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Tagebuch Feuervogel
2008-01-03 22:00
Brief: Verlorene Worte
Faktum, zugleich auch Beschämnis, ist, dass ich seit der Preisverleihung kaum je mehr mit Worten experimentiert habe. Wenn, dann kamen sehr leidige, karge Texte heraus, die mir nicht genügten, mich nicht zufrieden stellten. Zumeist sind es Gefühle, die ich in meinen Worten abbilden möchte, Gefühle werden in Geschichten, öfter aber in Momentaufnahmen oder kurzen Sequenzen gespiegelt. So macht sich bei mir eine beissende Trägheit breit, der Eindruck mich ständig immer wieder zu wiederholen, zu repetieren was ich schon vor Jahren schrieb, mit andern Worten, sinnähnlich waren sie alle meine Schriften. ES ist da ein Punkt, an dem ich nicht weiterkomme. Als Lösung dieses Problems las ich viel, ich las immer viel, aber nun versenkte ich mich fast gänzlich in Fremder Worte und Sprache, hoffte sie könnten mir zeigen, wie die Geschichte erfunden würde, Gedanken fortgesetzt, weitergesponnen würden. In vielen zeitgenössischen Büchern fand ich zu einfache, gar schon arme Sprache, die mich nicht zu begeistern vermochte, Geschichten, die jeder schreiben hätte können, für die kein Buch veröffentlicht hätte werden müssen. Die Sprache geht verloren, immer wieder stelle ich es schmerzlich fest. Oscar Wilde vermochte ohne Umsicht zu verfassen, was heute mir bald das Kostbarste ist. Er flocht Strang um Strang Geschichten, die so durch- und bedacht waren, dass es mich verwundert, wie wenig Anspruch der „heutige Leser“ noch hat. Wie wunderbar die frühen Dichter, Denker und Philosophen eigene, aussergewöhnliche Ausdrücke für Umstände fanden - heute benutzt ein jeder die Wörter, die es gibt, schlimmer noch; Wendungen die millionenmal aufgewärmt und serviert wurden, die schon lange verloren haben was ihnen vielleicht einst Glanz verlieh. Da ich etwas eigenes schaffen möchte, nicht zum bereits Bestehenden greifen möchte, ist es so schwer zu schreiben. Wenn ich schreibe, dann muss da etwas entstehen, dass hinaus in die Wirklichkeit will, gedrängt ist, etwas mitteilen muss, denn warum soll ich Geschichten erzählen, wenn es die selben sind, die schon vor Jahren erzählt wurden?
Sind Sie bei Ihrer Arbeit auch darauf bedacht Neues zu finden, ergeht es Ihnen in dieser Sache gleich?

Wie ich bereits erwähnte, habe ich länger kein zeitgemässes Buch gelesen, das mir gefiel, anders bei Arthur Philips, dessen Werk „Prag“ eben jenes Neue schafft, das ich erstrebe. Er hat eine eigene Sprache, die das Buch trägt und wunderbar mit der Geschichte harmoniert, so wie Sie schrieben – durch den Inhalt zum Stil und wahrscheinlich auch umgekehrt. Sehr lesenswert, falls auch Sie ein Buch benötigen, dem sie viel abgewinnen können.

Ich mag die ganze Welt der Literatur, die Menschen, die sie schreiben und die Orte an dem sie verkauft wird, ich mag das Gefühl beim Lesen dieser Schriften und die Gedanken, die man mit ins Leben nimmt und mit sich trägt. Schon immer...es ist wunderbar.

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2008-01-03 22:00