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Tagebuch Doc12
2010-10-03 09:10
Der weinende Clown - 73

„Lieber Bruno, jetzt pauschalierst du aber.“ Gott lachte.
„Wie?“
„Nur 28,64 Prozent aller Müllmänner machen das. Die anderen trinken kein Bier und sitzen nicht gemütlich vor dem Fernsehapparat. Glaub mir, ich weiß es.“
„So, so. Aus welcher Statistik hast du denn das entnommen?“
„Aus gar keiner. Ich brauche keine Statistik. Ich habe Einblick in jeden Müllmann.“
Bruno kratzte sich etwas verlegen am Kopf. „Das habe ich nicht bedacht.“
„Immer zuerst denken, dann reden. Dazu kommt: Jemand zu beneiden, ist zwar menschlich, aber dennoch schlecht, weil es auf dich zurückfällt.“
„Entschuldige, es ist kein Neid im üblichen Sinne – ich kann es nur nicht anders ausdrücken. Außerdem geht es doch gar nicht um Müllmänner. Ich habe die nur als Beispiel hergenommen. Ich hätte auch Lehrer, Zahnarzthelferinnen, Beamte oder Spritzbrunnenaufdreher nehmen können.“

„Nun hör zu, mein Sohn! Ein bisschen Spaß muss sein. So sang schon der alte Roberto Blanco, hab ich Recht? Und jetzt reden wir mal Klartext: Das einzige Problem, das du deiner Meinung nach momentan hast, ist Geld, nicht wahr?“
„Genau – endlich kommen wir auf den Punkt“, entgegnete Bruno.
„Und genau das ist überhaupt nicht dein Problem, denn siehe: Dein Problem äußert sich nur im Geldmangel, es ist nur die sichtbare Seite deines eigentlichen Problems.“
„Mein Problem habe ich schon längst erkannt: Viele Leute wollen immer irgendetwas von mir, ich soll alles Mögliche für sie tun und die setzten es als Selbstverständlichkeit voraus, dass ich es mache, glauben, ich stehe auf Pfiff parat und fragen mich nicht, was es kostet und zahlen mich obendrein nicht ordentlich für meine Leistungen. So einfach ist das!“ Bruno schwoll die Halsschlagader. Er hatte sich in Rage geredet.
„Mensch – was bist du heute krätzig! Das ist aber immer noch nicht das eigentliche Problem, mein Freund.“

„Meinst du? Ich schon!“
„Nein. Das Problem ist dein mangelndes Selbstwertgefühl, du traust dich nicht,  Forderungen zu stellen, weil du unbewusst glaubst, deine Leistungen wären nicht so gut wie die der anderen. Im Grunde sind sie aber oft besser, die anderen wissen das, denn was das betrifft, sind sie einfach raffinierter und schlau genug, es dir nicht zu sagen. Es ist doch nur menschlich: Wenn man etwas Gutes umsonst bekommt, dann nimmt man es.“
„Meine Mutter hat mir beigebracht, nach den Kosten zu fragen, bevor ich eine Leistung in Anspruch nehme und danach auch für die prompte Bezahlung zu sorgen. Ich handle immer danach, wenn es mir einigermaßen möglich ist und erwarte das auch von andern.“
„Vergiss deine Mutter! Vergiss deine noble Gesinnung und passe dich der miserablen Gesellschaft an, in der du lebst. Es ist eine andere Welt als früher und die Zeiten haben sich längst geändert. Ich habe dir schon einmal gesagt: Ihr habt keine Ethik mehr! Das eiserne Gesetz eurer Wirtschaft lautet: Nimm, soviel du bekommen kannst, wenn es geht, noch etwas mehr und nach Möglichkeit alles. Eure Werbeslogans lauten: ,Geiz ist geil’, ,Ich bin doch nicht blöd’ und ,hier werden Sie geholfen’. Das findet ihr toll. Jetzt frage ich dich: Was erwartest du denn? Ich weiß: Normalerweise wäre längst wieder eine Sintflut fällig oder ein Asteroideneinschlag, aber ich mag nicht.Ursprünglich hatte ich zwar vor, euch am 13. April 2029 einen ziemlich umfangreichen Asteroiden aufs Haupt zu donnern, doch ich habe es mir in letzter Sekunde anders überlegt. Wieso soll ich wegen ein paar dunkler Gestalten, Menschenverächtern, Gierhälsen, Kriegstreibern oder korrupten Politikern die ganze Menschheit bestrafen und meine schöne Erde zerdeppern? Ich lasse ihn in etwa 30.000 Kilometer an der Erde in sicherem Abstand vorbei fliegen – nur mal so als Warnung. Eure Astronomen wissen längst Bescheid. Sie haben das Steinchen bereits gesichtet und Apophis getauft, nach dem Schlangengott des ägyptischen Totenbuches, und der war – zumindest waren die Ägypter davon überzeugt – zuständig für das Böse, für Chaos und Auflösung. Und glaub jetzt bloß nicht, dass das Zufall ist, Zufälle gibt es nämlich nicht. Das Damoklesschwert hängt über euch.“

„Ich wandere aus!!“, schrie Bruno.
„Und dann? Und wohin?
„Irgend wohin, wo die Menschen noch etwas netter und freundlicher sind.“
„Wäre kontraproduktiv – denn dein Problem nimmst du immer mit dir.“
„Also gut. Was soll ich tun?“
„Ändere deine Einstellung dir selbst gegenüber, schätze dich wieder selbst, liebe dich selbst, traue dir selbst wieder mehr zu, steh gerade hin und sage: Das will ich – und das nicht! Und du wirst sehen, es funktioniert – mit sofortiger Wirkung.“
„Wenn ich das all die Jahre nicht mehr getan habe, dann kann ich das doch nicht von heute auf morgen ändern!“
„Versuch’s doch einfach mal. Mit jedem Erfolgserlebnis wirst du stärker.“
„Du meinst also, ich bin zu gutmütig, ja?“
„Das meine ich – und Gutmütigkeit ist ein Stück der Liederlichkeit – sagt der Volksmund.“

„Oh Gott, das war heute wieder ein Gespräch ...“, meinte Bruno nach einer kleinen Pause und kratzte sich dabei am Hinterkopf.
„Du wolltest es doch nicht anders, oder? Du hast Fragen, ich gebe dir Antworten. Wenn dir diese Anworten aber unangenehm sind, dann frag nicht, denn dir sollte klar sein, dass ich die schonungslose Wahrheit sage. Nun handle so, wie ich dir gesagt habe, sündige nicht und sei glücklich.“
„Gut. Danke. Ach übrigens, mir fällt eben noch was ein, was ich dich fragen wollte.“
„Dann frag.“
„Sarah erzählte mir, sie hätte darum gebetet, dass du mich zu ihr schickst. Stimmt das?“
„Es stimmt insofern, dass sie gebetet hat. Aber nicht um dich, denn sie hatte keine feste Vorstellung, sondern um einen Mann, den sie lieben kann, der sie liebt, der zu ihr passt und ihrem Sohn ein guter Vater ist.“
„Ach so ...“
„Und warum dann gerade ich?“
„Du bist dieser Mann.“

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unbekannt
11:26 03.10.2010


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2010-10-03 09:10