Gestern Abend war ich mit Vater zum Kompagnieabend, zur Kaisers Geburtstagsfeier in Wilhelmshafen. Der hell erleuchtete Saal ist dicht angefüllt mit Menschen und Tabaksqualm. Meistens sind Soldaten anwesend, aber auch Frauen der Feldwebel und andere Zivilpersonen sind andächtige Zuhörer der köstlichen Darbietungen, die von Mitgliedern der Kompagnie veranstaltet werden. Ein jeder erhält zwei Zigarren und 5 Glas Bier, natürlich auch ich.

Zuerst trug ein Oratoriumssänger Lieder vor, dann folgten plattdeutsche Repitationen, sehr nett mit anzuhören. Aber das Gediegendste leistete Fizefeldwebel Lehmann. Er sang ein Lied zur Laute, ein schwermütiges Abschiedslied mit wohltönender, klagender Stimme. Wie er so träumerisch in die Saiten griff, und ebenso träumerisch vor sich hinschaut, da hätte ich nie geglaubt, dass dieser Mann auch lustig sein kann. Doch der kleine, fast kahlköpfiger Soldat entpuppte sich bald als ein äußerst zündender Humorist, der … mit derartiger Komik vortrug, wie ich es nie für möglich gehalten hatte. Dann sang eine Frau Feldwebel 'die Uhr', Stolzenfels und andere schöne Lieder mit äußerst wohltönender Stimme. Verschiedenes andere, z. B. turnerische Darbietungen folgten. Es war ein entzückender Abend, ich habe mich ausgezeichnet unterhalten. Mir war so fröhlich ums Herz.

Gestern Abend hätte ich es ganz anders erzählt. Ich habe sehr wenig Zeit, die Arbeit drängt furchtbar. Auch hier streiken die Arbeiter. In Berlin ist gestern Blut geflossen.