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Wednesday, 24. April 2024
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Tagebuch Gustav_Landwehr
 1939-07-02 hh:mm
Alles spricht von K r i e g !
Es läuft die Zeit Geschwindeschritt und wir, wir laufen alle mit. Eben bin ich aus den Ferien zurückgekehrt, und nun denke ich schon wieder an die andern Ferien. Vorletzten Donnerstag ist Winnetou nach Amerika gefahren. Ich habe ihn zur Bahn gebracht. Obwohl er sich schon lange auf die Fahrt gefreut hatte und vor Sehnsucht fast vergehen wollte, fiel ihm der letzte Abschied doch schwer. Er hat sogar geweint. Und einen Kuß habe ich erhalten, womit er in letzter Zeit immer sehr sparsam war. Vorigen Sonntag hatte P. Florin Geburtstag. Während des Blasens lud er uns zum Kaffee ein da haben wir wieder einmal eine frohe Stunde verlebt. Dort haben wir immer den Eindruck, dass Herr P. und auch seine Frau meinen, wie sie sich geben. Im Kindergottesdienst sind jetzt im Sommer immer nur wenig Kinder. Ab und zu nur 60 –70. Oft ärgere ich mich ein wenig darüber, ändern lässt sich an der Tatsache nichts. Heute morgen hatte ich wieder einmal Weißkreuz Stunde zu halten. Über den Text Gal. 1.6-11 habe ich gesprochen und die Stunde unter das Thema „Gnade“ gestellt. Verwundert war ich über die sich anschließende rege Aussprache. Wenn der Kreis dort auch immer nur klein ist, so habe ich doch den Eindruck, dass alle wirklich mit ihrem Christenleben Ernst machen wollen. Für die nächsten Wochen sind uns 20% an Devisen gestrichen, und es besteht durchaus die Möglichkeit, daß während der nächsten Monate gar keine Gelder mehr nach draußen können. Alle vorgesehenen Ausreisen müssen natürlich verschoben werden. Wird es auf die Dauer überhaupt sein, den Arbeitsstab im alten Umfang zu erhalten? Das sind Sorgen, die uns heute nicht loslassen. Und dann mal erst das Seminar, kann es in diesem Umfange erhalten bleiben, denn nach menschlichem Ermessen wird die Devisennot nicht so rasch zu Ende gehen. „Wenn du glauben könntest“, die Worte schweben mir immer vor Augen. Die Sündhaftigkeit der Menschen wird mir immer klarer. Wir arbeiten, kämpfen, bauen auf und beten auch ernstlich. Dabei wollen wir aber immer nur uns, Gott uns gefällig machen, er soll unser Sklave sein. Unsere Arbeit, auch Reichsgottesarbeit, tun wir zum größten Teil unsretwegen. Wenn ich bete, dann muß ich erkennen, ich will mich ja selbst. Meinetwegen, nicht zur Ehre Gottes will ich aufs Missionsfeld. Wir sind ein Geschlecht, das böse ist. Um unsrer Sünde willen muß Gott eine rechte Sprache mit uns reden. Was wollten wir tun, wenn Gott uns nicht in erbarmender Liebe seine Gnade zuteil werden ließe. Herr Direktor sagte uns, wenn jemand in Anbetracht der ernsten Lage den Mut verlöre, dann solle er es ruhig sagen. Solange Gott unsern Dienst will, wollen wir nicht zurückgehen. In den letzten Wochen wird viel von Krieg gesprochen. Wir verlangen von Polen den Korridor zurück. Überall hört man von Truppenzusammenziehungen an der polnischen Grenze. Die eigentlich zum 1. Okt. einzuziehenden Soldaten werden schon zum 20. Juli eingezogen. Eben sagte mir Heini Börger, der einige Wochen dient, dass sie noch nicht so rasch entlassen würden. Die ganze Welt gärt, überall will es zu Explosionen kommen. Was wird die nächste Zeit bringen, vielleicht müssen wir noch alle in den Krieg. Seltsame Gedanken durchschwirren meinen Kopf, furchtbares Denken ist das immer. Da denke ich, wenn wir auch nie nach draußen können. Oder auf der anderen Seite, wenn ich alle die Schwierigkeiten um mich sehe, wenn wir doch alle in den Krieg müssten. Gott wolle mir diese Sünden vergeben.

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