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Tagebuch Eaglechen
2003-03-20 15:32
Krieg
Jeder wird wohl heute morgen Nachrichten gesehen haben. Ich hoffe es, es ist wichtig zu sehen, das Menschen neuer Schmerz, neues Leid hinzugefügt wird. Und es ist wichtig zu sehen, dass es Menschen sind, die das tun.

Ich habe eine alte Deutschklausur von mir heraus geholt, in der wir ein Gedicht bearbeiten sollten, welches ich damals nicht mal annähernd so wahr genommen wie zur Zeit. Die letzten Zeilen wollen mir nicht mehr aus dem Kopf, durchdringen mich, lassen mich weinen.

Matthias Claudius: Kriegslied

s"ist Krieg! "s ist Krieg! O Gottes Engel wehre
und rede du darein
"s ist leider Krieg, und ich begehre
nicht schuld daran zu sein!

Was sollt ich machen, wenn im Schlaf mit Grämen
Und blutig, bleich und blaß
Die Geister der Erschlagenen zu mir kämen
und vor mir weinten, was?

Wenn wackre Männer, die sich Ehre suchten,
verstümmelt und halbtot
im Staub sich vor mir wälzten und mir fluchten
in ihrer Todesnot?

Wenn tausend, tausend Väter, Mütter, Bräute,
so glücklich vor dem Krieg,
nun alle elend, alle arme Leute
Wehklagten über mich?

Wenn Hunger, böse Seuch und ihre Nöten
Freund, Freund und Feind ins Grab
versammelten, und mir zu Ehren krähten
von einer Leich herab!

Was hülf mir Kron und Land und Gold und Ehre?
Die könnten mich nicht freun!
"ist leider Krieg - und ich begehre
nicht schuld daran zu sein!

Wieso bringt es nicht auch jene zum weinen, die dafür verantwortlich sind? Ich verstehe es nicht, will es nicht verstehen. Sie begeben sich in sichere Position, sehen nichts, hören nichts, erfahren kein Leid. Jene, die es erfahren sind Bürger, Frauen, Kinder, Männer, Menschen, die diesen Krieg nie wollten. Sie schreien um Hilfe, doch anstatt zu helfen, wird ihnen noch mehr Leid zugefügt.
Keiner wird mehr als einzelne Persönlichkeit gesehen, von niemanden wird der Schmerz gesehen, weil wir ja nun angeblich ein Volk sind, ein Ganzes. Wir gehen unter in dem breiten Spektrum der Politik, unsere einzelne, tragische Geschichte sinkt mit.
Niemand sieht uns, niemand hört uns.

Ich muss an die hunderttausenden von Opfern in Hiroshima denken. Ich weiß, ich spreche das Thema vielleicht zu häufig an, aber... geht dies überhaupt? Kann man dies zu häufig ansprechen? Es tut mir weh, wenn ich daran denke, an die gebrandtmarkten Opfer, an die Folgen, die bis heute existieren. Ich lese gerade "Kinder von Hiroshima" und habe ein wenig in meiner Stufe herum gefragt, was sie davon wissen. Nichts. Die Antwort lautet: NICHTS!!! Es wurde vergessen, einfach so. Der Tod von 400.000 Menschen (Und es werden noch sehr viel mehr sein) wurde einfach vergessen, weil alles wieder zu seiner Normalität gegangen ist, weil niemand mehr davon spricht. Und da fragt sich noch jemand, wieso die selben Fehler immer wieder begangen werden. Wer weiß, dass Herr Bush mit dem Gedanken spielt, kleine "Atombömbchen" zu nutzen?? Niemand?? Ein paar?
Bitte denkt nur ein einziges Mal an ein Kind, welches verwaist und einsam durch brennende Landschaft an Leichen vorbeigeht. Nur ein einziges Mal. Und vergesst das nie, nie wieder.

Es ist traurig zu sehen, dass mein erster Tagebucheintrag so aussieht. Ich wünschte, ich könnte erfreulicher Zeilen hier aufweisen.


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2003-03-20 15:32