Dann habe ich ihr noch mal geantwortet, was auch kommen mag, wenn möglich, wollen wir uns nocheinmal aussprechen, und nun hoffe ich, daß sie nach Häger kommen mag. So wohl und glücklich hatte ich mich noch nie gefühlt, und nun ist alles ganz anders gekommen, als erwartet. Vielleicht hatte ich mich in zu starkem Maße auf die eigene Kraft verlassen und wollte Gott nur als mein Werkzeug betrachten, und er will und muß mich nun in seine Schule nehmen. Trotz allem, eins muß ich sagen, das letzte Jahr war das schönste meines bisherigen Lebens, vielleicht auch das schönste aller Zeiten, und zu wahrem Glück hat Heidchen mir verholfen, dafür werde ich immer dankbar sein. Oft litt ich unter innerer Einsamkeit, keinen Menschen hatte ich, dem ich alles sagen konnte. Da ist mir Heidchen ein Lichtblick gewesen, aber nur für einige Zeit. Aber, wenn auch nur für kurze Zeit, so hat sie mich doch glücklich gemacht, und das werde ich ihr nie vergessen. Alles, was uns bewegte, konnten wir uns sagen. Wenn das nun vorbei ist, dann wird die kommende Zeit vielleicht wieder ein wenig einsam werden. Und ob ich je einen Menschen wiederfinden werde, mit dem ich so vertraut sein kann? Mag da kommen, was da will und mögen die Menschen von ihr reden und denken, was sie wollen, ich werde nie böses von ihr glauben, immer soll sie einen Freund an mir finden, wenn ich meine Freundschaft auch nach keiner Seite hin zeigen kann. Wenn auch kein Lichtblick zu sehen ist, so habe ich dennoch einen leisen Hoffnungsschimmer. Auf unser Zusammentreffen freue ich mich, und doch habe ich große Sorge deswegen. Wie Gott mich aber führt, so will ich willig und ohne Murren gehen. Mit Anni Abte, die zur Zeit zum Kursus hier weilt, habe ich einige Spaziergänge gemacht. Einmal waren wir bei Frl. Allstadt, an einem Sonntag waren wir zu Frau Brinkschmidt. Zu Frau Brinkschmidt muß ich Tante und „Du“ sagen. Auch zu Anni sage ich „Du“, Gestern abend haben wir mit Werner Steinmann und dessen Braut einen Spaziergang gemacht. Vorigen Sonntag waren wir mit dem Helferkreis im Deilbachtal. Das waren immer frohe Stunden. Nur all das Schöne paßte nicht in meine Stimmung. Gleich will Anni mich noch mit einem Frl. Marten aus Vlotho besuchen. Im Schwesternheim hat man mich schon der Vize-Bräutigam getauft.

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