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Tagebuch Doc12
2010-10-09 09:20
Der weinende Clown - 79
„Man sollte wirklich wieder den Tauschhandel einführen – dann wäre Ruhe!“, schimpfte Sarah.
„Auch nicht das Wahre – denn was hättest du deiner Friseurin für den Haarschnitt geboten? Einen Zeitungsartikel? Braucht sie nicht. Also was? Nein, nein, Geld ist schon in Ordnung, es sollte nur seine ursprüngliche Funktionalität als Tauschmittel zurückerhalten – doch es wurde zum Kapital, das ,arbeitet’ – und zwar auf Kosten der Bevölkerung und zugunsten einer Minderheit extrem reicher Menschen. Das Arbeitsergebnis des Kapitals ist der Zins – und der verhält sich langfristig immer exponentiell. Dieses Phänomen ist mit schuld daran, dass Schulden immer größer werden: Bei Privatleuten, Firmen, Staaten – und damit sind auch die sozialen Systeme wie Renten, Arbeitslosen- oder Krankenversicherungssysteme letztlich dem Tod geweiht oder besser: zum Konkurs verdammt. Schon in der Bibel steht es: ,Du sollst von deinem Bruder keinen Zins nehmen’. Doch eigenartigerweise sind die Banker und die Reichen alles Einzelkinder und haben keine Brüder ...“

Bruno holte tief Luft, dann fuhr er fort: „Auch das Geschwätz, das man so oft von den Politikern hört, wie beispielsweise der so gern zitierte ,ausgeglichene Haushalt’ ist pure Augenwischerei, denn was ist denn ein ausgeglichener Haushalt? Dieser Aussage bedeutet doch lediglich, dass man bestrebt ist, keine weiteren Schulden mehr zu machen – die alten Schulden bleiben jedoch bestehen, denn sie werden ja nicht getilgt, sondern es werden nur Zinsen bezahlt. Und nun kann man dreimal raten, wer diese Zinsen bekommt ... Es sind die Kreditgeber und ich bin mir ziemlich sicher, dass Herr Huber oder Frau Meier von nebenan nicht dazu gehören. Auch das ist wieder ein Teil dieses gigantischen Umverteilungsprozesses, der das Geld von unten nach oben schaufelt.“

Bruno rollte grimmig die Augen und erzählte weiter: „Es gab einmal vor langer Zeit einen Kulturphilosophen namens Oswald Spengler, der bereits 1923 wörtlich schrieb: ,Die privaten Mächte der Wirtschaft wollen freie Bahn für die Eroberung großer Vermögen. Keine Gesetzgebung soll ihnen im Wege stehen. Sie wollen die Gesetze machen, in ihrem Interesse, und sie bedienen sich dazu ihres selbst geschaffenen Werkzeugs, der Demokratie, der bezahlten Partei.’ Der gute Mann lebte vor ungefähr achtzig Jahren – aber seine Aussagen gelten heute noch immer – oder mehr denn je. Er hat übrigens den Untergang des Abendlandes prophezeit und ich gehe mit ihm absolut solidarisch. Vielleicht bin ich ja auch nur ein kleiner Irrer unter vielen auf dieser Welt und habe nicht Recht. Sollte ich aber Recht haben, dann erbarme sich Gott der Menschheit, denn dann haben wir sehr üble Zeiten vor uns. Übrigens – man könnte das ganze System sehr einfach und schnell aushebeln: Nur vier oder fünf Millionen Menschen müssten sich einig sein und auf einen Schlag ihre gesamten Sparguthaben abheben – die Banken wären sofort in fatalen Schwierigkeiten, glaub mir.“

„Der Mensch beutet die anderen Menschen aus. Er ist ein Raubtier“, sagte Sarah nach einer kurzen Denkpause.
„Klar. Das war schon immer so. Die einen beuten aus, die anderen lassen sich ausbeuten, weil sie es nicht anders gewöhnt sind. Es gibt da ein nettes Beispiel: Wenn man einen jungen Elefanten gefügig machen will, dann legt man ihm eine Kette ans Bein und befestigt sie an einem starken Baum. Nach einiger Zeit macht man Kette und Baum dünner. Und schließlich könnte man den Elefanten mit einem Stoffband an einem Zweig festbinden – er würde nicht weglaufen, weil er konditioniert ist und ihm überhaupt nicht mehr bewusst, dass er weglaufen könnte. Beim Menschen ist es ähnlich: Er kommt als großartiges Wesen auf die Welt, mit allem, was er für das Leben benötigt, ausgestattet mit einer universellen Weisheit und wird im Laufe des Lebens immer kleiner gemacht, durch Erziehung, Drill und am Schluss ist er so, wie ihn die Gesellschaft oder der Staat haben will: Ein sogenannter ordentlicher Bürger, der seine Vaterlands- und sonstigen Pflichten brav erfüllt und der Obrigkeit, was immer man darunter verstehen mag, hörig ist. In Letzterem sind die Deutschen übrigens absolute Weltmeister und dazu für zur Schau getragene Statussymbole äußerst empfänglich: Ein weißer Kittel suggeriert ihnen einen Gott in Weiß, eine schwarze Robe das Gesetz, ein grauer Anzug mit weißem Hemd den erfolgreichen Saubermann – obwohl, sieht man genau hin, alle die gleiche Schießer-Unterwäsche tragen.

Schon Napoleon sagte einmal: ,Es gibt kein gutmütigeres, aber auch kein leichtgläubigeres Volk als das deutsche. Keine Lüge kann grob genug ersonnen werden, die Deutschen glauben sie. Um eine Parole, die man ihnen gab, verfolgen sie ihre Landsleute mit größerer Erbitterung als ihre wirklichen Feinde.’ Mir war Napoleon immer suspekt, denn ich war stets Patriot, aber da gebe ich ihm absolut Recht.“

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