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Tagebuch enna
2014-11-23 09:55
die augen weit geschlossen
[22.11.14]

also gebrauche ich für ein weiteres mal: diese elendigliche plattform - schwarzabgründig und als einziges licht, das bleibt, das fällt aus den fingern und dem herz: worte. also, gebrauchsanweisung für eine katastrophe steht da unter meinem namen unter meinem kopf fällt der vorhang - und etwas, ein wunsch, löst sich ab von den im auswuchs von starrsinn vorgeschobenen gründen, wird bewegung, wird bild, wird wort, wird träne - und purzelt in die welt (ein tupfer farbe, wieder, vielleicht), gibt sich unverhohlen, in unschuld kursierend, hat in wahrheit aber einen harten hieb drauf, den ich gerade zu spüren kriege, inmitten seiner preisgabe ans bewusstsein - oder wie meine großmutter sagen würde: das schmeckt wie knüppel vor dem kopf, und ja, das tut es gerade, ganz und gar superlativisch, übersetzt auf meiner ganz persönlichen schlimmskala: ich bin unglücklich. un-un-un. glücklich. aber "glücklich" zu sein wäre auch kein von mir zu erreichen gewünschter zustand. aber man wird wohl schon ahnen, was ich meine. ach herrje, immer diese vorgetäuschte empirie, dieses überwärmte halbwissen, das ist doch was für leute mit motten unter den mützen, alter. ja, ich bin unglücklich, traurig (aber das verdränge ich) und völlig - völlig abgefahren, neben der spur, zweidoppeldreifachabstellgleisig, synchrondyston. ich träume und träume und träume und träume, und weine und weine und weine immer wieder um: den ort. um den ort, um diesen ort. um einen heimatort. daß er dazu wurde, unbemerkt, robust, ständig - das bemerken ich erst: jetzt, mit allen verwandten und gleichen konsequenzen, okay, das war scheiße von mir, es war scheiße pathetisch und unerlich von mir, einfach. und die zigaretten sind auch scheiße pathetisch und unehrlich, nicht von mir, aber zu mir. ach, und weinen, ja, das kann ich, und wie ich das kann. wenn es eine kann, dann ich, jawohl. jedenfalls, war es unehrlich, weil eigentlich weine ich gerade zum ersten mal. weil eigentlich ich mir gerade des leuchtenden, lukullischen wunsches bewusst, bewusst, bewusst, ganz bewusst wurde: zurückzugehen, zurück dorthin, wo ich herkam, und das ist noch nicht lange her. diese wünschen, dieses sehen, dieses denken und lenken und träumen und deuten und verrenken und schlenkern und das alles, was man tut, nur weil man ein mensch ist, es mag weiter gehen, und ich ihm nachwinken, aus halbmondaugen gütig lächelnd es loslassen und wieder etwas finden, vielleicht, aber es wird wohl doch niemals ganz ausheilen, sie wird immer bleiben, diese spur melancholie, diese prise mehr als nostalgie. solange ich kitschbesudelte lieder höre und die träume und die nacht mich immer wieder zurückbringen,... - weil erst hier fühle ich was ist, was unvollständigkeitist, zu träumen vom komplettsein, von einem anderen komplettsein, von einem, das ganz physischer natur ist - vom komplettsein im raum, in dem ich mich (wieder) spüren kann, in dem ich (wieder) weiß und anerkenne: ich habe einen körper, bin geerdet und lebe nicht in einer absonderlichen ablösung. wie kann es doch noch gelingen, ich mich diesesm raum annähern, mich gut fühlen, was kann ich tun, ich bin verantwortlich, ich habe alle freiheiten - aber was kann ich tun? will ich das überhaupt? wie will ich mich hier fühlen? was will ich hier fühlen? als was soll das meine erinnerung bereichern? was will ich hier lassen, was mitnehmen, was will ich machen mit diesem lebensabschnitt, neu-anfang? neu-anfang! jedoch, meine vorstellung waren andere. in eine wohngemeinschaft wollte ich einziehen,  in dieser stadt angesichts der mietlage ein ding der unmöglichkeit, ich hatte mich gefreut, auf menschen und chancen, aber was jetzt? ich scrolle durch das alte vorlesungsverzeichnis und denke: warum hast du es nicht getan? bist nicht auf die bühne gegangen, dort hattest du sie, hattest alle, alle chancen - doch erst jetzt, so spät, entfaltet sich der mut, es zu tun. komisch, abstrus und scheiße und verfluchenswert ist das doch. manchmal muß man gehen, verlassen, zurücklassen, bloß um der erkenntnis willen. und ja, so ist es doch, anerkenne ich erst hier mein potential, erst hier. wieso so weit gehen, wieso so weit gehen? und doch komm ich nicht weit, hier. setz mich unter druck: stell dich nicht so an, kann doch nicht so schwierig sein, kann doch nicht, kann doch nicht, mach doch, mach doch... ja, ich mache doch, ja, ich mache doch, und doch falle ich immer noch ein bisschen tiefer, ja, ins bodenlose. und wieder diese begrifflosigkeiten der gefühle, durchsichtig wie luft, nur eine dünne schicht aus worten, unleserlich für plumpe sinne wie diese. ich machs mir aber auch nicht leicht, gerade, wirklich nicht. [...] ich gehe zu den schreibtreffen, und fühle mich nicht wohl, ich versuche, eine selbsthilfegruppe zu gründen, und gebe auf, ich gehe in die uni, und fühle mich nicht wohl, ich gehe in die stadt, und fühle mich nicht wohl, ich gehe in den wald, und... heule. ich fahre von seminar zu seminar, keine fünf minuten pause, und fühle mich nicht wohl.  und nebenbei - vergess ich mich oder was auch immer, immer. es war okay, am anfang. es war okay, mehr nicht. faktum ist: ich will das machen, dieses studieren, ohne zweifel mit absoulter bejahung. aber anscheinend nicht hier. warum auch immer. ich hatte versucht, ein paar pläne zu machen für die vorlesungsfreie zeit, gewissermaßen als eine art motivationsvorschub habe ich eine auswahl an (anscheinend) besuchenswerten städten getroffen - münchen, prag, ulm, stuttgart, straßburg. aber bei allem, was ich versuche, es fühlt sich nicht richtig an. stattdessen gehe ich auf in der planung meiner ferien in göttinen. außerdem möchte ich sabrina besuchen, vielleicht schon im dezemer, so bald als möglich. ich bin nicht mehr das, was ich dachte, zu sein, ich erkenne mich nicht wieder. ja, ich existiere, zweifellos, das tue ich, aber so was wie leben, das ist woanders. und ich habe mich beileibe weit genug aus der viel besprochenen komforzone bewegt, nach einer langen zeit des stillstands, des rückzugs, der schwebegeistigkeit und erst jetzt erkenne ich, wie wertvoll das war, wie nah mich das hinbrachte zu einem so ganz erfüllten gefühl von dasein. und wieder frag ich mich: wo bin ich hingegangen? ja, ist es nicht absonderlich? dachte ich vor ein paar monaten noch, nicht mehr lebendig zu sein, so war ich es wohl mehr noch, denn je, als jetzt allemal. ich dachte, an diesem ort nichts mehr sein zu können, das gefühl, zu gehen, abschied zu nehmen, in der überhand,  und jetzt? was ist jetzt? ich verkläre nicht das, was war, ich strenge mich an, es nicht zu tun. es war keine gute zeit, zugleich war es auch eine ganz wunderliche, seinsnahe, existentielle, eine so ganz ehrliche, menschliche zeit. und obwohl ich weiß, dass ich das will, zu studieren, und ich mein ziel kenne, für das ich doch eigentlich mit freude lernen und ein gewisses maß an anstrengung investieren sollte, lerne ich nicht, lerne ich nichts, nur mehr mit mühe und widerwillen, und ja, irgendetwas läuft hier eindeutig unrund, beunruhigt mich, und ich habe angst, vor den "ratschlägen": streng dich noch ein bisschen mehr an! hast du schon das versucht...? du bist doch erst seit oktober da... was erwartest du? sprich einfach mit den leuten, mach das einfach...ja, wirklich, ich mache so viel, aber es bewegt mich nicht. fraglich, ob es anderswo besser würde. ja, ich vermisse göttingen. ich vermisse die vorstatdwege, ich vermisse die "weite" der landschaft. obwohl hier weit und breit, da war es in gö weitaus hügeliger, kein berg den blick beschränkt, fühle ich mich von der enge dieser stadt schier aus der form genommen. ja, für mich fühlt es sich sehr klein, sehr beengend an, hier - und unübersichtlich, geradezu chaotisch. all die kleinen wege und das chaos, das zwischen den veranstaltungen anklopft auf den straßen, wenn wir wieder mal den ort wechseln müssen, zu fuß oder per rad, ein sagenhaftes gemisch an unausgewogenheit und unübersichtlichkeit, überall menschen, blech und fahrradketten, von der bibliothek fühle ich mich erschlagen und erdrückt, als würde sie geradewegs auf mich niederstürzen, davor ein heer aus fahrrädern, kreuz und quer auf dem gehsteig platziert. wo ist die weite, wo sind die wiesen? ich möchte nicht alles schlechtreden, aber zurzeit ist es nicht gut, wirklich nicht gut, trotz der bemühungen, dachte ich: du musst nur das wagnis eingehen, dann wird alles gut. aber beinahe nichts fühlt sich besser an, vor allem fehlt mir wohl die nähe zu sozialen verstärkern. ichsag das jetzt einfach so prosaisch daher, aber ja, so ist es wohl: menschen, sie fehlen mir. ich kann gut und gerne allein sein, ja, bedarf ich dieses in-mich-seins sogar weit mehr, als ich einst annahm, undingesamtoffenbart sich, dassich sensibler zu sein scheine als der großteil der menschen erkenne ich allein daran, dass all diese jungen menschen, wie großartig und ordentlich sie sind in ihren aufzeichnungen während ich schlichtweg nichts tun kann, zu sehr beschäftigt mit zurechtkommen, damit, wieder: mich beisammenzuhalten. merkwürdig. sehr merkwürdig. in göttingen, während des studiums, habe ich zwar auch als drastisch empfunden, aber in weitaus geringerem ausmaß. es ging mir vergleichsweise gut - zumal ich mir immer pausen genommen habe und ausreichend zeit für mich hatte. hatte - anscheinend - ja nicht mal das bedürfnis nach (außer)universitärem engagement, war ich ja noch der annahame, so was nicht zu können und habe derartiges nicht einmal den hauch einer chance gegeben, zu viel dies, zu viel das, zu viel krickel, zu viel krackel, und jetzt, da ich erkenne: ich kann viel mehr als das, als krickelkrackel, will ich das am liebsten dort ausleben, an "meinem" ort, wo ich fünf jahre gewohnt habe und geworden bin, wäre ich jetzt bereit, mich ganz drauf einzulassen, dort, wo ich eigentlich doch so gern gewesen bin, und wenn es immer noch weh tut, auf die website des studentenwerks zu gehen und sich dabei ertappen zu müssen, wie man mit dem finger auf dem lageplan der mensa seinen weg abstreift und zu lächeln anfängt und danach an zu weinen, wie man sich sehnt nach seinen alten rückzugsorten in der bibliothek, die es hier in ermangelung angemessener räumlichkeiten nicht gibt, und schlussendlich zu bemerken, dass sich jedes materielle teilchen in einem zurückbewegt und sich sehnt nach einer gegenwart weit hin zurück: dort. und doch, doch ist es absurd. wie ich ins tagebuch schrieb, hinweg zu fahren über diese stadt, weit hin zur endstation, weiß ich jetzt: nein. doch was war, was war passiert, als ich das schrieb? und ich dachte, es sei einerlei, wohin es mich verschlüge, solange ich nur eine aufgabe habe. nun habe ich eine, und kriege sie nicht hin. ob mir das anderswo besser gelänge? ich vermisse göttingen wirklich schmerzhaft, das ist nicht nur eine im vorbeitippen hingeschnalzte schwafelei. ich träumte unlängst, wieder in der wohnung zu sein, aufzuwachen in dem bett, ans fenster zu treten. all diese eindrücken hatten sich anfangs einer beachtlichen endgültigkeit verschrieben, aber die träumen kehrten zurück, fanden mich, sah ich mich wieder auf den vorstadtwegen, bemerkte den parkplatz, aber kein mich dort versichernden hinweis, stellte mich vor das wohnhaus, das umspannt war von einem gewaltigen kokon aus eis, der es festhielt im freeze. ich ging hin zur haustür, hatte noch den schlüssel. kurz der blick hin zum briefkasten, dann die erinnerung: es ist vorüber. dennoch gehe ich hinein, mit bedacht verwandt jedes dieser kleinen schritte, wandeln sie die treppen hinauf bis hin zu dem flur, in dem meine wohnung lag, stellte ich keinerlei veränderung fest, war alles geblieben, genauso anschmiegsam, wie ich es einst in meine erinnerung manövriert hatte. aber ich blieb stehen, ging keinen schritt weiter, ich wagte und vermochte es nicht - die gegenwart hielt mich, inmitten dieser vergangenheit. nicht, dass ich mich in diese wohnung zurückwünschte (aber: insgeheim wäre das schon grandios), nicht, dass ich irgendwelche ansprüche stellen wollte, oh gott, ja, doch, ich sollte mich zu dankbarkeit anhalten und demut, aber... es geht mir nicht gut, aber diese gefühle habe ich wohl nun bereits zu genüge in sprache verquirlt. ab dem ersten dezember beginnt die bewerbungsphase für einen ortswechsel. und ich werde mir zumindest ansehen, was das bringt. unterdessen werde ich weitermachen. unter welchen umständen auch immer. wer liebt macht sich nicht klein, nicht wahr? guten morgen, gute nacht.

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enna Offline

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